Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
Vom Netzwerk:
damals wie heute war er ein Nichts – ein Mann, der selbst für die himmlischen Mächte unerreichbar war.
    Versteckt zwischen Büschen und Bäumen hatte er in jener Nacht im Schutz der Dunkelheit auf der Westseite des Belmont Plateaus gestanden. Er hatte die Erde festgeklopft und einen Sack voller Blätter und Zweige auf der nackten Erde verteilt. Der Ort sah unberührt aus. Die perfekte Täuschung.
    Swann erinnerte sich, dass er die Handschuhe ausgezogen, in den Müllsack geworfen und später alles verbrannt hatte. Auch die dicken Plastikplanen, mit denen er den Kofferraum des Wagens ausgelegt hatte, und seine Kleidung waren in den Flammen geendet. Er hatte sich nur ungern von seinem maßgeschneiderten Anzug getrennt, doch den Verlust konnte er verschmerzen. Außerdem hatte er seinen Besuchern gegenüber die ganze Zeit so große Vorsicht walten lassen – da wollte er nicht durch einen dummen Fehler alles kaputt machen.
    Nur eine war ihm jemals entwischt. Die süße Cassandra.
    Er dachte daran, wie er die Frau in jener Nacht auf dem Grundstück seines Hauses entdeckt hatte. Sie hatte entschlossen ausgesehen, aber auch überspannt. Sie hatte auf ihn geschossen, als er in der Gartenlaube stand, die schon seit langer Zeit mit dem Aufzug ausgestattet war.
    Als die Polizei mit den Ermittlungen in dem neuen Fall begann, trank Joseph Swann seinen Tee. Er wusste, dass es an der Zeit war, die Vollendung seines Werks voranzutreiben.
    Die sieben Wunder , dachte er.
    Das Spiel hatte begonnen.
    Als er ein paar Minuten später die Treppe hinaufstieg, griff er in seine Hemdtasche. Er hatte von der toten Frau ein Erinnerungsstück behalten, ein kleines Souvenir ihrer kurzen gemeinsamen Zeit. Eine Visitenkarte. Etwas Persönliches, das mit einem kühlen Händedruck oder einer beiläufigen Empfehlung überreicht wurde:
    D ETECTIVE G ENEVIEVE G ALVEZ
    D EZERNAT : S ONDERERMITTLUNGEN
    B ÜRO DES B EZIRKSSTAATSANWALTS P HILADELPHIA

ZWEITER TEIL
    DER SINGENDE JUNGE
    Die Vergangenheit geht hier, geräuschlos, ungefragt, allein.
    VIRGINIA WOODWARD CLOUD

16.
    I N DEN J AHREN , ehe die Dunkelheit seine Geliebte wurde und die Zeit ein abstrakter Précis, war Karl Swann ein Student der großen Meister.
    Seine Kunst war die Zauberei.
    Karl wurde 1928 als Kind einer Familie der gehobenen Mittelschicht in Hanau geboren, fünfundzwanzig Kilometer östlich von Frankfurt am Main. Er begann bereits in jungen Jahren mit der Erforschung der Schwarzen Kunst. Sein Vater Martin, ein pensionierter Captain der schottischen Armee aus Glasgow, hatte nach Ende seiner Dienstzeit eine kleine Abfindung erhalten. Dieses Geld investierte er in ein florierendes Metallunternehmen, als er sich nach dem Ersten Weltkrieg in der Gegend niedergelassen hatte. Martin heiratete Hannah Scholling, ein Mädchen aus dem Ort.
    Im Jahre 1936 – Karl war acht Jahre alt – nahm sein Vater ihn mit zu einer Vorstellung im Schuhmann-Theater in Frankfurt. In dieser Show trat ein bekannter Zauberer namens Alois Kassner auf. An diesem Abend ließ er einen Elefanten von der Bühne verschwinden.
    Karl konnte drei Nächte lang nicht schlafen, weil er ununterbrochen an die Täuschung denken musste. Doch mehr noch als an den Trick selbst dachte Karl an den Zauberer. Bei dem Gedanken an diesen mysteriösen, dunkelhaarigen Mann begann er zu zittern.
    Im Jahr darauf sammelte Karl Bücher über Zauberei und die Biografien großer amerikanischer, europäischer und asiatischer Zauberkünstler. Der Junge schien von der Zauberei besessen zu sein. Seine Eltern waren entsetzt, zumal es Karls schulischen Leistungen nicht gerade förderlich war.
    Als Karl neun Jahre alt war, führte er seinen Freunden auf Festen Zaubertricks vor. Er jonglierte mit Tellern und Bällen, ließ Seidentücher verschwinden und verkettete Eisenringe miteinander. Seine Technik war zwar nicht besonders ausgefeilt, aber er bewegte seine Hände geschickt und schnell. Binnen eines Jahres machte er gewaltige Fortschritte und konnte nun neben kleinen Taschenspielertricks auch größere Zauberkunststücke vorführen.
    Als sich die Schatten des nahenden Zweiten Weltkriegs über Europa legten, beschloss Martin Swann trotz der hysterischen Einwände seiner Frau, ihren einzigen Sohn zu Verwandten ins ferne Amerika zu schicken. Zumindest bis die Krise beigelegt war.
    Am 4. Oktober 1938 ging Karl Swann in Le Havre an Bord der USS Washington . Seine Eltern standen am Kai. Seine Mutter weinte und winkte ihm zum Abschied mit einem weißen

Weitere Kostenlose Bücher