Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
Vom Netzwerk:
Hm? Steht das auch im Handbuch?«
    Byrne warf einen Blick in die Dunkelheit und nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche. Den brauchte er, um sich auf das vorzubereiten, was er ihr gleich sagen würde. »Die letzte Geschichte für heute Nacht. Okay?«
    Jessica setzte sich gerade hin und mimte ein fünfjähriges Kind. Eine Geschichte .
    »Kennst du einen Cop namens Tommy Delgado?«, fragte Byrne.
    Jessica schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn nie kennengelernt, aber ich hab den Namen mal gehört. Vincent hat ein paar Mal was von ihm erzählt. Mordkommission?«
    Byrne nickte. »Ja. Einer der Besten. Erinnerst du dich an den Manny-Utrillo-Fall?«
    »Klar.«
    »Tommy hatte diesen Fall gelöst. Eines Tages hat er den Täter geschnappt und ihm Handschellen angelegt. Dann spazierte er mit ihm in die Abteilung. Einfach so. Er führte den Hurensohn vor wie seine Herzdame beim Schulabschlussball. Acht Detectives hingen an der Strippe und verfolgten die neuesten Spuren in dem Fall, und Tommy Delgado kam einfach anmarschiert und schleppte den Scheißkerl an. In der anderen Hand hielt er eine Tüte mit Hefeteilchen für alle.«
    Byrne trank noch einen Schluck Wild Turkey und drehte den Verschluss dann auf die Flasche.
    »Jedenfalls wurden wir zu einem Tatort in der Frankford Avenue gerufen. Wir sollten den Fall nicht übernehmen, wir sollten nur Tommy und seinen Partner Mitch Driscoll unterstützen. Damals habe ich mit Jimmy zusammengearbeitet und war seit ungefähr drei Jahren bei der Mordkommission. Noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. Ich hab diese Scheißtypen noch mit ›Sir‹ angeredet.«
    Jessica lachte. Sie benutzte diese förmliche Anrede erst seit Kurzem nicht mehr. »Toll.«
    »Es war ein grauenhafter Einsatz. Das Opfer war ein achtzehn Monate altes Baby. Sein sogenannter Vater hatte es mit einer Lampenkordel erdrosselt.«
    »Mein Gott!«
    »Gott war an dem Tag nicht da, Jess.« Byrne setzte sich neben sie. »Zwei Stunden später ist der Fall geklärt. Der Kerl gesteht noch am Tatort. Im Grunde ist alles klar. Jimmy und ich werfen ein Auge auf Tommy, weil er ziemlich daneben aussieht. Er macht den Eindruck, als würde er gleich den ganzen Häuserblock niederbrennen oder den ersten Junkie, den er auf der Straße sieht, über den Haufen schießen, nur weil der Typ lebt und atmet. Wir stehen also auf der Veranda, und ich sehe, dass Tommy auf einen bestimmten Punkt auf der Erde starrt. Wie hypnotisiert. Ich folge seinem Blick und sehe, worauf er schaut. Und weißt du, was es war?«
    Jessica überlegte. Nach dem, was Byrne ihr über den Fall erzählt hatte, konnte es kein wichtiges Beweisstück wie eine Patronenhülse oder ein blutiger Schuhabdruck gewesen sein. »Was?«
    »Ein Biskuitkeks.«
    Zuerst dachte Jessica, sie hätte sich verhört, doch dann begriff sie. Sie nickte. Sie wusste, was Byrne meinte und was jetzt kam. Biskuitkekse waren das universelle Beruhigungsmittel für Kleinkinder.
    »Da lag ein Babykeks auf dieser beschissenen Veranda mit dem Kunstrasen, und Tommy Delgado konnte seinen Blick nicht davon abwenden. Und Tommy war ein Mann, der schon alles gesehen hatte. Zwei Einsätze in Vietnam und fünfundzwanzig Jahre im Job. Ein paar Minuten später läuft er zur Rückseite des Hauses und fängt an zu weinen. Ich behielt ihn im Auge, nur um sicherzustellen, dass er seine Knarre nicht gezogen hatte, doch er saß nur da auf einer Bank und heulte wie ein Schlosshund. Es brach mir das Herz, aber ich hielt es für besser, ihn in Ruhe zu lassen.
    Es war dieser eine Scheißkeks. Jessica. Der hatte ihm das Herz gebrochen. Ein Biskuitkeks. Danach war Tommy nie mehr derselbe.«
    »Weißt du, was aus ihm geworden ist?«
    Byrne zuckte mit den Schultern. »Er hat den Job noch ein paar Jahre gemacht, bis er seine dreißig Dienstjahre voll hatte. Nach diesem Fall hat er nur noch ’ne ruhige Kugel geschoben. Er hat sich kein Bein mehr ausgerissen.«
    Sie schwiegen eine volle Minute.
    »Seit wann haben wir es nur noch mit Scheiße zu tun, Kevin?«
    »Ich glaube, das war, als sie in die Nudelpackungen statt fünfhundert nur noch vierhundert Gramm getan haben und keiner uns was gesagt hat.«
    Jessica starrte Byrne bestürzt an. »Tatsächlich?«
    Byrne nickte.
    »Verdammt. Kein Wunder, dass ich immer Hunger habe.«
    Byrne warf einen Blick auf die Uhr. »Sollen wir frühstücken?«
    Jessica schaute zum dunklen Sternenhimmel auf. »Mitten in der Nacht?«
    »Zuerst koche ich uns einen Kaffee.« Er half Jessica hoch und

Weitere Kostenlose Bücher