Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
dazu?«
»Susann ist am selben Abend, als sie es erfahren hat, ausgezogen. Ich vermute mal, dass sie Robert jetzt ordentlich bluten lassen wird. Deshalb tut es mir auch gar nicht so leid für sie. Du wirst sehen, sie wird im Golfclub oder sonstwo schnell einen anderen aufreißen, bei dem sie die feine Lady spielen kann. Tja, und was meine Mutter angeht – irgendwie ist es wie immer: Sie kehrt die ganze Sache unter den Tisch. Obwohl sie sich ja immer so gut mit Susann verstanden hat, hat sie sie einfach gehen lassen und Robert nicht einmal die Leviten gelesen. So nach dem Motto, er wird schon wissen, was er tut, und wenn er mit Susann nicht glücklich war …, und so weiter.«
Emily hat recht: Susann tut mir auch nicht wirklich leid. Dafür hat sie mich viel zu oft von oben herab behandelt. Der kleine Johannes schon eher. An Geld wird es ihm sicher nie mangeln, aber ob er jemals ein richtiges Familienleben erfahren wird?
»Anouk ist bereits mit Sack und Pack bei Robert eingezogen, kaum, dass Susann weg war. Und er scheint richtig glücklich zu sein.«
Das gönne ich ihm von Herzen. Vielleicht kann Anouk ihn tatsächlich glücklich machen. Da sie selbst von einem Weingut stammt (von einem hoch verschuldeten, wie Emily inzwischen herausgefunden hat), hat sie sicher Verständnis für seine Arbeit. Und sie wird mit Rat und Tat auf dem Weingut mithelfen, das hat sie ja bereits als Angestellte unter Beweis gestellt. Trotzdem bin ich immer noch verblüfft. Dieser Robert. Stille Wasser sind tief, da sieht man es mal wieder.
»Sag mal, Emily«, frage ich mutig, »jetzt, wo wir uns schon eine Weile kennen, darf ich dich etwas fragen, etwas … Persönliches?«
»Natürlich, Maja, nur zu.«
»Der hübsche, junge Mann auf dem Foto in deinem Zimmer. Wer ist das? Dein Freund?«
Sie sieht mich lange an und sagt dann: »Das ist Antonio, meine große Liebe. Er war mein Italienischlehrer in Florenz, und wir haben uns am ersten Abend, als wir uns kennenlernten, ineinander verknallt. Irgendwie wollten wir es beide nicht wahrhaben, aber dieses Gefühl war einfach stärker …, weißt du, was ich meine?«
O ja, ich weiß, was sie meint. »Ich war zwei Jahre in Florenz, und in der ganzen Zeit waren wir zusammen. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Ich habe ihn so geliebt und war so glücklich wie nie zuvor.«
»Und was passierte dann?« Immerhin weiß ich, dass Emily zurückkam, und zwar allein.
»Es war eine verbotene Liebe. Antonio ist verheiratet, und das wusste ich von Anfang an. Aber ich dachte, wenn unsere Liebe nur groß genug ist, dann wird er seine Frau verlassen.«
»Was er nicht tat?«
»Er hat nie gesagt, dass er es tun würde. Aber ich habe es einfach angenommen, weil wir so verliebt waren. Aber dann …« Ich merke, dass es Emily immer noch schwerfällt, darüber zu reden. »Dann lagen wir eines Tages im Bett, und er sagte, nachdem er gerade eben mit mir geschlafen hatte: ›Cara mia, ich muss dir was sagen. Du bist die Erste, die es erfahren soll: Ich werde Vater.‹ Und in diesem Moment stürzte die Welt für mich ein. Auf einmal wusste ich, dass er sie nie verlassen würde. Ich würde wahrscheinlich immer dankbar sein müssen für die wenigen Stunden, in denen er sich heimlich von seiner Familie wegstehlen könnte. Und das war mir zu wenig. Ich war so verzweifelt, dass ich am liebsten von einer Brücke gesprungen wäre. Stattdessen buchte ich einen Flug und flog nach Hause, ohne mich von ihm zu verabschieden. Aber jetzt komm, Maja, ich glaube, wir müssen los.«
Deswegen war Emily also immer so mies drauf und so abwesend, als ich sie kennenlernte. Das war sicher eine ganz schlimme Zeit für sie. Wenn man jemand wirklich liebt und dann erkennen muss, dass die Liebe keine Zukunft hat, ist das eine harte Sache. Auch Nini hat etwas Ähnliches erlebt. Und ich hoffe, dass sie in London darüber hinwegkommen wird.
Emily dagegen hat sich sehr verändert im letzten Jahr. Vielleicht ist sie inzwischen darüber weg. Es ist ja auch einige Zeit vergangen, seit sie aus Florenz zurück ist. Vergessen wird sie ihre große Liebe Antonio wohl nie, aber es ist Zeit für sie, etwas Neues zu beginnen.
Kapitel 26
Die Eröffnung
Wie wir alle ist Emily begeistert von London und kann sich nicht sattsehen an den vielen schönen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten. Sie und Carol verstehen sich wirklich gut, und die erzählt ihr viel von ihrem Job als Innenarchitektin. Und ich bin glücklich, mein Kind endlich wieder in die
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