Butterschmalz zum Fruehstueck
mit denen man abgeschrubbt wird. Man badet sozusagen in Milch. Das gefällt mir sehr gut. Anschließend steht die Rückenbehandlung auf dem Programm, die ganz offensichtlich einen verblüffenden Effekt hat. Mir geht es jedenfalls schon viel besser. Danach wird mir heißer Dampf in die Ohren gepustet. Viele Leute haben sich begeistert darüber geäußert und festgestellt, dass sie dann viel besser hören, ich leider nicht. Dann bekomme ich zum ersten Mal einen Einlauf verpasst, der mir null Probleme bereitet und der ein Kinderspiel gegen das ist, was nun folgt: Augenreinigung mit Ghee! Ein Teigwulst wird um meine Augen gelegt und dann mit Ghee gefüllt. Ich muss die Augen öffnen und schließen, bis ich anfange zu jammern, das Ghee brennt nämlich fürchterlich. Außerdem habe ich den schrecklichen Geruch die ganze Zeit in der Nase. Nachmittags traue ich mich nichts, weil einige Leute nach Einläufen peinliche Verluste erlitten haben und ich deren Schicksal nicht teilen will.
1. April 2005
Der geheimnisvolle Kashayavasti
Kashayavasti ist eigentlich ein ganz nettes Wort, melodisch getönt und mit viel Raum für Fantasie, was sich dahinter verbergen könnte. Aber erraten kann man es als Europäer deshalb trotzdem nicht, und von uns wusste es auch keiner vorher, denn die Ärzte sind nicht sehr auskunftsfreudig. Natürlich haben wir Weiber uns lang und breit darüber ausgelassen, aber wer ahnungslos da reinstolpert, wird das Ganze schon als sehr grenzwertig empfinden.
In den einschlägigen Schriften kann man verschämt lesen, dass ausleitende Verfahren (Darmreinigung) eingesetzt werden. Andere sind deutlicher, und da kann man lesen, dass Vasti oder Basti ein Einlauf ist, und dass verschiedene Verfahren zum Zuge kommen. Dann gibt es den Snehavasti , einen kleinen Öleinlauf, der die Verkrustungen im Darm auflösen soll und mehrere Tage hintereinander gegeben wird. Dieser ganze Dreck muss dann natürlich auch rausgespült werden, und dafür bekommt man den Kashayavasti , auf gut Deutsch: Mordseinlauf. Man bekommt eine ordentliche Ladung Milch hinten rein, soviel wie eben reinpasst. Dann wird der Bauch massiert, um das Ganze zu verteilen. Anschließend muss man den Hintern mächtig zusammenkneifen und vorsichtig zum nächsten Klo laufen, das glücklicherweise nicht weit entfernt ist. Und während man den Einlauf wieder ins Freie entlässt, steht die Masseurin da und schüttet einem heißes Wasser über den Kopf. Dabei soll man schön entspannt bleiben, das ist sehr hilfreich. Das Entspannen ist selbst mit Aufklärung nicht ganz einfach, ohne diese mit Sicherheit unmöglich. Danach muss man noch im Behandlungsraum eine dünne Reissuppe essen und zwangsläufig wieder aufs Klo springen. Dabei überkommt mich beinahe schon Panik, es nimmt nämlich einfach kein Ende. Irgendwann ist doch glücklicherweise Schluss, und ich bin platt wie eine Flunder und fühle mich sehr schwächlich. Als ich wieder ein wenig zu Kräften komme, schleppe ich mich in mein Zimmer und kriege einen Schreck, als ich mich im Spiegel sehe. Zwei Kokosnüsse später (die Dinger sind wirklich genial) fühle ich mich wieder wie ein Mensch, und nach ein paar Stunden geht es mir wieder gut.
Mit dem tollen Stoff, den ich mir in Trivandrum gekauft habe, war ich bei einem neuen Schneider, der besser nähen soll. Das ist nämlich das Problem, wenn man etwas für sich nähen lässt: Man muss es nehmen, wie es kommt, wieder auf den Bügel zurückhängen wie in einem Kaufhaus geht nicht. Außerdem hörte ich von anderen Gästen die traurige Geschichte dieses Schneiders. Er hat einen Herzfehler, hatte schon mehrere Operationen und hat noch welche vor sich. Eine Operation kostet 1500 Euro, 500 Euro zahlt die Krankenkasse. Die fehlenden 1000 Euro entsprechen bei ihm etwa zwei vollen Jahresgehältern. Ich spreche ihn auf seine Operation an, er knöpft sein Hemd auf und zeigt mir seine Narben. Es sind wirklich jede Menge. Jetzt sehe ich mir an, was er aus meinem Stoff gemacht hat, und bin überwiegend enttäuscht. Er hat sich zwar an meine Anweisungen gehalten, aber die Sachen sind trotzdem anders ausgefallen, als ich es mir vorgestellt habe.
Auf dem Rückweg nötigt mich Yussuf aus Afghanistan in seinen Kunstgewerbeladen. Ich bekomme einen grünen Tee mit Safran, Zimt und Kardamom. Er sagt immer, er will mich zu keinem Business drängen, er will einfach nur mit mir reden. Ich könnte mir vorstellen, dass er beides will, und seine Chancen stehen nicht schlecht, er hat
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