Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
des Patriarchen. Auch viele kleinere Kirchen
wurden zu Moscheen umgebaut und weitere Gotteshäuser in den türkischen Stadtbezirken errichtet. Schon bald nach 1453 wurde
die Wasserleitung erneuert, die nun die größeren Moscheen, den Palast sowie Bäder und Brunnen mit Frischwasser versorgte.
Am Platz der bei einem Erdbeben zusammengestürzten Apostelkirche entstand zwischen 1463 und 1470 die Fâtih Camii, mit 16 Medresen
und weiteren Stiftungsbauten einer der bedeutendsten Baukomplexe Mehmeds. Damit begründete er eine Tradition, der sich seine
Nachfolger verpflichtet sahen, und so prägen heute im Wesentlichen die großen Sultansmoscheen und -stiftungen die Silhouette
Istanbuls.
Sein Nachfolger Beyazıt II. (1481–1512) setzte die Umsiedelungspolitik Mehmeds II. fort. 1509 fielen erneut zahlreiche Bauwerke
einem starken Erdbeben zum Opfer, wobei insbesondere die Stadtmauern beschädigt wurden. Unter Selim I. (1512–1520) wurde Konstantinopel
nach der Eroberung von Syrien und Ägypten Sitz des Kalifats und Metropole der islamischen Welt. Unter seinem Sohn Süleyman
I. |26| (1520–1566), genannt der Prächtige, gedieh in der Stadt eine zuvor unvorstellbare architektonische und künstlerische Blüte.
Den markantesten baulichen Akzent setzt wohl der nach ihm benannte Moscheenkomplex mit seinen 4 Minaretten. Möglich wurden
die umfangreichen Bautätigkeiten durch steigende Staatseinnahmen und v. a. durch die Beute aus den Eroberungsfeldzügen Anfang
des 16. Jhs. Mehrere große Moscheenkomplexe entstanden in dieser Zeit, und für viele davon ist der bedeutendste zeitgenössische
Baumeister Sinan verantwortlich. So entstanden binnen kurzer Zeit die Sultan Selim-Moschee (1520–1526), die Şehzade-Moschee
(1543–1548) und die Süleymaniye (1550–1557). Daneben entstanden noch weitere Moscheen als Stiftungen der Gattin und Tochter
des Herrschers sowie der Wesire. Die Bedeutung dieser Bauten geht über das Sakrale weit hinaus, dienten sie doch auch der
sozialen und geistigen Fürsorge, meist verbunden mit Armenküchen.
Minirock und traditionelles Kunsthandwerk: nirgends scheinen der »Orient« und der »Okzident« so nah beieinander zu sein wie
in Istanbul – und dies nicht nur geografisch.
Dies war die Zeit der Osmanischen Klassik, in der die schönen Künste zur Vollendung gelangten und im Inneren des Reichs Frieden
herrschte. Das Reich reichte von Belgrad bis nach Täbris und von der Krim bis zum Jemen, einschließlich Ägyptens und Nordafrikas.
Während seine Nachfolger Selim II. (1566–1574) und Murad III. (1574–1595) diese intensive Bautätigkeit noch weiter fortführten,
kam es |27| gegen Ende des 16. Jhs. allmählich zu finanziellen Schwierigkeiten, und so blieb etwa die Yeni Valide-Moschee, begonnen 1597,
unvollendet. Eine der Ausnahmen war die Sultan Ahmed-Moschee (die sog. Blaue Moschee), die von Ahmed I. (1603–1617) in Auftrag
gegeben wurde und überaus reich ausgestattet wurde.
Die »Tulpenzeit« und das Ende der Osmanischen Klassik
Im Laufe des 17. Jhs. machten sich die ersten Verfallserscheinungen bemerkbar; den Sultanen entglitt mehr und mehr die Macht,
die nun zunehmend in den Händen ihrer Mütter, der Wesire und des Militärs lag. Eine verkünstelte Lebensart nach strengen protokollarischen
Regeln kennzeichnete inzwischen den Hof.
In der sog. »Tulpenzeit« unter Sultan Ahmed III. (1703– 1730) gab es nochmals eine letzte glanzvolle Zeit für die Stadt, doch
in der Zeit nach Napoleon entwickelte sich ein nationalstaatliches Gedankengut, und zahlreiche Bürger erhoben sich gegen die
osmanische Herrschaft. Im 19. Jh. orientierte man sich zwischenzeitlich in vielerlei Hinsicht am westlichen Europa, was sich
an vielen Neubauten dieser Zeit ablesen lässt. So unterscheidet sich der Dolmabahçe-Palast von 1856, mit Pomp aus Kristall
und Marmor, komplett vom Konzept der alten Serailarchitektur. Selbst gotische Elemente wurden nun verarbeitet, etwa in der
1871 erbauten Valide-Moschee. Die »Lust am Bauen« war aber auch bei den folgenden und zugleich letzten Sultanen ungebrochen,
und so entstanden am Ende der osmanischen Epoche nochmals zahlreiche Paläste, die einzelne Viertel prägen sollten.
Die Kemalsche Wende
Nach der Neugründung durch Konstantin und der Eroberung durch Mehmed II. Fâtih kam es 1923 zur dritten historischen Wende
für die Stadt. 1600 Jahre lang war Konstantinopel Hauptstadt eines Kaiserreichs. Mehr als
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