Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
bekommen habe, nicht mal ein klitzekleines.
*
Dafür klingelt am nächsten Morgen bereits früh mein Telefon, aber ich habe gar keine Lust aufzustehen. Wenn es Leon ist, kann er mir gestohlen bleiben. Aber der Anrufer gibt nicht auf, und da ich jetzt ohnehin nicht mehr weiterschlafen kann, stehe ich eben auf. Aber nur, um mich im Wohnzimmer mitsamt dem Telefon sofort wieder in den Rosensessel zu kuscheln.
Es ist tatsächlich Leon, der mit honigsüßer Stimme sagt: »Guten Morgen, mein Sprossilein.«
Wie ich das hasse! Schlimm genug, wenn man auf seine Sommersprossen angesprochen wird, aber so früh am Morgen kann ich das gar nicht brauchen.
»Wieso wirfst du mich so früh aus dem Bett?«, frage ich mufflig.
»So früh? Es ist 9 Uhr, und ich dachte, bei dem herrlichen Wetter wäre meine Süße mit einer schönen Tasse Kaffee bereits auf ihrem kleinen Balkon. Und bevor sie ihren hübschen Hintern wieder auf ihr Rad schwingt, muss ich ihr doch einen wunderschönen Tag wünschen.«
Donnerwetter, jetzt legt er sich aber ins Zeug. Ob er ein schlechtes Gewissen hat? Ich erinnere ihn an meine SMS und die Mailbox und er erzählt, er sei in St. Gallen gewesen, um dort bei einer Tourismus-Tagung einige Weine vorzustellen, und bei seinem Handy sei leider der Akku leer gewesen. Ach so. Da dies bei mir andauernd passiert, kann ich ihm ja nicht einmal einen Vorwurf machen. Er sei erst gegen 23 Uhr nach Hause gekommen und hätte gedacht, ich würde bereits schlafen. Wie rücksichtsvoll. Aber möglich ist es schon. Schließlich gehe ich öfter mal früh schlafen, wenn ich einen anstrengenden Tag hatte. Und er kann ja nun wirklich nicht wissen, dass ich so lange mit Nini zusammengesessen bin. Trotzdem bin ich ein bisschen beleidigt: »Du hast mich vergessen«, nörgle ich.
Aber er lacht nur und sagt: »Wie könnte ich dich je vergessen, meine Süße?« Doch so leicht kriegt er mich nicht. Da muss er schon mehr bieten. Und das tut er gleich darauf und fragt geheimnisvoll: »Was hat meine Hübsche heute denn so vor?«
Meine Hübsche. Noch scheint Polen nicht verloren. Bestimmt habe ich nur aus mangelndem Selbstbewusstsein in der sexy Französin eine Gefahr gesehen. Ich seufze: »Aufräumen, putzen …, alles, was eine berufstätige Frau ohne Putzfrau so machen muss.« Und was ich natürlich garantiert nicht tun werde. Jedenfalls nicht so ausgiebig.
»Na, wunderbar«, lacht er. Wunderbar? Hat er ’ne Meise?
»Dann hast du heute Abend bestimmt Hunger, sodass ich dich richtig schön zum Essen ausführen kann. Ich hab heute tagsüber nämlich noch viel auf dem Gut zu tun, aber würde dich so gegen 19 Uhr abholen. Ist das okay für dich?« Welche Frage. Die kann man doch nur mit Ja beantworten, oder nicht?
Ich mach unsere todschicke Kaffeemaschine an und nehme mir zum Munterwerden einen Kaffee, bevor ich unter die Dusche gehe.
Kapitel 7
Das Leben könnte so schön sein
Ein wesentlicher Vorteil, mitten in der Stadt zu wohnen, ist, dass man aus dem Haus gehen kann und wenige Minuten später das Haus mit einer Tüte frischer Brötchen unter dem Arm wieder betritt. Ich lege die Norah Jones CD mit dem Lied ›Sunrise‹ ein und decke den kleinen Tisch auf dem Balkon, bevor ich Nini wecke. Ein ganzer herrlicher, sonniger Tag wartet auf uns, und am Abend werde ich meinen Liebsten treffen und mit ihm irgendwo romantisch zu Abend essen.
Nini hat auch gute Laune und verschwindet nach dem Frühstück und einigen SMS ins Bad. Offenbar will sie sich mit Marcus treffen. Ich beschließe, die Sonne auf dem Balkon noch ein wenig zu genießen, um dort für meine Mutter die Briefe aus Amerika zu übersetzen, und danach ein wenig in die Stadt zu gehen. Wie mir scheint, hat meine Mama mir nur Auszüge der Briefe mitgegeben, denn zusammen ergibt es irgendwie so gar keinen Sinn. Im Wesentlichen spricht ihr Steve immer wieder davon, wie gut es ihm in Deutschland gefallen hat, wie freundlich wir Deutschen seien, wie gut ihm meine Mutter gefällt und so weiter. Angeblich ist sein Leben ausgefüllt mit seiner Arbeit, seinen Freunden und Aufgaben in der Kirche, mit der Familie seiner Tochter und seinem Garten, aber er vermisst jemanden, der seine Freizeit und sein Leben teilt. Ha. Ob das ausgerechnet meine Mutter sein muss? Ich meine, gibt es in Amerika nicht genug Frauen? So schlecht sieht er doch gar nicht aus. Ich bin misstrauisch. So eine Brieffreundschaft ist ja schön und gut, aber mehr kann doch daraus nicht werden, oder? Erst
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