Byrne & Balzano 3: Lunatic
Geschäftshaus?«
»Ja.«
»Inwiefern?«
»Na ja«, sagte Pedersen. »Ich war früher selbst Graffiti-Sprayer. Als Jugendlicher war ich oft mit einer Skateboard-Clique unterwegs.« Er schob die Hände tief in die Hosentaschen. Es schien ihm unangenehm zu sein, darüber zu reden.
»Ich glaube, die Sache ist inzwischen verjährt«, sagte Jessica.
Pedersen lächelte. »Wissen Sie, ich bin noch immer großer Graffiti-Fan. Ich schaue mir gerne die Fassaden an, die von Sprayern gestaltet wurden, und mache manchmal Fotos.«
Das Philadelphia Mural Arts Program war 1984 als Projekt, Graffiti-Schmierereien aus den ärmeren Gegenden zu verbannen, ins Leben gerufen worden. Um das zu erreichen, wandte die Stadt sich an die Graffiti-Sprayer und bot ihnen an, ihre Kreativität zur Verschönerung von Fassaden zu nutzen. In Philadelphia gab es Hunderte, wenn nicht Tausende von Graffiti-Gemälden.
»Okay«, sagte Jessica. »Was hat das mit dem Gebäude in der Flat Rock zu tun?«
»Wissen Sie, wie das ist, wenn man jeden Tag etwas sieht? Ich meine, man sieht es, aber man schaut nicht genau hin?«
»Sicher.«
»Haben Sie zufällig Fotos von der Südseite des Gebäudes gemacht?«
Jessica sah die Fotos auf ihrem Schreibtisch durch und fand ein Foto von der Südseite des Lagerhauses. »Was ist damit?«
Pedersen zeigte auf eine Stelle auf der rechten Seite der Wand, neben einem großen roten und blauen Gang-Tag. Mit dem bloßen Auge sah es wie ein kleiner weißer Fleck aus.
»Sehen Sie das? Zwei Tage, bevor ich mit Ihnen gesprochen habe, war das noch nicht da.«
»Sie meinen, das könnte an dem Morgen, als der Leichnam ans Flussufer gesetzt wurde, an die Wand gemalt worden sein?«, fragte Byrne.
»Vielleicht. Es ist mir nur aufgefallen, weil es weiß war. Es sticht irgendwie hervor. Wahrscheinlich ist es gemalt, nicht gesprayt.«
Jessica betrachtete das Foto. Das Bild war mit einer hochauflösenden Digitalkamera aufgenommen worden. Sie hatte jedoch nur einen kleinen Ausdruck vorliegen. Sie würde ihre Kamera in die Audio-Videoabteilung schicken und die Kollegen bitten, eine Vergrößerung des Originals anzufertigen.
»Meinen Sie, es könnte wichtig sein?«, fragte Pedersen.
»Schon möglich«, sagte Jessica. »Vielen Dank, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben.«
»Kein Problem.«
»Wir melden uns bei Ihnen, falls wir noch einmal mit Ihnen sprechen müssen.«
Als Pedersen gegangen war, rief Jessica die Kollegen von der Kriminaltechnik an. Ein Techniker würde nach Manayunk fahren und eine Farbprobe von dem Bild nehmen.
Zwanzig Minuten später war die Vergrößerung des Fotos der jpg-Datei fertig und lag auf Jessicas Schreibtisch. Byrne und Jessica schauten es sich an. Das an die Wand gemalte Bild war eine größere und einfachere Darstellung der Zeichnung, die sie auf Kristina Jakos’ Unterleib gefunden hatten.
Der Killer hatte sein Opfer nicht nur ans Flussufer gesetzt, er hatte sich auch noch die Zeit genommen, die Wand mit einem Symbol zu versehen, das auffallen sollte.
Jessica hatte sich bereits gefragt, ob der entscheidende Hinweis zur Ergreifung des Täters auf einem der Tatortfotos zu finden war.
Vielleicht war es so.
Während sie auf den Laborbericht über die Analyse der Farbe warteten, klingelte Jessicas Handy erneut. Sie drückte auf die Taste und meldete sich. »Mordkommission, Detective Balzano.«
»Detective, hier ist Officer Valentine. Ich arbeite im zweiundneunzigsten Revier.«
Ein Teil des zweiundneunzigsten Reviers grenzte an den Schuylkill River. »Was gibt es, Officer?«
»Wir stehen gerade auf der Strawberry Mansion Bridge. Wir haben etwas gefunden, das Sie sich ansehen sollten.«
»Sie haben etwas gefunden?«
»Ja, Ma’am.«
Wenn jemand bei der Mordkommission anrief, ging es in der Regel um jemanden und nicht um etwas .
»Was ist es, Officer Valentine?«
Valentine zögerte einen Augenblick. »Hm, Sergeant Majette hat mich gebeten, Sie anzurufen. Er sagt, Sie sollten sofort hierherkommen.«
36.
D ie Strawberry Mansion Bridge war 1897 erbaut worden. Sie war eine der ersten Stahlbrücken des Landes und überspannte den Schuylkill River zwischen dem Strawberry Mansion und dem Fairmount Park.
An diesem Tag war die Strawberry Mansion Bridge beidseitig gesperrt. Jessica, Byrne und Bontrager gingen zur Mitte der Brücke, wo zwei Streifenbeamte auf sie warteten.
Zwei Jungen von elf oder zwölf Jahren, die vor Angst und Aufregung zitterten, standen neben den Beamten.
Auf der
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