Butterschmalz zum Fruehstueck
Netz will nicht. Schade. Dann müssen wir eben in die Stadt fahren und dort zur Bank gehen. Es ist heiß, laut und stickig. An der Riesenstadt Makassar finde ich nichts schön. Das Banknetz hier will auch nicht. Und manuell will die Bank nicht. Wir suchen eine Bank, die mir den Betrag an einem Schalter auszahlt. Das gestaltet sich mühsam und zäh. Ich vermute, dass der fragliche Betrag für indonesische Verhältnisse so hoch ist, dass die Bankangestellten organisiertes Verbrechen wittern. Aber Bertus, mein Problemabkäufer , verhandelt zäh und irgendwann haben wir es und fahren los. Ich halte kurz inne. Ich bin allein mit einem unbekannten Mann unterwegs, für den ich nicht nur unermesslich reich, sondern auch unermesslich ahnungslos bin. Es wäre einfach und lukrativ für ihn, mich in ein entlegenes Dorf zu bringen und mich dort ausrauben, vergewaltigen und töten zu lassen. Meine Leiche könnte dann, in kleine Stücke geschnitten, den Tieren zum Fraß vorgeworfen werden. Niemals würde ein Mensch es einfacher haben, mich unauffällig und rückstandsfrei von der Oberfläche des Planeten zu entfernen. Die Situation ist potenziell gefährlich, aber ich habe ein gutes Gefühl. Und was wäre die Alternative? Vielleicht, auch wieder in eine gefährliche Situation zu geraten, bei der ich kein gutes Gefühl habe. Ich verlasse mich auf mein Gefühl und denke nicht mehr nach.
Obwohl nur ungefähr 350 Kilometer entfernt, brauchen wir neun Stunden nach Rantepao , der Hauptstadt der Toraja, weil die Straße so voll und so schlecht ist. Ich bin todmüde, kann aber wegen des ruckartigen Fahrstils nicht schlafen. Wir fahren erst durch das Land der Bugis . Schroffe Karstberge und Reisfelder. Die Bugis sind Fischer und züchten in den Reisfeldern Tilapias . Ihre Häuser bauen sie auf Stelzen. Unten sind Ställe und Werkstätten untergebracht, oben wird gewohnt. An den Giebeln sind Kreuze, die Fischschwänze symbolisieren.
In Pare-Pare machen wir verspätete Mittagspause. Das Restaurant liegt auf einem Berg und die Terrasse ist zum Meer geöffnet. Der Ort sieht wie ein Spielzeugdorf aus und ich beobachte mit Genuss das gemütliche Treiben.
Dann geht es über Schlaglöcher, gesperrte Spuren und Staus weiter. Es wird dunkel und fängt an zu regnen. Mein Handy klingelt. Der Reiseveranstalter! Wir simsen uns ein wenig, aber jegliche Auseinandersetzung kann warten, bis ich wieder in Deutschland bin. Bertus setzt mich in meiner Pension ab und verabschiedet sich für die nächsten paar Tage. Im Dunklen kann ich erkennen, dass ich in einem typischen Torajahaus wohnen werde. Die Front ist mit bunten Schnitzereien versehen und das Strohdach ist kurvenförmig durchgebogen. Der vordere und der hintere First ragen hoch auf. Innen ist es etwas lieblos, aber zweckmäßig und sauber. Ich schlafe sofort ein.
9. November 2010
Begräbnis als drittklassiger Splatterfilm
Morgens wache ich erschreckt auf. Was, schon so hell? Aber es ist tatsächlich erst sechs Uhr. So habe ich genug Zeit, meine Dinge in Ordnung zu bringen. Als ich noch müde meine Zimmertür öffne, haut mich der Ausblick geradezu um! Schroffe Berge, wabernde Nebel und zwischendrin die Torajahäuser mit ihrem sattelförmigen Dach und den üppigen Verzierungen.
Hier habe ich einen neuen Führer, Daniel, und einen Fahrer, denn jede Touristengruppe, und sei sie noch so klein, bekommt zwingend ihren eigenen Fahrer und Führer. Das ist Vorschrift. So schafft der Tourismus Arbeitsplätze. Mich hatte gestern kurz der Gedanke gestreift, ob es richtig ist, als Touristin auf fremder Leute Begräbnissen aufzukreuzen, aber Bertus hat diese Bedenken zerstreut. Torajabegräbnisse sind sehr aufwendig. Je mehr Leute kommen, desto höher das Ansehen des Toten. Sogar wenn es Touristen sind. Das irdische Leben ist bei den Toraja nur eine Zwischenstation. Für eine gute Startbasis ins nächste Leben darf kein Aufwand zu hoch sein. Die Leichen werden erst begraben, wenn das Geld oder die Kreditwürdigkeit für eine standesgemäße Feier vorhanden ist, was auch mehrere Jahre dauern kann. In der Zwischenzeit wird der Tote nicht als Toter betrachtet, sondern als Kranker, nach dessen wertem Befinden man sich höflichkeitshalber erkundigt. Ich habe irgendwann im Fernsehen eine beeindruckende Dokumentation darüber gesehen. Die Witwe hat über Jahre hinweg die Leiche des Gatten gepflegt, immer wieder mit Kräuterabkochungen und Ähnlichem gewaschen, damit sie langsam und kontrolliert trocknet. Das ist nun
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