Butterschmalz zum Fruehstueck
Büffelopfer, mit dem die Zeremonie beginnt, hat schon stattgefunden. Den Büffel hat man auf dem Hauptplatz ausbluten lassen, weil das Blut als unrein gilt und alle Verfehlungen des Toten auf diese Weise von ihm mitgenommen werden, sodass der Tote der Glaubensvorstellung zufolge rein auf einem reinen Büffel ins Jenseits reiten kann. Der ganze Platz ist rot vom Blut, der Kopf des Tieres liegt da und sein Fell ist in der Mitte ausgebreitet.
Der Redner erzählt Großtaten aus dem Leben des Verblichenen. Es hört sich an wie eine politische Kundgebung und er muss sich sehr anstrengen, um die schreienden Schweine zu übertönen. Die Schweine werden hochgetragen und in das Büffelblut gelegt. Sie reagieren panisch, zappeln und schreien, soweit sie trotz ihrer Einschnürung dazu in der Lage sind, aber außer den Touristen zeigt niemand das geringste Unbehagen.
Die meisten Leute haben sich sehr schön zurechtgemacht. Männer und Frauen tragen bunt bestickte Gewänder, die jungen Frauen haben Schmuck aus aufwendigem, buntem Perlengeflecht angelegt. Es herrscht Volksfeststimmung. Die Familie des Toten trägt schwarze Kleidung und prächtigen Schmuck. In den Händen hält sie bunt geschnitzte Kästchen und dreht, angeführt vom Patriarchen, ihre Runden um den Platz. In den anderen Hütten unterhalten sich die Leute angeregt und freuen sich, sich wieder zu sehen. Eigentlich will ich gehen. Aber soll ich jetzt wirklich zwischen den verreckenden Schweinen umherirren und einen Ausgang suchen? Damit würde ich die Trauerzeremonie wohl stören. Und ich bin Gast. Also tief ausatmen und Fluchtreflexe unterdrücken.
Die Familie des Toten bewirtet auch die Touristen. Wir bekommen Kuchen und Tee. Irgendwann habe ich wirklich genug und will nur noch weg. Da alle am Essen sind, ist das ein guter Zeitpunkt, um zu verschwinden.
Üblicherweise dauert ein Begräbnis hier vier Tage. Heute sind die Schweine dran. Am nächsten Tag werden die etwa fünfzig Büffel geschlachtet. Übermorgen wird der Leichnam an seinen Bestimmungsort gebracht, vorzugsweise eine Höhle. Am Tag danach ist noch mal großes Beisammensein und Verteilung des Fleisches, dann gehen alle nach Hause. Wir gehen und kommen an einer Gruppe Schweine vorbei, die sehr apathisch aussehen. „Siehst du, die müssen gar nicht alle töten, weil viele ganz von selber sterben“, sagt mir Daniel mit Blick auf die Schweine. Bestimmt wollte er mich damit trösten. Aber mir ist nur noch anders. Auf dem Rückweg kommen wir an diversen Hütten vorbei, wo die toten Schweine zerlegt werden. Auch der erste Büffel wird in ganz feine Scheiben geschnitten, weil jeder Gast eine bekommen soll.
Es fallen Riesenmengen Fleisch an, die gar nicht auf einmal verzehrt werden können. Deswegen wird alles in dünne Scheiben geschnitten und zum Trocknen ausgelegt. Das Trockenfleisch bekommen die Trauergäste mit und es muss dann bis zum nächsten Begräbnis reichen.
Ja, es gibt jede Menge grässliche Dinge mit Tieren. Auch das appetitliche Steak im Supermarkt hat einen unappetitlichen Weg hinter sich. Nur können wir das in unserem Alltag immer so schön wegdrücken. Hier wird nichts weggedrückt, hier wird ungefiltert gelebt. Es war wirklich extrem interessant. Aber einmal reicht!
Daniel erklärt mir, dass die jungen Leute nicht mehr bereit sind, so einen Aufwand um den Tod zu treiben. Denn selbst das bescheidenste Begräbnis erfordert zwei Büffel. Zwei Mercedesse für einen Toten. Es gibt Konflikte zwischen Alt und Jung. Die Jungen wollen zu Lebzeiten konsumieren, die Alten hängen der Tradition an, dass das Jenseits wichtiger ist als das Leben und dass es sich bitter rächt, wenn man die Traditionen missachtet. Daniel sagt, die Leute kämen vor lauter Sorge, das Begräbnis anständig zu organisieren, oft nicht dazu, überhaupt zu trauern, zumal ein Begräbnis oft mit dem finanziellen Ruin endet. Dabei ist die Gegend hier ein landwirtschaftliches Füllhorn und die Toraja sind sehr fleißig. Es wird hier gut Umsatz generiert, aber das ganze Geld wird für die Totenfeiern verwandt.
Mein Guide bringt mich zum Mittagessen in ein Restaurant über Reisfeldern, obwohl mir der Appetit gründlich vergangen ist. Ein offener Bambusbau mit dekorativem Geflecht, viel Grün, Schmetterlinge, Stille, eine leichte Brise. Meine Nerven beruhigen sich ein bisschen und ich unterhalte mich mit anderen Touristen und bestelle mir anstandshalber was zu essen. Vegetarisch. Nach dem Essen fahren wir nach Londa zu den
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