Byrne & Balzano 02 - Mefisto
aufgebrochen worden war und niemand mit einem Werkzeug darin herumgestochert hatte. Es war auf jeden Fall ein Schlüssel benutzt worden, um die Tür zu öffnen.
»Natürlich nicht«, sagte Stott, den die Anspielung empörte, er könne sich kleinerer Unterschlagungen strafbar gemacht haben.
»Wir müssen uns Ihre Quittungen der Kreditkartenzahlungen ansehen«, sagte Byrne.
Stott nickte. »Klar. Kein Problem. Aber Sie können sich bestimmt vorstellen, dass hier größtenteils bar bezahlt wird.«
»Erinnern Sie sich, an wen Sie diese Zimmer vermietet haben?«, fragte Byrne.
Stott fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Jetzt wäre es für ihn wohl an der Zeit gewesen, sich ein Bierchen zu genehmigen. »Für mich sehen die alle gleich aus. Außerdem … na ja, ich hab da ein kleines Alkoholproblem, wissen Sie? Ich bin nicht stolz darauf, aber es ist nun mal so. Um zehn Uhr hab ich immer schon einen über den Durst getrunken.«
»Kommen Sie doch bitte morgen ins Roundhouse«, sagte Jessica. Sie reichte Stott ihre Karte. Stott nahm sie mit hängenden Schultern entgegen.
Cops.
Als Jessica wieder draußen stand, machte sie auf ihrem Notizblock eine Skizze, mit deren Hilfe sie versuchte, den Zeitpunkt der Tat näher zu bestimmen. »Ich glaube, wir können den Zeitrahmen auf ungefähr zehn Tage begrenzen. Diese Duschstangen wurden vor zwei Wochen installiert. Das heißt, dass unser Täter die Videokassette zwischen der Rückgabe von Psycho durch Isaiah Crandall im Reel Deal und Adam Kaslovs Ausleihe aus dem Regal genommen, das Motelzimmer gemietet, das Verbrechen begangen und den Film wieder ins Regal gestellt hat.«
Byrne nickte zustimmend.
Sobald die Untersuchungsergebnisse der Blutspuren in den nächsten Tagen vorlagen, könnten sie die Zeitspanne noch weiter einengen. Inzwischen würden sie die Vermisstenmeldungen durchforsten und überprüfen, ob eine junge Frau, auf die die Beschreibung des Opfers in dem Videofilm passte, seit mehr als einer Woche vermisst wurde.
Ehe sie ins Roundhouse zurückkehrten, drehte Jessica sich um und schaute auf die Tür des Motelzimmers Nummer zehn.
An diesem Ort war eine junge Frau ermordet worden, und dieses Verbrechen, das wochen- oder gar monatelang unentdeckt hätte bleiben können, war vor etwa einer Woche verübt worden, falls ihre Berechnungen stimmten.
Der Irre, der das getan hatte, mochte geglaubt haben, einen großen Vorsprung vor den dummen, alten Cops zu haben.
Er hatte unrecht.
Die Jagd begann.
14.
An einer Stelle in Frau ohne Gewissen, dem großartigen Film der Schwarzen Serie, den Billy Wilder nach dem Roman von James M. Cain gedreht hat, schaut Phyllis, von Barbara Stanwyck gespielt, Fred MacMurray an, der den Walter gibt. Es ist die Szene, als der ahnungslose Ehemann von Phyllis einen Versicherungsvertrag unterschreibt und dadurch sein Schicksal besiegelt. Sein vorzeitiger Tod würde nun unter bestimmten Umständen zur Auszahlung einer doppelten Versicherungssumme führen. Eine Verdoppelung der Versicherungssumme nach dem Originaltitel A double Indemnity.
Es gibt keine große musikalische Untermalung, keine Dialoge. Nur einen Blick. Phyllis schaut Walter mit knisternder Erotik und dem heimlichen Wissen an, dass sie soeben eine Grenze überschritten haben. Sie haben einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt.
Danach werden sie zu Mördern.
Ich bin ein Mörder.
Ich kann diese Tatsache nicht leugnen oder ihr entfliehen. Egal, wie lange ich lebe oder was ich mit dem Rest meines Lebens anfange – dies wird meine Grabinschrift sein.
Ich bin Francis Dolarhyde. Ich bin Cody Jarrett. Ich bin Michael Corleone.
Und ich habe viel zu tun.
Wird mich einer von ihnen kommen sehen?
Vielleicht.
Jene, die ihre Schuld anerkennen und doch ihre Buße verweigern, mögen mein Herannahen wie einen eisigen Atem im Nacken spüren. Und aus diesem Grunde muss ich vorsichtig sein. Aus diesem Grunde muss ich mich wie ein Geist durch die Stadt bewegen. Die Stadt mag glauben, was ich tue, sei Zufall. Es ist alles andere als das.
»Hier ist es«, sagt sie.
Ich fahre langsamer.
»Ich hab nicht aufgeräumt«, fügt sie hinzu.
»Ach, das ist doch kein Problem«, sage ich in dem Wissen, dass es bei ihr gleich noch viel schlimmer aussehen wird. »Du müsstest mal sehen, wie es bei mir aussieht.«
Sie lächelt, als wir in ihre Einfahrt fahren. Ich lasse den Blick schweifen. Niemand zu sehen.
»So, da wären wir«, sagt sie. »Bist du bereit?«
Ich lächle sie an, stelle
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