Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Lichtschalter und suchten überall nach Blutspuren. Beim Mord in dem Videofilm war so viel Blut geflossen, dass sie im Motelzimmer Spritzer und Flecken finden müssten. Sie fanden nichts. Auf jeden Fall keine für das bloße Auge sichtbaren Blutspuren.
Kurz darauf betraten sie das Badezimmer und schalteten das Licht ein. Nach ein paar Sekunden flackerte die Neonröhre über dem Spiegel und begann zu surren. Einen kurzen Augenblick drehte sich Jessica der Magen um. Das Bad sah genauso aus wie das in der Mordszene, die der Killer in Psycho eingefügt hatte.
Byrne war groß genug, um mühelos einen Blick auf die Duschstange werfen zu können. »Nichts«, sagte er.
Sie schnüffelten in dem kleinen Bad herum, hoben den Toilettendeckel hoch, strichen mit den Händen über die Abflüsse im Waschbecken und in der Badewanne und nahmen die Fugen zwischen den Kacheln über der Wanne und die Falten des Duschvorhangs unter die Lupe. Kein Blut.
Denselben Vorgang wiederholten sie in Zimmer acht – mit denselben Ergebnissen.
Als sie Zimmer Nummer zehn betraten, wussten sie es. Auf den ersten Blick war nichts zu erkennen, und den meisten Leuten wäre wohl auch nichts aufgefallen. Doch sie waren beide erfahrene Kriminalbeamte.
Hier war das Böse zu Gast gewesen, und es sprach zu ihnen.
Jessica schaltete das Licht im Bad ein. Dieser Raum war kürzlich gereinigt worden. Auf allen Flächen haftete ein dünner Belag, als hätte jemand beim Putzen zu viel Reinigungsmittel und zu wenig Wasser benutzt. In den beiden anderen Badezimmern hatten sie einen solchen Schmierfilm nicht gesehen.
Byrne schaute auf das obere Ende der Duschstange.
»Bingo«, sagte er. »Wir haben unseren Aufkleber gefunden.«
Er hielt das Foto des Standbildes aus dem Videofilm hoch. Es stimmte überein.
Jessica ließ ihren Blick von der Spitze der Duschstange zur anderen Wand gleiten. Dort, wo die Kamera gestanden haben musste, entdeckte sie wenige Zentimeter von der Decke entfernt das Gitter eines Entlüftungsschachts.
Sie holte den Schreibtischstuhl aus dem anderen Zimmer, schob ihn ins Bad und stellte sich darauf. Jemand hatte sich an dem Gitter vor dem Lüftungsschacht zu schaffen gemacht. Von den beiden Schrauben, die das Gitter hielten, war etwas Lackfarbe abgesplittert. Es sah so aus, als wäre das Gitter vor Kurzem abgeschraubt und wieder angeschraubt worden.
Jessicas Puls ging schneller. Ihr Herz schlug in dem Rhythmus, der sich bei ersten Ermittlungserfolgen einstellt.
***
Terry Cahill stand auf dem Parkplatz des Rivercrest Motels neben seinem Wagen und telefonierte. Detective Nick Palladino, der der Sondereinheit nun zugeteilt worden war, nahm eine erste Überprüfung der wenigen Geschäfte in der Gegend vor, während sie auf die Kriminaltechniker warteten. Palladino war um die vierzig und sah recht gut aus – ein Italo-Amerikaner aus Süd-Philadelphia, was bedeutete, dass er seinen Salat nach dem Hauptgericht aß, dass ein Exemplar von Bobby Rydells Greatest Hits im Kassettenfach seines Wagens steckte und dass er seine Weihnachtsbeleuchtung nicht vor dem Valentinstag entfernte. Er gehörte zu den besten Detectives der Abteilung.
»Wir müssen reden«, sagte Jessica, die auf Cahill zuging. Sie stellte fest, dass auf dem Gesicht des FBI-Agenten kein einziger Schweißtropfen zu sehen war, obwohl er genau in der Sonne stand, die Temperatur auf über dreißig Grad gestiegen war und er seine Anzugjacke und Krawatte noch trug. Jessica wäre am liebsten in den nächsten Swimmingpool gesprungen. Ihre Kleidung war schweißnass.
»Ich rufe gleich zurück«, sagte Cahill. Er klappte das Handy zu und drehte sich zu Jessica um. »Kein Problem. Was gibt's?«
»Würden Sie mir bitte sagen, was hier gespielt wird?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Wenn ich es richtig verstanden habe, sollen Sie unsere Arbeit beobachten und uns mit Ratschlägen zur Seite stehen.«
»So ist es«, sagte Cahill.
»Wieso waren Sie dann unten in der Audio-Videoabteilung, bevor der Film uns überhaupt auf diese Spur gebracht hat?«
Cahill schaute verlegen auf die Erde und suchte nach einer Ausrede. »Ich war schon immer ein großer Videofan«, sagte er. »Ich habe gehört, dass Sie eine sehr gute Audio-Videoabteilung haben und wollte mich persönlich davon überzeugen.«
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese Dinge in Zukunft mit mir oder Detective Byrne absprechen würden«, sagte Jessica, deren Wut bereits verrauchte.
»Sie haben vollkommen recht. Es
Weitere Kostenlose Bücher