Byrne & Balzano 3: Lunatic
das machen wir oft«, sagte Jessica. »Wären Sie bereit, jetzt gleich mit mir ins Präsidium zu fahren?«
»Natürlich«, erwiderte Roland. »Ich würde alles tun, Ihnen zu helfen.«
52.
A uf der Achtzehnten Straße herrschte ein Verkehrschaos. Die Fahrzeuge gerieten immer wieder ins Rutschen. Die Temperatur sank rapide, und der Eisregen hörte nicht auf.
Kevin Byrne schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass er in die Mündung einer Waffe hatte blicken müssen, doch dadurch fühlte er sich auch nicht besser. Sein Magen war verkrampft.
»Das wollen Sie doch gar nicht, Mr. Clarke«, sagte er. »Noch können Sie aus dieser Sache raus.«
Clarke schwieg. Byrne blickte in den Innenspiegel und sah, dass der Mann ins Nichts starrte.
»Sie begreifen das nicht«, sagte Clarke schließlich.
»Doch, ich begreife.«
»Nein, tun Sie nicht. Wie auch? Haben Sie jemals einen Menschen, den Sie liebten, durch ein Gewaltverbrechen verloren?«
Das war nicht der Fall, doch einmal wäre es beinahe dazu gekommen. Einmal hätte er fast alles verloren, als seine Tochter in der Hand eines Killers gewesen war. An dem Tag hätte er beinahe selbst den Verstand verloren.
»Halten Sie an«, befahl Clarke.
Byrne hielt am Bordstein, nahm den Gang heraus und ließ den Motor laufen. Sein Herz schlug in demselben Takt wie das Pochen der Scheibenwischer.
»Und jetzt?«, fragte Byrne.
»Wir gehen jetzt da rein, und dann werden wir das hier beenden. Für Sie und für mich.«
Byrne spähte zum Coffee Shop hinüber. Durch den Schleier des Eisregens sah er die schimmernden Lichter. Die Fensterscheibe war ersetzt und der Boden gereinigt worden. Es sah aus, als wäre hier nie etwas geschehen. Doch es war etwas geschehen – und aus diesem Grunde waren sie hierhergekommen.
»Es muss nicht so enden«, sagte Byrne. »Wenn Sie die Waffe niederlegen, haben Sie noch die Chance, Ihr Leben zurückzubekommen.«
»Sie meinen, ich könnte einfach meines Weges gehen, als wäre nie etwas geschehen?«
»Nein«, sagte Byrne. »Ich will Ihnen nichts vormachen. So wird es nicht laufen, aber Sie können Hilfe bekommen.«
Als Byrne noch einmal in den Innenspiegel schaute, sah er es.
Auf Clarkes Brust waren zwei kleine rote Lichtpunkte.
Byrne schloss kurz die Augen. Das war die beste Nachricht und wiederum auch die schlechteste. Er hatte die Handyverbindung bestehen lassen, seitdem Clarke ihn an der Pumpstation überwältigt hatte. Offenbar hatte Nick Palladino das Sondereinsatzkommando verständigt, und die Scharfschützen waren am Coffee Shop in Stellung gegangen. Zum zweiten Mal binnen einer Woche. Byrne blickte die Straße hinunter. In der Gasse neben dem Restaurant entdeckte er die Scharfschützen.
Diese Sache konnte sehr schnell und sehr blutig enden. Byrne verstand sich gut auf Verhandlungstaktiken, war aber kein Experte.
»Ich sag Ihnen was«, begann er. »Und ich möchte, dass Sie mir aufmerksam zuhören. In Ordnung?«
Schweigen.
»Mr. Clarke?«
»Was ist?«
»Ich muss Ihnen etwas mitteilen. Aber zuerst müssen Sie das tun, was ich Ihnen sage. Sie müssen ganz still sitzen.«
»Was reden Sie da?«
»Ist Ihnen aufgefallen, dass kein einziger Wagen durch diese Straße fährt?«
Clarke schaute aus dem Fenster. Einen Häuserblock entfernt hatten zwei Streifenwagen die Achtzehnte Straße abgesperrt.
»Was hat der Streifenwagen da zu suchen?«, fragte Clarke.
»Das erkläre ich Ihnen gleich. Aber zuerst schauen Sie bitte ganz langsam auf Ihre Brust. Neigen Sie nur den Kopf. Keine überhasteten Bewegungen. Schauen Sie auf Ihre Brust, Mr. Clarke.«
Clarke neigte den Kopf. »Was ist das?«, fragte er.
»Das sind Laserpunkte. Von den Gewehren der Scharfschützen.«
»Warum richten sie die Gewehre auf mich? «
Mein Gott, dachte Byrne. Es war schlimmer, als er gedacht hatte. Matthew Clarke war nicht mehr bei Verstand.
»Bewegen Sie sich nicht«, sagte Byrne. »Nur die Augen. Schauen Sie jetzt auf meine Hände, Mr. Clarke.« Byrnes Hände lagen oben auf dem Lenkrand. »Sehen Sie meine Hände?«
»Ihre Hände? Was ist damit?«
»Sehen Sie, wie ich das Lenkrad umklammere?«, fragte Byrne.
»Ja.«
»Wenn ich den Zeigefinger der rechten Hand hebe, drücken die Scharfschützen ab«, sagte Byrne und hoffte, dass es überzeugend klang. »Erinnern Sie sich, was mit Anton Krotz passiert ist?«
Byrne hörte, dass Matthew Clarke zu schluchzen begann. »Ja.«
»Das war ein Scharfschütze. Das hier ist der
Weitere Kostenlose Bücher