Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
segeln gehen. Auch wenn er zugegebenermaßen wirklich sexy ist. Oder wahrscheinlich, weil er es ist. Also sage ich leichthin: »Mal sehen. Vielleicht ergibt es sich.« Damit verabschiede ich mich und winke ihm noch einmal zu, als ich durch das diesmal offene Tor an dem alten Volvo vorbei auf die Straße zu meinem Mini laufe.
*
Als ich nach Hause komme, sitzt Eva auf der Treppe und sieht, ehrlich gesagt, richtig mies aus. Ohne ein Wort zu sagen, packe ich sie an der Hand und schleife sie die schiefe Treppe hinauf bis in meine Wohnung, wo sie sich auf das lila Sofa sinken lässt und in Tränen ausbricht. Ich nehme sie in die Arme und lasse sie heulen. Manchmal hilft es ja, den Tränen ihren Lauf zu lassen, und wahrscheinlich hat sie sie den ganzen Tag schon zurückgehalten. Ich stehe nur kurz auf, um eine Schachtel mit Kleenex zu holen und zwei Gläser von dem Supermarkt-Wein. Nach etwa einer halben Stunde, in der Eva praktisch nur geweint und die Packung Kleenex aufgebraucht hat, scheint es ihr besser zu gehen.
»Es ist alles so beschissen«, schnieft sie. Solche Worte aus ihrem Mund! Das will etwas heißen, denn sonst ist Eva immer sehr beherrscht.
»Stell dir vor, die Mädels und ich hatten einen echt schönen Tag in der Therme. Ich musste zwar dauernd daran denken, wie wir hier immer mit Tim waren, aber es war okay und wir hatten Spaß. Und dann auf dem Heimweg ruft der Kerl tatsächlich an und fragt, ob ich nicht endlich heimkommen will. Was bildet der sich eigentlich ein? Wahrscheinlich ist der Kühlschrank leer und kein frisches Hemd mehr im Schrank. Er meinte, ich solle mich jetzt mal abregen, es sei schließlich nix passiert. Nix passiert. Nein, was war denn schon? Er hat mit anderen Frauen E-Mails ausgetauscht: ›Wie geht’s dir?‹ und ›Was machst du?‹ und ›Ich vermiss dich!‹ und ›Ich würd’ dich gern mal sehen.‹ Nix soll das sein? Und ich soll einfach heimkommen und Abendbrot machen und mit ihm vor der Glotze sitzen, und wenn ich zu Friseurterminen fahre, mich jedes Mal fragen, welche der Damen jetzt wohl wieder Post bekommt? Das kann er sich abschminken.«
Während sie schluchzt, betrachte ich ihr hübsches, verheultes Gesicht, und es tut mir leid, dass sie so unglücklich ist. Ich würde ihr gerne sagen, sie habe sich das alles nur eingebildet, Tim liebe sie und alles wird wieder gut. Das Komische ist, dass ich eigentlich immer noch überzeugt davon bin, dass es so ist. Deshalb kann ich ihr auch nicht dazu raten, Tim jetzt zu verlassen, sondern bin der Meinung, sie sollte sich noch ein bisschen Zeit nehmen, um nachzudenken, und dann mit ihm reden. Das habe ich ihr schon nahegelegt, und deshalb sage ich jetzt stattdessen mit todernster Miene: »Ja, er ist ein Scheißkerl. Lass uns eine Voodoo-Puppe holen und brennende Nadeln mitten in sein Herz stechen.«
Eva sieht mich kurz an, dann müssen wir beide lachen. Wir lachen und lachen und können nicht mehr aufhören, bis wir vom Sofa fallen und auf dem Boden weiterlachen. Nini kommt heim mit Marcus im Schlepptau und fragt verwundert: »Was ist denn hier los?« Wahrscheinlich denkt sie, wir seien total betrunken, weil wir lachend auf dem Boden liegen und Eva ein verheultes Gesicht hat.
»Ach, wir haben uns nur ein paar Witze erzählt«, sage ich, gehe in die Küche und koche für uns alle eine Riesenportion Spaghetti. Schließlich sollen Nudeln glücklich machen.
Kapitel 10
Das Exposé
In der nächsten Woche geht es lässig zu im Büro. Na ja, auf jeden Fall lässiger als sonst, denn der Chef ist nicht da. Herr Aschenbrenner hat sich mit einer kurzen Notiz, dass er sich zu Immobilienterminen auf Mallorca aufhält (und zum Golfspielen wahrscheinlich), und einer riesenlangen Liste, die wir abarbeiten müssen, für die nächsten zwei Wochen verabschiedet. Unter anderem sollen wir einen Flyer gestalten, auf dem unsere derzeitigen Top-Objekte abgebildet sind. Das klingt nach Abwechslung, wird aber harte Arbeit, wenn man bedenkt, wie schnell er fertig sein soll. Dennoch ist Irma blendender Laune, was wahrscheinlich an der schönen Seife liegt, die sie heute Morgen auf ihrem Schreibtisch vorgefunden hat. Auch das Wetter ist immer noch schön. Nicht gerade ein Nachteil für die vielen Termine, die ich diese Woche für Herrn Aschenbrenner wahrnehmen muss. Da sich mein Fachwissen auf ein Minimum beschränkt, müssen die Immobilien für sich sprechen, und das können sie bei gutem Wetter einfach am besten. Irma und ich geben im Büro
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