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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Sie mich bitte einen Moment entschuldigen?«
    »Natürlich.«
    Die Frau stand langsam auf, durchquerte das Wohnzimmer und betrat einen anderen Raum. Jessica nahm an, dass es das Schlafzimmer war. Laura Somerville schloss hinter sich die Tür.
    Jessica drehte sich zu Byrne um, zuckte mit den Schultern und hob die Hände in einer Geste der Ratlosigkeit. Byrne wusste, was sie damit ausdrücken wollte: Man konnte die ganze Stadt durchstreifen – die Betonschluchten in der Broad und Market Street, die Gassen in Nord- und Süd-Philadelphia – und hatte letztlich doch keine Ahnung, was sich hinter den Mauern abspielte. Manchmal lief man jemandem über den Weg, der Crack rauchte und seine Kinder in einen Schrank sperrte. Ein anderes Mal traf man eine elegante Frau, die allein in West-Philadelphia wohnte, die in zehn Sprachen Kreuzworträtsel lösen konnte und auf deren Bücherregal wunderschön geschnitzte Elfenbeinpuzzles lagen, die ein mysteriöser ehemaliger Verehrer in der Portobello Road in London gekauft hatte.
    Jessica blickte aus dem Fenster auf das in der Hitze schimmernde Viertel in West-Philadelphia. In der Ferne sah sie hinter einem Dunstschleier die flimmernde Stadt.
    »Was hältst du davon?«, fragte Byrne mit gedämpfter Stimme.
    Jessica dachte kurz nach. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie dann, ebenfalls mit leiser Stimme. »Und du?«
    »Ich glaube, die Frau hat nichts mit unseren Ermittlungen zu tun.«
    »Und wie erklärst du dir die Anrufe?«
    »Keine Ahnung«, sagte Byrne. »Belassen wir es erst mal dabei.«
    »Okay. Ich sage ihr nur ...«
    Jessica wurde durch das Geräusch zersplitternden Glases unterbrochen, das aus dem Schlafzimmer drang. Es hörte sich nicht so an, als hätte jemand ein Glas fallen lassen; es war viel lauter, als wäre ein Stein durchs Fenster geworfen worden. Aber das war unwahrscheinlich, da die Wohnung im zehnten Stock lag.
    Byrne warf Jessica einen Blick zu. Den Blick. Sie arbeiteten schon seit Jahren zusammen und waren gemeinsam durch manche Hölle gegangen; deshalb konnte sie den Blick nicht falsch deuten.
    »Mrs Somerville?«, rief Byrne.
    Schweigen.
    Byrne wartete einen kurzen Augenblick. »Ma’am?«, rief er, diesmal lauter. Seine Stimme schien von den Wänden widerzuhallen und sich mit dem leisen Surren der Klimaanlage zu vermischen. »Alles in Ordnung?«
    Keine Antwort.
    Byrne durchquerte das Wohnzimmer, legte ein Ohr auf die Schlafzimmertür und lauschte einen Moment. Dann drehte er sich zu Jessica um und schüttelte den Kopf. Schließlich rief er noch einmal laut:
    »Ma’am!«
    Nichts.
    Byrne atmete tief durch, zählte bis drei – was bei einem Cop nur eine Sekunde dauerte – und drückte die Klinke herunter. Er stieß die Tür mit der Schulter auf, zog seine Waffe und betrat das Zimmer. Jessica folgte ihm.
    Wie nicht anders zu erwarten, war es ein Schlafzimmer. Es war mit einem Himmelbett im Stil der Fünfziger sowie einer Frisierkommode und einem Schreibtisch ausgestattet, die ebenfalls aus dieser Zeit stammten. In der hinteren Ecke stand ein kleines Brokatsofa. Außerdem gab es zwei Nachtschränke, einen Standspiegel und einen Wandschrank.
    Aber keine Spur von Laura Somerville.
    Im Zimmer war niemand.
    Das Fenster mit Blick auf die Locust Street war zerschmettert. Eine Handvoll Scherben lagen auf dem abgetretenen Teppich. Schwüle Luft strömte herein, der heiße Atem der Hölle. Der Geruch von Öl und Abgasen breitete sich in dem kleinen Zimmer ebenso aus wie die typischen Großstadtgeräusche: Verkehrslärm, Schreie, Hip-Hop-Musik im Hintergrund. In diese Geräuschkulisse mischten sich die Klänge des CD-Players auf dem Nachtschrank, der leise »Witchcraft« spielte. Es war Sinatras Duett mit Anita Baker.
    Jessica schaltete den CD-Player aus, durchquerte das Schlafzimmer und öffnete vorsichtig den einzigen Schrank in dem Raum. Der Geruch von Mottenkugeln, Leder und süßem Parfum schlug ihr entgegen. Auf der Kleiderstange hing Garderobe auf Bügeln, und die Schrankfächer waren mit Kartons, Reisetaschen, Schuhen und zusammengefalteten Pullovern gefüllt. Auf dem Schrankboden standen zwei verstaubte, blaugrüne Samsonite-Koffer. Darauf lagen sorgfältig gefaltete Wolldecken und Betttücher. Auf dem obersten Einlegeboden rechter Hand stand eine Kassette.
    Doch Mrs Somerville hatte sich nicht im Schrank versteckt.
    Jessica schloss die Tür und kehrte dem Schrank den Rücken zu. Die beiden Detectives durchquerten das Zimmer und schauten aus dem Fenster. Zehn

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