BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer
indonesischen Kollegen Genaueres Über das mißglückte Vertreterglück erfahren.
Bevor ich ging, ließ ich mir von Hammond die Adresse seines Teilhabers Jackson geben. Dann begann ich meine Anstandsbesuche bei den restlichen Firmen zu absolvieren.
William Hammond schnitt nachdenklich die beiden Berichte über den Mord aus den Morgenzeitungen.
***
Der Steward sortierte stumm eine Serie von Tellern, Schüsseln und Platten auf dem flachen Teakholztisch. Captain Lucius Witherspoon lächelte. Er nickte dem Weißgekleideten zu, der mit einer leichten Verbeugung durch die schmale Kabinentür verschwand.
Der Ostasienfrachter ›American Traveler‹ war wenige Seemeilen von New York entfernt. Bereits in den Abendstunden würde er – eher, als erwartet – an seinem gewohnten Liegeplatz am 27. Pier festmachen. Die gesamte Crew freute sich auf den Heimathafen. Den letzten Landbesuch in Marseille hatten die Männer schon seit zehn Tagen hinter sich. Captain Witherspoon war nicht minder froh gestimmt. Er beeilte sich mit dem Lunch und machte sich anschließend auf den Weg zur Kommandobrücke. Der Erste Offizier salutierte, als die breite Statur des Captains auftauchte. Witherspoon hatte ein kameradschaftliches Verhältnis zu seiner Mannschaft. Von den Offizieren bis zu den Decksjungen. Nach den letzten Besprechungen und Kontrollen, die vor der Ankunft im Hafen erforderlich waren, zog sich Lucius Witherspoon in seine Kabine zurück. Er verriegelte die Tür von innen. Aus dem oberen Regal eines Wandschrankes zog er einen großen, prall gefüllten Briefumschlag. Vorsichtig entnahm der Captain dem Umschlag mehrere kleine Taschenbücher, die druckfrisch knisterten.
Es waren Romane in französischer Sprache. Witherspoon zückte einen Kugelschreiber und begann auf die Innenseite der Einbanddeckel Widmungen zu schreiben:
Saigon, 6. 18. 78.
Meiner lieben Sally, von Lucius.
Alle Widmungen hatten den gleichen Text. Nur das Datum – nach amerikanischer Schreibweise erst die Ziffer für den Monat und dann für den Tag – war jedesmal verschieden. Der Captain benutzte dazu eine kleine Liste. Aus langen Zahlenkolonnen suchte er die Datumsangaben für die Bücher heraus.
Witherspoon stapelte die Taschenbücher übereinander. Die Liste aus dünnem Luftpostpapier knüllte er zusammen, warf sie in einen großen Aschenbecher und ließ sie mit seinem Feuerzeug in Flammen aufgehen. Die Bücher packte er in eine kleine Reisetasche aus blauem Segeltuch. Jedem Zollbeamten wären mit Sicherheit die Augen übergegangen, hätte er entdeckt, was sich in den Hohlräumen zwischen den Seiten der Taschenbücher befand.
Der breitschultrige Captain brummte befriedigt. Er zog seine Uniformjacke aus und warf sie auf die kleine Couch. Den Riegel der Kabinentür drehte er wieder zurück. Umständlich begann Witherspoon sich eine Pfeife zu stopfen. In diesem Augenblick klopfte jemand an die Tür.
»Come in!« knurrte Witherspoon. Greg Barns, Funkoffizier an Bord des ›American Traveler‹, lächelte freundlich.
»Kann ich Sie einen Moment sprechen, Sir?«
Der Captain blickte den schlanken schwarzhaarigen Funker fragend an. »Sagen Sie bloß nicht, daß schon wieder an Ihren Apparaten was im Eimer ist!«
Barns angelte sich einen Stuhl. »Keine Angst, Sir. Es handelt sich um etwas anderes. Privat – gewissermaßen.« Witherspoons eckige Stirn legte sich in Falten. »Schießen Sie los.«
Greg Barns’ Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen. »Nun… ich habe gute Freunde in Saigon. Unter anderem auch bei dem alten Lin Shao. Und da erfährt man manchmal zufällig Sachen, die man eigentlich besser vergessen sollte.« Der Funkoffizier schwieg lauernd.
Witherspoon ließ sich nicht beeindrucken. »Sie müssen sich schon etwas genauer ausdrücken, Barns. Was wollen Sie?«
»Machen wir keine langen Worte, Sir«, sagte Barns. »Ich weiß, daß Sie am Abend vor dem Auslaufen nicht aus reinem Vergnügen in Lin Shaos Bar waren. Und es könnte für Sie verdammt unangenehm werden, wenn die falschen Leute erfahren, was Sie bei dem alten Chinesen abgeholt haben.«
»Schluß jetzt!« Witherspoon schnellte hoch und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich bin bereit, unsere kleine Unterredung zu vergessen, wenn Sie schleunigst verschwinden. Ihnen dürfte doch wohl klar sein, daß es mich ein Lächeln kostet, Ihren Posten durch jemand anderen besetzen zu lassen!«
Greg Barns stand langsam auf. Er grinste noch immer. »Das werden Sie hübsch bleiben
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