Butterschmalz zum Fruehstueck
haben, gibt es eine hohe Arbeitslosigkeit, und zwar aus den gleichen Gründen wie bei uns. Industrie siedelt sich hier kaum an, denn die Keraliten drängen auf die Einhaltung gewisser Standards. Da geht man lieber in Gegenden, wo die Leute noch dankbar sind, wenn eine Fabrik kommt, auch wenn sie die Umwelt zerstört. Somit bleiben für die Leute hier Landwirtschaft (Kokosnüsse und Gewürze), Fischerei, und zunehmend Tourismus und Ayurveda. Aufgrund ihres Fleißes und ihrer Zuverlässigkeit sind die Keraliten gern gesehene Gastarbeiter in den arabischen Emiraten, deshalb sind auch die Flugverbindungen zwischen dem Golf und Kerala so gut.
Die örtliche Sprache ist das Malayalam. Zwar sind Hindi und Englisch auch Amtssprachen, werden aber eher wenig gesprochen. Malayalam leitet sich vom Sanskrit ab und ist total schwierig. Bandwurmartige Wörter, die kein Europäer aussprechen kann. Die Großstadt hier heißt Trivandrum, aber das ist die vereinfachte Version für die Touristen. Bei den Einheimischen heißt die Stadt Thiruvananthapuram , und diesen Namen können sie zweimal aussprechen in der Zeit, in der ein Tourist einmal Trivandrum sagt.
Vordergründig macht alles einen friedlichen Eindruck. Hektik ist ein Fremdwort, das ist für Erholung Suchende Balsam. Doch die üppige Schönheit der Anlage wird teuer erkauft. Ständig rennt einer mit einem Tank voller Gift auf dem Rücken herum. Ich ärgere mich über die Gäste, die sich über die nützlichen und niedlichen rosa Geckos in den Zimmern aufregen, dann kommt nämlich der Giftmann und macht sie tot. Das ist wohl der Grund, warum es außer den unvermeidlichen Krähen keine Vögel gibt. Die Krähen sind feist. Vor den „Einflugschneisen“ im Restaurant sind Nylonschnüre zur Abwehr der Krähen gespannt, die Viecher würden sonst den Gästen das Essen von den Tellern klauen. Einen „Vogel“ habe ich dennoch immer aufgeregt zwitschern hören und nicht ausmachen können. Jetzt weiß ich, das sind die Palmhörnchen, die Notschreie von sich geben, wenn eine Krähe sich mal wieder Frischfutter holen will.
Gestern waren wir in Kovalam , einem bekannten Badeort am Meer, der von Indern und europäischen Aussteigern aufgesucht wird. Lange Ladenzeile. Ich fand es interessanter, die Leute am Strand zu beobachten. Die Leute gehen in Klamotten ins Wasser. Die Frauen allerdings nur bis zu den Knien, denn mit einem Sari weiter reingehen ist fast eine Garantie fürs Ertrinken.
So schön ein Sari ist: Er wirkt auf mich wie ein Gefängnis für den Körper. Er wird ganz eng um die Hüften gewickelt, die Falten vorne sind nur Staffage. Das andere Ende des Saris wird über die Schulter gelegt, und frau muss sich so bewegen, dass es auch dort bleibt. Ich bin jeden Tag froher, Europäerin zu sein.
28. März 2005
Die Entdeckung des Paradieses
Ich bin mal wieder unterwegs, um neue Spazierwege zu erkunden, aber der Weg ist eine Sackgasse und endet vor einer Hütte. Als ich umkehren will, kommt ein Mann auf mich zu. Nach der üblichen Begrüßung will er mir etwas Schönes zeigen. Ich bin etwas misstrauisch. Andererseits ist das Dorf zu klein, als dass er wirklich etwas Schlimmes mit mir machen kann. Ich frage ihn nach seinem Beruf. Er ist Hotelangestellter und möchte mir sein Hotel zeigen. Also dann auf! Er lotst mich weiter, mitten über den Hof. Und über den nächsten Hof und auch den übernächsten. Der Weg geht über Privathöfe, wo ist das Problem? Mir ist das peinlich, aber die Bewohner stapeln ungerührt weiter ihre Kokosnüsse, als ob ihnen unsere Gegenwart nichts ausmacht, sie füttern ihre Hühner oder sortieren Muscheln. Hinter dem Dorf beginnt ein Palmenhain, in dem mit Pflöcken Bauplätze abgesteckt sind. Am Ende des Palmenhaines wird tatsächlich der Blick auf das Paradies frei: Ein perfekter Strand, umsäumt von hohen Granitfelsen, so ähnlich wie auf den Seychellen. Und mittendrin ein winziges Hotel mit einem saftig grünen Garten, dessen außergewöhnliche Vegetation mir sofort auffällt. Ein perfekter Ort, wo ich mit Vergnügen einen Tee trinke.
Auf dem Rückweg überfällt mich wieder ein schmusewütiger Hund, läuft zwischen meine Beine, versucht, sich mit mir zu verknoten. Ich werde ihn nicht los und es bleibt mir nichts anderes übrig, als ihm mit meiner Schlappe eins hinten draufzuhauen, um ihn zu vertreiben.
Abends ist Folklore-Vorstellung im Hotel. Eine Frau spielt Vina , ein sehr bauchiges Saiteninstrument mit einer Kalebasse am Hals als Resonanzkörper,
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