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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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»Also. Wie oft hast du gerade gelogen?«
    Ich leckte mir die trockenen Lippen. »Hör zu …«
    »Vier Mal? Fünf Mal?« Er nickte. »Mindestens fünf Mal. Fünf kleine Lügen. Deswegen fangen wir mit dem kleinen Finger an.«

Zwanzig
    Welche Verantwortung trägt ein gebildeter Mensch?
    Yale University
     
    Der Schrei, der von der anderen Seite des Raums kam, war anders als alles, was ich je zuvor gehört hatte. Anders, weil es eigentlich mehrere Schreie auf einmal waren – Mensch und Tier zugleich. Als Morozov das hörte, ließ er meine Hand los und das Messer fallen. Er sprang auf, wobei er die Flasche mit dem Ellbogen umstieß. Wodka lief neben der Tastatur am Tisch herunter und bildete einen See um die Kabel, aus denen die Funken schlugen.
    Ich drehte mich um. Ein Mann mit einer riesigen blutenden Wunde im Oberarm kam auf mich zugerannt. Durch das zerfetzte Fleisch war das Schultergelenk zu sehen. Hinter ihm stoben die Männer in alle Richtungen auseinander. Möbelstücke stürzten um. Eine bunte Glaslampe kippte mit einem splitternden Klirren zur Seite.
    Dann sah ich den Bären.
    Er hatte sich aus der Grube befreit und donnerte, sein Geschirr hinter sich herziehend, durch den Raum und zerfleischte jeden, der ihm in den Weg kam. In der Panik schien niemand den Ausgang zu finden. Ein Mann zog eine Pistole und versuchte auf das Tier zu schießen. Doch der Bär warf sich mit einem Satz auf ihn, riss ihn zu Boden und vergrub seine Schnauzein seinem Gesicht. Dann hallten Schüsse übermäßig laut durch den Kellerraum, und die Schreie des Mannes wurden wässrig und dünn. Dann waren sie weg.
    Der Bär richtete sich mit rot tropfender Schnauze auf und gab ein markerschütterndes Gebrüll von sich. Auf der anderen Seite des Raums kam jetzt ein Mann mit einer Maschinenpistole hinter einer Theke hervor und begann zu feuern. In der Wand über meinem Kopf erschien plötzlich ein Bogen aus Einschusslöchern. Der Bär stieß ein Geheul aus und machte einen Satz. Vor mir hörte ich Glas splittern.
    Ich rannte zur Tür.
    ***
    »Du bist tot«, sagte ich.
    Gobi antwortete nicht. Wir saßen in einer Kneipe an der Van Brunt Street, sechs Querstraßen von dem Backsteingebäude entfernt. Es war halb zwei Uhr morgens, aber es waren trotzdem noch genügend Gäste da, um uns ein bisschen Tarnung zu bieten. Szeneleute, Hafenarbeiter und ein paar verloren wirkende Besucher aus Manhattan hingen auf den alten Sofas und Stühlen herum, die den hinteren Teil der Spelunke füllten. Der Junge im Smoking und das brünette Mädchen im Minikleid, die in der Ecke über eine rote Kerze gebeugt saßen, schienen niemandem aufzufallen.
    »Hast du verstanden, was ich gerade gesagt habe?«, fragte ich.
    »Psst.« Gobi strich die blutbespritzten Blätter von Morozov auf dem niedrigen Holztisch vor sich glatt und war auf das konzentriert, was er ausgedruckt hatte.
    »Morozov hat gesagt, du wärst vor drei Jahren gestorben. Jemand hätte dir die Kehle durchgeschnitten. Das ist auch der Grund, weshalb der alte Mann ausgeflippt ist, als du deinen Namen genannt hast, stimmt’s? Weil er ein Gespenst vor sich hatte.«
    »Kannst du mal leiser reden?«
    »Was geht hier vor?«
    Sie seufzte genervt und sah mich an. »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Was?«
    »Dir geht’s doch nur darum, die Nacht zu überleben. Du willst mich loswerden und nie wiedersehen. Warum interessiert es dich dann, wer ich bin?«
    »Weil …« Ich wusste nicht, wie ich den Satz beenden sollte.
    »Glaub’s mir, Perry. Je weniger du über mich weißt, desto besser.«
    »Ja, das dachte ich bisher auch«, entgegnete ich. »Aber mittlerweile glaube ich, dass Wissen Macht ist.«
    »Du irrst dich.«
    »Was ist wirklich mit Gobija Zaksauskas geschehen?«
    »Sie sitzt vor dir.«
    »Ich glaube nicht an Gespenster.« Es war erstaunlich, wie viel Mühe es mich kostete, die Worte herauszubringen. Selbst nach allem, was heute Abend geschehen war, rechnete ich eigentlich damit, dass sie mich für verrückt erklären oder mir sogar ins Gesicht lachen würde.
    Sie tat keins von beidem. Stattdessen nahm sie meine Hand und legte sie seitlich an ihren Hals, da, wo die Narbe war und ich ihren Puls fühlen konnte. Ihre Haut war glatt und weich, fast schon heiß unter meinen Fingern. Ich konnte spüren, wiedas Blut durch ihre Adern raste und wie ihr Blick auf meinem Gesicht ruhte. Es war, als könnte sie etwas in mir sehen, dass mir selbst verborgen war und noch lange verborgen bleiben würde.
    »Fühlt

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