Byrne & Balzano 4: Septagon
hatte, er würde Richtung Osten laufen, hatte er mit Sicherheit eine andere Richtung eingeschlagen. Eine Sekunde später rannten die beiden los.
Während Jessica ihre Schlüssel vom Gürtel zog und die Handschellen aufschloss, verständigte Dre Curtis über Funk die Zentrale. »Der Verdächtige konnte nicht verhaftet werden«, sagte er. »Ich wiederhole, der Verdächtige konnte nicht verhaftet werden.«
»Ruf K-9 an«, sagte Byrne.
»Wir brauchen Verstärkung hier«, rief Dre Curtis. »Wir brauchen eine Suchmannschaft. Und einen Spürhund.«
Randy Sweetin, der erst seit zwei Jahren bei der Polizei war, berichtete inzwischen, wie alles abgelaufen war. Er war Streife gefahren, als eine Frau auf der Wyoming Avenue erschienen war und beide Arme geschwenkt hatte. Er hatte bei der Frau gehalten, und sie sagte ihm, sie habe einen Mann gesehen, der mit einer Jugendlichen gesprochen habe. Ihr sei die Sache seltsam vorgekommen; deshalb habe sie den Streifenwagen angehalten.
»Und Sie hatten die Handschellen richtig zugeschlossen?«, fragte Byrne.
»Ja, ich hab sie richtig zugeschlossen. Ich bin ganz sicher.«
Josh Bontrager kam heran. »Ich habe das Kennzeichen überprüfen lassen. Es wurde von einem schwarzen Acura abmontiert, der auf einem Langzeitparkplatz am Flughafen stand.«
»Wann?«, fragte Byrne.
»Vor drei Tagen.«
»Verdammt.«
Sie mussten den Halter des Wagens anhand der Fahrzeugidentifikationsnummer ermitteln. Und sie mussten Francesca Sanz anrufen und sie fragen, ob es ein Acura gewesen sein könnte, in den Caitlin O’Riordan am Bahnhof eingestiegen war.
Das Schluchzen der jungen Frau verstummte für einen Moment. Sie saß jetzt auf der Rückbank eines Wagens der Mordkommission und hielt zusammengeknüllte feuchte Papiertaschentücher in der Hand. Jemand hatte ihr eine Dose Pepsi gebracht. Sie stand ungeöffnet neben ihr.
Sie sagte, ihr Name sei Abigail Noonan. Sie war sechzehn. Die Detectives hatten sie noch nicht nach ihrem Ausweis, ihrer Sozialversicherungsnummer und ihrer Adresse gefragt. In der Regel sagte nur jedes dritte Straßenkind die Wahrheit.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Jessica.
Abigail nickte.
»Können wir noch irgendetwas für dich tun?«
Abigail schüttelte den Kopf.
»Erzähl mir bitte, was passiert ist.«
»Ich weiß nicht. Er hat da geparkt und Radio gehört ...«
»Erinnerst du dich, welcher Sender das war?«
»Ich hab keine Ahnung, welche Sender was spielen. Ich bin nicht von hier.«
»Verstehe«, sagte Jessica. »Erinnerst du dich, welchen Song er sich angehört hat?«
»Ja. When You look Me in the Eyes. Der Song von den Jonas Brothers. Kennen Sie den?«
Jessica hatte noch nie von dem Song gehört und auch nicht von den Jonas Brothers. »Na klar.«
»Ich hab jedenfalls da drüben auf der Bank gesessen und die Musik gehört. Ich wusste nicht, woher sie kam. Ich drehte mich um, und da sah ich den Mann in dem Wagen. Er schaute zu mir rüber.«
»Was hat er getan?«
»Getan? Nichts.«
»Hat er gelächelt, gewinkt? Hat er dich gerufen?«
»Könnte sein, dass er gelächelt hat. Ich weiß nicht mehr so genau. Es sah aus, als würde er in einem kleinen Buch lesen. ’ne Art Broschüre oder so.«
»Was für eine Broschüre?«
»Als ich zu dem Wagen rüberlief, hab ich gesehen, dass er diese Broschüre in der einen Hand hielt und den coolen iPod in der anderen. Deshalb dachte ich, es wäre ein Handbuch oder so. Er sah ein bisschen verwirrt aus.«
»Hat er dich angesprochen?«
Abigail senkte den Blick und errötete. »Nein, ich habe ihn angesprochen.«
»Und was hat er gesagt?«
»Er sagte, er hätte seiner Tochter gerade diesen neuen iPod gekauft und hätte Probleme damit. Er wollte ein paar Songs draufladen, die sie gerne hört, ehe er ihr den iPod schenkt. Er hat mich gefragt, ob ich Ahnung von iPods hätte.«
»Hast du?«
»Klar.«
»Was ist dann passiert?«
»Mensch, ich war so blöd! Ich bin um den Wagen herumgegangen und eingestiegen.«
»Hat er dich angefasst?«
»Nein. Ich meine, nicht sofort. Ich dachte, es wäre alles in Ordnung, bis ich mich umgedreht habe und die Zeitung auf der Rückbank sah.«
»Was war damit?«
»Die Zeitung war auf der Seite mit dem Bericht über den Mann aufgeschlagen, der Mädchen kidnappt, die sich auf der Straße herumtreiben. Ich hab den Typen angeschaut. Er wusste, dass ich die Zeitung gesehen hatte, ich konnte es sehen. Da bin ich in Panik geraten.«
»Hat er dich geschlagen oder versucht, dich
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