Byrne & Balzano 3: Lunatic
zweite.«
»Ist mir egal. Ich erschieße Sie zuerst.«
»Das schaffen Sie nie. Sobald ich mich bewege, ist es vorbei. Nur einen einzigen Millimeter, und es ist aus.«
Byrne beobachtete Clarke im Innenspiegel. Nicht mehr lange, und der Mann verlor die Nerven.
»Sie haben Kinder, Mr. Clarke. Denken Sie an Ihre Kinder. Sie möchten ihnen doch sicher nicht dieses Erbe hinterlassen.«
Clarke schüttelte verzweifelt den Kopf. »Sie werden mich nicht wieder gehen lassen, oder?«
»Nein«, sagte Byrne. »Aber sobald Sie die Waffe herunternehmen, ist die Gefahr für Sie vorbei. Sie sind kein Mann wie Anton Krotz. Sie sind nicht wie er.«
Clarkes Schultern begannen zu beben. »Laura ...«
Byrne wartete einen Moment. »Ja, Mr. Clarke?«
Clarke hob den Blick. Tränen rannen ihm über die Wangen. Byrne hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so am Ende war.
»Sie werden nicht mehr lange warten«, sagte Byrne. »Helfen Sie mir, dann helfen Sie sich selbst.«
Jetzt erkannte Byrne in Clarkes geröteten Augen, dass er nicht mehr die Kraft hatte, an seinem Entschluss festzuhalten. Clarke ließ die Waffe sinken. In demselben Augenblick tauchte auf der linken Seite des Wagens ein Schatten auf, der durch die verschneiten Fenster nur undeutlich zu erkennen war. Byrne hob den Blick. Es war Nick Palladino. Er richtete eine Shotgun auf Matthew Clarkes Kopf.
»Die Waffe auf den Boden! Hände über den Kopf!«, rief Nick. »Na los!«
Clarke rührte sich nicht. Nick lud die Shotgun noch einmal durch.
»Wird’s bald?«
Nach einer Sekunde, die eine Ewigkeit zu dauern schien, gehorchte Matthew Clarke. In der nächsten Sekunde wurde die Tür aufgerissen. Clarke wurde aus dem Wagen gezerrt, auf die Straße geworfen und sofort von Polizisten umringt.
Bäuchlings lag er auf der Achtzehnten im eisigen Schneeregen, die Arme zur Seite gestreckt. Ein Scharfschütze richtete seine Waffe auf Clarkes Kopf. Ein Streifenbeamter trat hinzu, presste ein Knie auf Clarkes Rücken, zerrte seine Arme hoch und legte ihm Handschnellen an.
Byrne dachte an das unermessliche Leid und den Wahnsinn, der Clarke in den Klauen hielt und hierher geführt hatte.
Die Polizisten rissen Clarke hoch. Ehe sie ihn auf die Rückbank des Streifenwagens stießen, warf er Byrne einen Blick zu.
Wer immer dieser Mann ein paar Wochen zuvor gewesen war – die Person, die sich der Welt als Matthew Clarke präsentiert hatte, als Ehemann und Vater, gab es nicht mehr. Byrne schaute in Augen, in denen alles Leben erloschen zu sein schien. Wo einst die Seele gewesen war, brannte nun die kalte Flamme des Wahnsinns.
53.
J essica fand Byrne im Hinterzimmer des Coffee Shops, ein Handtuch um den Hals und eine heiße Tasse Kaffee in der Hand. Der Regen hatte alles in Eis verwandelt, und die ganze Stadt bewegte sich im Schneckentempo. Jessica war ins Roundhouse zurückgekehrt und hatte sich mit Roland Hannah Verbrecherfotos angesehen, als der Anruf kam, dass ein Polizist Hilfe brauchte. Sofort waren sämtliche verfügbaren Detectives losgejagt und hatten die Kollegen von der Streife alarmiert. Als Jessica nun vor dem Coffee Shop hielt, standen mindestens zehn Streifenwagen in der Achtzehnten Straße.
Jessica eilte durch den Coffee Shop und fiel Byrne um den Hals. Sie hatte schreckliche Angst gehabt, ihn nicht wieder zu sehen. Sollte das jemals geschehen, würde ein Teil von ihr mit Byrne zusammen sterben.
Schließlich lösten sie sich voneinander und schauten sich ein wenig verlegen um, ehe sie sich setzten.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Jessica.
Byrne nickte, doch Jessica war sich nicht so sicher.
»Wo hat das angefangen?«, fragte sie.
»Oben in Shawmont. Am Wasserwerk.«
»Er ist dir bis dahin gefolgt?«
Byrne nickte. »Muss wohl so sein.«
Jeder Polizist konnte jederzeit das Ziel eines Verfolgers werden, ob nun ein gejagter Verbrecher oder ein rachsüchtiger Ex-Knacki, den man vor Jahren in den Knast gebracht hatte und der entlassen worden war. Jessica dachte an Walt Brighams Leichnam auf dem Randstreifen der Straße. Alles konnte jederzeit passieren.
»Clarke wollte mich an dem Ort erledigen, an dem seine Frau ermordet wurde«, sagte Byrne. »Zuerst mich, und dann sich selbst.«
»Mein Gott.«
»Da ist noch etwas ...«
Jessica wusste nicht, was er meinte. »Noch etwas?«
Byrne trank einen Schluck Kaffee. »Ich habe ihn gesehen.«
»Wen?«
»Unseren Täter.«
» Was? Was redest du da?«
»Am Tatort in Shawmont. Er stand am anderen Ufer des Flusses
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