Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
dir stellen musst, ist doch die, ob du zu Leon möchtest ? Und die kannst nur du dir beantworten.«
Ach, meine Tochter. Muss sie denn immer so klug sein? Manchmal habe ich das Gefühl, sie sei die Mutter und ich das Kind. Obwohl, das kommt mir irgendwie bekannt vor. Nur umgekehrt. Ob meine Mutter sich auch so fühlt, wenn ich ihr einen Rat gebe? Als hätte sie meine Gedanken erraten, klingelt das Telefon, und sie ist dran. Meine Mutter macht sich Sorgen, weil ich mich die ganze Woche nicht gemeldet habe, obwohl ich doch keinen Job mehr habe. Und damit wir deswegen nicht Hunger leiden müssen, lädt sie uns zum Essen sein.
»Weißt du, Nini, am liebsten würde ich das alte Haus am See mieten und dort ein Café eröffnen.« Ich erzähle Nini von meiner Begegnung mit Christian und dem ›Butterblumen-Traum‹. Ich beschreibe das wunderschöne Haus und den tollen Garten in allen Einzelheiten und wie schön wir dort zusammen leben könnten. Auch das Atelier beschreibe ich ausführlich und wie geeignet dieser Raum für meine Mutter zum Malen wäre.
»Also, das hört sich ja richtig toll an. Du könntest dich selbstständig machen, und wir beide könnten dir dabei helfen.«
Offenbar habe ich so anschaulich erzählt, dass Nini ganz begeistert ist von meiner Idee.
»Doch für Leon dürfte das ein Problem werden«, gibt sie zu bedenken. »Ich denke, er wird erwarten, dass du dich in seine Firma einbringen wirst …«
»Also bin ich genauso weit wie vorher«, seufze ich. Wieder einmal schiebe ich die Entscheidung beiseite und wir ziehen uns um und fahren zur Omi. Wenn ich die beiden nicht hätte.
Kapitel 15
Die Sommerferien
Das schöne Sommerwetter hält leider nicht an, und die nächste Woche wird grau und trüb. Für Nini geht das Schuljahr zu Ende, und sie muss sich auf einige letzte Klassenarbeiten vorbereiten, aber ich habe keine Bedenken, dass sie die nicht meistern wird. Genug Zeit zum Lernen hat sie jedenfalls, denn ihr Marcus hat das Abitur glänzend bestanden und macht gerade ein Praktikum bei seinem Vater in der Bank in Schaffhausen. Laut Nini hat er zwar überhaupt keine Lust dazu und würde am liebsten etwas ganz anderes machen, zum Beispiel etwas mit Musik. Davon will sein Vater natürlich gar nichts wissen. Wenn sie nicht gerade lernt, machen wir uns ein schönes Leben und gehen bummeln. So langsam gewöhne ich mich an das ›arbeitslose‹ Dasein und fange sogar an, es zu genießen, besonders, als das Wetter wieder richtig schön wird. Auch meine Mutter und Frieda freuen sich, dass ich auf einmal so viel Zeit habe. Für meine Mutter übersetze ich Briefe und gehe mit ihr spazieren oder Kaffee trinken, mit Frieda gehe ich einkaufen oder sitze einfach nur in ihrem schönen Garten und trinke mit ihr Tee. Sie erzählt mir aus ihrem Leben und gibt mir so manchen Denkanstoß, was mein eigenes betrifft. Ich frage mich, warum die meisten Menschen kein Interesse an alten Leuten haben. Gerade die haben viel erlebt und können oft so anschaulich erzählen. So erfahre ich viel über die Jahre im Krieg, über Ostfriesland und schließlich die ersten Jahre am Bodensee, als alles noch ländlich und verschlafen hier war. Ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie gemütlich die Zeit damals in den Fünfzigerjahren hier war. Wenn Frieda müde wird, geht sie hinein und macht ein kleines Schläfchen. Natürlich sagt sie das nicht, aber ich habe es eines Tages bemerkt, als wir zusammen im Schatten ihres großen Kirschbaums saßen und ihr während unseres Gesprächs auf einmal die Augen zufielen.
»Ich glaube, ich mach mal einen Spaziergang mit Jojo«, sagte ich beiläufig, »sonst wird die Kleine hier zu fett, was, Jojo?« Und so drehen Jojo und ich regelmäßig eine große Runde und Frieda kann währenddessen in Ruhe ein Nickerchen machen.
Natürlich führt uns der Weg immer an der ›Butterblume‹ vorbei, aber Christian habe ich seit dem Gewitter nicht wieder gesehen. Dafür Herrn Aschenbrenner, der zusammen mit einem anderen Herrn wild gestikulierend im Garten stand. Natürlich sind Jojo und ich schnell weitergegangen, damit er mich nicht bemerkt. Ob er wohl einen Käufer gefunden hat? Bei dem Gedanken daran wird mir übel. Andererseits würden sich meine Überlegungen bezüglich des Cafés dann ein für allemal erledigt haben, und ich könnte das Thema endgültig abhaken. Vielleicht wäre das ein Hinweis darauf, mein eigenes Leben hier in Überlingen endlich aufzugeben und ein neues an der Seite von Leon in
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