Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Innenarchitektin. Sie ist Ninis Patentante, aber sie selbst hat keine Kinder. Ob sie keine bekommen kann oder die Karriere für sie immer im Vordergrund stand, weiß ich nicht. Obwohl wir wirklich gut befreundet sind, habe ich mich nie getraut, sie auf dieses Thema anzusprechen. Und sie selbst hat nie damit angefangen. Ich mag sie sehr, nicht zuletzt wegen ihres unglaublichen Humors, und jedes Mal lassen wir unseren Einkaufsbummel in einem gemütlichen Pub ausklingen. Wenn sie in Deutschland ist, genießt sie das beschauliche Leben am See, für sie der perfekte Ausgleich zu ihrem hektischen Großstadtleben. Obwohl Carol und ihr Mann Peter eine tolle Wohnung in Queensgate in London besitzen, macht es ihr überhaupt nichts aus, auf dem lila Sofa zu schlafen, wenn sie mich besucht. Zu Weihnachten und unseren Geburtstagen schicken wir uns immer eine Kleinigkeit, und ich freue mich über ein modisches Top oder Modeschmuck aus der Modestadt London. Das Schöne ist, dass diese Dinge hier wirklich niemand hat und darum auch keiner den Preis kennt.
Während ich noch nach einer Kette suche, klingelt es bereits und Eva steht draußen. Sie umarmt mich herzlich zur Begrüßung und stellt ihren Friseurkoffer ab.
»Na, heute großes Super-Styling oder einfach so?«, fragt sie.
»Sowohl als auch«, antworte ich und schon habe ich ihr von meinem Date mit Leon und meiner Angst vor der Marketing-Frau Anouk erzählt. Hatte ich gehofft, sie würde meine Zweifel zerstreuen und mir ein wenig Stärke geben, so werde ich enttäuscht. Sie runzelt die Stirn, und während sie ihr Glätteisen und ein neues ›Seidentraum‹-Shampoo auspackt, sagt sie: »Männer. Denen kann man doch nicht trauen.« Was seltsam ist, denn normalerweise schwärmt sie in den höchsten Tönen von ihrem Herzallerliebsten. Der ist wirklich ein Schatz. Aber heute ist sie so ganz anders drauf.
»Erst erzählen sie dir den ganzen Schmus von Liebe und so, und wenn sie dich an der Angel haben, bist du für sie uninteressant.«
Auweia! Es scheint ernst zu sein. Solche Worte habe ich noch nie aus ihrem Mund gehört. Normalerweise redet sie mir immer zu, wenn es um Leon geht, und meint, ich solle doch mal etwas riskieren, sonst würde ich noch eine ›alte Jungfer‹. (Das meint sie natürlich nur im Spaß.) Ich pfeife heute auf das Haarstyling und hole stattdessen zwei Gläser Prosecco und den Rest Schokokuchen aus der Küche.
»Was ist denn los?«, frage ich sie, die sonst immer gut gelaunt ist.
»Ach, der Mistkerl«, schnieft sie.
»Bei uns tut er immer so harmlos. Der brave Familienpapi geht mit seinen Töchtern Rad fahren, Ski fahren und Schwimmen. Und mit der ganzen Familie in den Freizeitpark. Und dann geht er in sein Büro und schreibt anderen Frauen E-Mails.«
Das glaube ich jetzt nicht. Ich bin echt geschockt. Der brave Tim. Was soll ich sagen? Ich nehme sie in den Arm.
»Bist du sicher?«, frage ich sie. »Ich meine, das kann doch nur ein Irrtum sein.«
Sie sieht mich mit ihren großen Augen an. Mit Ende 30 ist sie immer noch eine hübsche und gepflegte Frau. Mit ihrem blonden Stufenschnitt und der sportlichen Figur sieht sie viel jünger aus, als sie ist. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Tim andere Frauen ihr vorzieht.
»Ich hab das zufällig herausgefunden«, sagt sie, die eigentlich nie am Computer ist.
»Ich wollte was im Internet nachsehen, und da waren noch ein paar Seiten offen …, und da habe ich ein bisschen nachgeforscht und lauter E-Mails von Frauen gefunden, Barbara und Simone und so weiter. Immer so tolle Sachen wie ›Wär’ schön, wenn ich jetzt bei dir wäre‹ und so.«
Auf einmal fängt sie an zu weinen. Mein Gott. Dieser Mistkerl. Ich bin so wütend, dass ich spontan sage: »Jag ihn zum Teufel!« Aber natürlich wünsche ich mir, dass alles ein Irrtum ist und die heile Welt der lieben Familie meiner Freundin wieder in Ordnung kommt. Habe ich es nicht gesagt? Das Internet. Und diese Mails. Wer weiß, ob Steve nicht auch so ein Ehekrüppel ist, der flammende Briefe schreibt, während seine Frau gerade Marmelade einkocht?
Natürlich dauert es einige Zeit, bis ich Eva getröstet habe, und wir können das Haareglätten heute vergessen. Aber es ist mir einfach wichtiger, für meine Freundin, die heute total durch den Wind ist, da zu sein. Nach ein paar Gläschen Prosecco geht es ihr schon deutlich besser, und sie verspricht, nicht mehr allzu traurig zu sein. Trotzdem biete ich ihr an, den Abend mit Leon abzusagen,
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