Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
der Platz in der Kabine ausreichend und die Anprobe deshalb nicht gar so grauenvoll. Leider nützt das alles nichts, wenn man eindeutig keine Size Zero Größe hat und in einem viel zu kleinen Bikini vor dem Spiegel steht. Wahrscheinlich hat Frau Singer recht, und ich habe wirklich eine Problemfigur … Ich versuche es noch mit einem blauweiß getupften und einem roten Bikini, leider sind beide viel zu teuer. Da ich nicht weiß, wie meine Zukunft aussehen wird, kann ich nicht so viel Geld in einen Bikini investieren, und wer weiß, wie lange das schöne Sommerwetter hält, vielleicht kann ich ihn nur ein paar Mal tragen. Da ich ihn ja sowieso nur in Friedas Garten tragen werde, ist es egal … Also wechsle ich den Laden und versuche mein Glück in einem Sportgeschäft. Den marineblauen Schwimmer-Badeanzug, den ich dort anprobiere, kann ich in 20 Jahren noch tragen. Und der goldene Bikini mit der knackigen Shorts sind eher etwas für die Cote d’Azur als den Bodensee … Ich bin fast geneigt aufzugeben, als ich in der Schnäppchen-Ecke einen schlichten schwarzen Bikini entdecke, der enorm reduziert ist. Er ist eine Nummer größer als meine eigentliche, aber anprobieren kann ich ihn ja mal. Er sieht gar nicht schlecht aus, vor allem passt er mir wenigstens. Meine Arme und Beine sind vom vielen Radfahren schön gebräunt, und ich komme mir nicht einmal so fett darin vor. Gekauft. Das muss gefeiert werden. Als ich aus dem Laden trete, laufe ich direkt in Irma hinein. Ich weiß nicht, wem es unangenehmer ist, mir oder ihr.
»Hallo, Maja …«, sagt sie verlegen.
»Hi, Irma.« Ich versuche, einfach weiterzugehen. Doch sie hält mich auf.
»Äh …,wie geht’s dir?«, fragt sie scheinheilig.
Wie’s mir geht? Wie soll es mir schon gehen, nachdem ich rausgeschmissen wurde? Ich bin total durch den Wind und habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Aber ganz sicher werde ich ihr das nicht sagen. Also lüge ich: »Du, alles super. Ich werde demnächst zu meinem Freund ziehen, und bis dahin genieße ich den schönen Sommer. Hab mir gerade einen tollen Bikini gekauft.« Und stolz schwenke ich die Tüte zum Beweis.
»Ach so, ja, dann war es ja gar nicht so schlimm für dich …«, antwortet sie erleichtert. »Aber ich wollte dir trotzdem sagen, dass es … mir leid tut. Ich meine, ich wusste doch nicht, dass er dich gleich entlässt. Dazu war gar kein Grund. Und ich wollte das wirklich nicht.«
»Mach dir darüber keine Gedanken«, sage ich beschwichtigend. »Vielleicht sollte es ja so sein. Jetzt habe ich endlich einen Grund, zu Leon zu ziehen. Und du hast meinen Job, das war doch dein Traum. So hat sich für uns beide alles zum Positiven verändert …«
»Nein, Maja, so ist es nicht. Ich wollte deinen Job nicht, ich meine, ich wusste doch nicht …« Sie stammelt herum. »Er kann manchmal so ungerecht sein. Und er hat oft so schlechte Laune, und dann bin ich an allem schuld, wenn etwas nicht klappt. Dabei macht er selbst so viel falsch und …«
Oh ja, ich weiß. Lange genug habe ich das alles selbst mitgemacht. Und all diese Dinge vermisse ich wirklich überhaupt nicht. Wenn ich so darüber nachdenke, ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wie alles gekommen ist. Darum sage ich: »Ist okay, Irma. Ich bin dir nicht böse und wünsche dir alles Gute. Du schaffst das schon, man gewöhnt sich an alles«, damit gebe ich ihr die Hand und gehe weiter.
Sie dreht sich noch einmal um und ruft mir hinterher: »Ach, übrigens, da hat neulich jemand angerufen und gesagt, du hättest recht gehabt. Das Objekt 415 sei gar nicht zu verkaufen.«
Waaaaas? Ich bleibe stehen.
»Was hast du gesagt, wer hat angerufen?« Doch Irma ist bereits auf der anderen Straßenseite und zuckt nur die Schultern. Was hat sie eben gesagt? Die ›Butterblume‹ ist nicht zu verkaufen? Und es hat jemand angerufen? Das kann doch nur Christian gewesen sein. Mein Herz klopft schneller. Vielleicht hat er sich doch entschlossen, das Haus zu behalten. Aber warum ist er dann nie dort? In Gedanken versunken, gehe ich zum See hinunter. Wir haben uns im Eiscafé verabredet, und da Eva noch nicht da ist, bestelle ich mir schon mal einen Erdbeerbecher. So dick sah ich in dem Bikini gar nicht aus. Außerdem sitze ich ja jetzt nicht mehr ständig am Schreibtisch, sondern habe dank Jojo regelmäßig Bewegung.
Auch Eva sieht gut aus und ist schon reichlich braun, dazu wie stets superschlank. Ihre blonden Haare hat sie toll gefönt und sie trägt knackige weiße
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