Butterschmalz zum Fruehstueck
Begräbnisbalkonen. Die Toraja stecken ihre Särge nach Möglichkeit in natürliche Höhlen, die es in den Karstbergen reichlich gibt. Für jeden weggeräumten Sarg gibt es eine lebensgroße Figur, die außen auf einen natürlichen Balkon gesetzt wird. In den Höhlen sind die Särge gestapelt. Manche Särge sind mit der Zeit zerfallen und die Knochen und Grabbeigaben liegen frei. Irgendwann werden die herumliegenden Schädel ordentlich auf Felsvorsprünge gestellt. Zwei Schädel stehen nebeneinander, die leeren Augenhöhlen liebevoll mit Blumen geschmückt. Romeo und Julia auf Indonesisch. Dann ist das Besucherprogramm für heute vorbei. Es hat auch gereicht. Heftiger Tag! Faszinierend und abstoßend zugleich.
10. November 2010
Die Gräber der Toraja
Heute geht es weiter mit den Todesriten der Toraja. Zunächst besuchen wir das Örtchen Lemo , wo Grabkammern in den Felsen gehauen worden sind – eine äußerst mühsame Arbeit. Wiederum sind die Balkone zu sehen, auf denen Statuen von Verstorbenen aufgestellt wurden. Wenn Weiß in der Kleidung überwiegt, handelt es sich um Anhänger der animistischen Religion. Tragen die Statuen Schwarz, war der Verstorbene ein Christ. Die Toraja sind offiziell Christen, aber in Wirklichkeit leben sie eine unnachahmliche Mischung aus Christentum und Animismus. Den Überbau bilden Gott, Maria und Jesus. Aber die nächste Ebene ist von örtlichen Geistern mit ihren Vorlieben und Abneigungen besetzt.
Der nächste Friedhof ist ein Baum. Dort sind die Leichen der Kinder bestattet, die noch keine Zähne hatten. Solange Babys zahnlos sind, gelten sie als rein und ohne Sünde. In den Stamm des Baumes wird ein Loch getrieben und der Sarg hineingeschoben. Im Baum wächst das Kind dann dem Himmel entgegen. Ein Kinderbegräbnis ist eine günstige Sache: Es müssen nur vier Schweine geopfert werden. Aber wenn es richtig durchgeführt wird, verhindert es, dass noch mehr Kinder der Familie sterben.
Wieder fahren wir eine Station an, in der Gräber in die Felswand getrieben worden sind. Dieses Bild kenne ich aus zahlreichen Reiseführern. Auf dem Weg dahin begegnen wir riesigen Mengen gelber Schmetterlinge. Darum herum lauter Reisfelder, die mit Schnüren überspannt sind, an denen glitzernde oder krachende Gegenstände befestigt sind. Daran rüttelt man, wenn Vögel sich niederlassen wollen, und schreckt sie so ab. Neben den Felsgräbern stehen Grabhäuser. Das sind richtige, solide Häuser, die manch einer gern zu Lebzeiten hätte.
Mit meinen zwei Begleitern bin ich sehr zufrieden. Sie sind sehr freundlich und umsichtig. Allgemein gefallen mir die Menschen gut. Sie haben eine angenehme Art und sind äußerst gelassen. Jeder hat immer Zeit. Es wird viel gelächelt. Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendjemand mich abzocken oder sonst etwas Böses will. Zum Mittagessen wähle ich Schweinefleisch mit Gemüse und Tamarassan , einem typischen Toraja-Gewürz, das ich gestern viel auf dem Markt gesehen habe. Kleine, schwarze Körner, so ähnlich wie Mohn, die reichlich auf das Fleisch gegeben werden. In der Würzwirkung ist es mild, und auch darin gleicht es unserem Mohn.
Nachmittags besuchen wir Kete Kesu , ein altes Dorf. Es ist wunderschön. An einer langen Allee stehen die Wohnhäuser, auf der Straßenseite gegenüber befinden sich die Reisspeicher. Die Häusergiebel beider Reihen treffen sich fast in der Mitte. Wie alle Stätten hier kostet es Eintritt. Eine Familie ist für das Areal verantwortlich und muss es in Ordnung halten. Von den Eintrittsgeldern (überall einheitlich etwa 80 Eurocent) müssen sie siebzig Prozent Steuern abführen, bekommen aber im Gegenzug keine Unterstützung in irgendeiner Form. Das restliche Geld reicht nicht, um die Anlagen gut in Ordnung zu halten. Es reicht noch nicht mal für ein auskömmliches Leben. Die Unzufriedenheit ist entsprechend groß.
Ein Torajahaus hält ungefähr zweihundert Jahre, das Dach vierzig Jahre. Der Bau besteht aus Holz und wird ganz ohne Nägel hergestellt. Im Erdgeschoss befanden sich früher die Ställe und im Obergeschoss die Wohnräume. Das ist jetzt aus hygienischen Gründen verboten worden. Das Erdgeschoss wird mittlerweile als Wohnzimmer oder Terrasse genutzt. Zu jedem Haus gehört mindestens ein Reissilo , das auch sehr hübsch als Torajahaus ausgeführt wird. Die Pfeiler bestehen aus Palmholz , weil dieses so glatt ist, dass die Mäuse nicht daran hochklettern können. Was die Dachform der Häuser betrifft, so streiten sich
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