Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
wollte sie mich fragen: ›Gibt’s nicht bald was zu fressen?‹
»Ach, Jojo. Wie schön, dass du da bist.«
Am nächsten Morgen ruft Emily schon früh um 8 Uhr an, als ich gerade die Laufschuhe anziehe, um mit Jojo eine Runde zu drehen.
Ich soll um 10 Uhr in Friedrichshafen sein, wo wir uns am Graf-Zeppelin-Haus treffen wollen. Das lässt mir Zeit für unsere Morgenrunde vorher, und ich kann sogar noch schnell in Friedas Haus, um zu lüften und ein Blumensträußchen für ihren Empfang hinzustellen. Bestimmt kann ich, wenn ich aus Friedrichshafen zurück bin, sie heute mit nach Hause nehmen. Gestern Abend habe ich den Arzt zwar nicht mehr angetroffen, aber beim letzten Mal hat er ja so was angedeutet.
Pünktlich um 10 Uhr biege ich mit dem Mini in die Tiefgarage zum Graf-Zeppelin-Haus ein. Emily hat schon auf mich gewartet und steigt gleich in mein Auto um. Sie hat einen Zettel auf dem Schoß mit der Adresse des Cafés, das aufgelöst werden soll, und wir fragen uns nach dem Weg durch. Mein Gott, kein Wunder, dass die pleite gegangen sind. Das liegt ja derart abgelegen, wer soll sich denn dahin verirren? Zumal es so schöne Cafés am See gibt.
Die Einrichtung allerdings ist ein Traum. Die Tische sind aus dunklem Holz, allerdings nicht schwer, sondern ganz leicht und modern. Die Stühle sind aus honigfarbenem Korbmaterial, sehr bequem und gemütlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass alles ganz prima in die ›Butterblume‹ passen wird. Allerdings darf ich mir meine Begeisterung nicht allzu sehr anmerken lassen, dann kann ich ihn vielleicht noch ein wenig im Preis drücken. Der bisherige Gastronom ist ein netter junger Mann namens Thomas, dem man allerdings ansieht, dass er Sorgen hat. Er tut mir so leid, und ich vergesse schnell wieder, dass ich ihn im Preis drücken wollte. Bestimmt hat er große finanzielle Probleme wegen seiner Scheidung und der Geschäftspleite und all dem.
Nachdem wir auch die Kuchentheke und die Kaffeemaschine genauestens inspiziert haben, verhandeln wir ein bisschen über den Preis. Letztendlich ist er froh, ›den Krempel‹ los zu sein, und verspricht sogar, alles nach Nußdorf zu fahren. Nachdem ich mich in letzter Zeit ein bisschen in die Kunst des Kaffeezubereitens eingelesen (Zeit genug habe ich ja jetzt) und festgestellt habe, dass die Kunst, einen guten Cappuccino zu bereiten, beinahe so schwierig ist, wie ein Haute-cuisine-Menu zu kochen, kann ich mich noch nicht mit der Standard-Kaffeemaschine einverstanden erklären. Lieber wäre mir eine Profi-Espressomaschine à la Cimbali. Da der junge Mann aber das ganze Paket verkaufen möchte und auch den nicht allzu hohen Preis akzeptiert, sind wir im Geschäft.
Dem ›Café Butterblume‹ steht nun endgültig nichts mehr im Wege. Emily findet, das muss gefeiert werden, und lädt mich auf einen Prosecco in das Café Antoniuseck ein. Wir können uns gut vorstellen, wie schön die Möbel bei mir aussehen werden.
»Was meinst du, Emily, wenn wir die Wände in einem hellen Vanillegelb streichen würden? Das wäre doch toll zu dem dunklen Holz und den Rattanstühlen?«
»Ja, und außerdem passt es auch gut zum ›Café Butterblume‹«, lacht Emily.
»Danke, dass du mir so hilfst. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen«, sage ich zu ihr.
»Das mach ich doch gerne. Und ich würde mich freuen, wenn ich dir noch ein bisschen mehr helfen könnte. Hab doch sonst nichts zu tun.«
Sie verspricht, morgen vorbeizukommen, damit wir Farbe kaufen und zusammen den Gastraum streichen können. Euphorisch schmieden wir Pläne, wie wir die nächsten Tage renovieren wollen.
Doch es soll anders kommen.
*
Voller Freude fahre ich zurück nach Überlingen, und als Erstes führt mich mein Weg ins Krankenhaus. Aber als ich im ersten Stock in Friedas Zimmer ankomme, ist das Bett leer.
Verwundert überprüfe ich, ob ich vielleicht im falschen Zimmer bin. Es kann doch nicht sein, dass Frieda schon entlassen wurde, wie hätte sie denn heimkommen sollen? Ich sollte sie doch abholen. Obwohl, vielleicht hat sie sich ein Taxi genommen.
Da kommt die Schwester, und ich frage sie, ob Frau Peeger vielleicht am Vormittag bereits entlassen wurde.
»Frau Peeger? Nein …« Sie sieht mich seltsam an. »… warten Sie doch bitte einen Moment.«
Aber ich bin zu nervös, um mich zu setzen. Was ist hier los? Irgendetwas stimmt nicht. Meine Hände werden schweißnass, und ein eiskaltes Gefühl kriecht mir den Rücken hinauf. Da kommt der Arzt um die
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