Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
wurde der Hippodrom weiterhin
– wie auch für andere Zwecke – genutzt. Der Zustand der Anlage war allerdings inzwischen deutlich heruntergekommen, |33| so dass z. B. Zuschauer während eines Wagenrennens durch herabstürzende Bauteile getötet wurden.
Als die fränkischen Eroberer 1203/1204 die Stadt in Brand steckten, wurden auch große Teile der westlichen Tribüne zerstört.
In der Zeit danach wandelte sich die Nutzung des Hippodroms, weg von den Wagenrennen hin zu Turnieren. Gegen Ende des Jahrhunderts
verlor die Anlage als Versammlungsort an Bedeutung, und Turniere fanden nur noch gelegentlich statt, wobei aber dennoch einzelne
bauliche Veränderungen feststellbar sind, wie etwa Umbauten zur Einrichtung einer Tribüne für die Damen des Hofs.
Entgegen seiner ursprünglichen Bestimmung fanden im Hippodrom auch die Hochzeitsfeiern und Beschneidungsfeiern des Hauses
Osman statt, die 40 Tage und 40 Nächte dauerten, und er diente Familien, die Erdbeben, Bränden oder anderen Katastrophen entkommen
waren, als Notunterkunft. Ebenso schlugen hier Flüchtlingstrecks aus Rumelin ihr Lager auf, bevor ihnen Unterkünfte zugewiesen
wurden.
Mit seinen Ruheplätzen, Cafés und Restaurants gehört der
At
Meydanı
heute zu einem der wichtigsten touristischen Anlaufstellen Istanbuls.
Trotz aller Höhen und Tiefen, die dieser Ort über all die Jahrhunderte hinweg erfahren hatte, galt er stets als Zentrum der
Stadt. Daher finden sich Bauwerke nahezu aller Epochen in unmittelbarer Umgebung. Heute flanieren Touristen über den zur Parkanlage
umgestalteten Platz und beginnen häufig von hier aus ihre Besichtigungstouren, wodurch ihm im übertragenen Sinne erneut die
Bedeutung zukommt, die er über viele Jahrhunderte hinweg innehatte: Herz der Stadt.
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|34| Konstantinssäule
Der goldene Kaiser
Als nicht zu übersehendes Zeichen der Macht ließ Konstantin der Große im Jahr 328 inmitten des
forum Constantini
mit der Konstantinssäule (türk.
Çemberlitaş
), auch »verbrannte« oder »umgürtete« Säule genannt, seine bedeutendste Denkmalsäule aufstellen. Sie ist eines der Denkmäler
der Stadt, das seit Jahrhunderten von Legenden und Sagen umrankt ist, wodurch von ihr, trotz ihres schlechten Erhaltungszustands,
ein besonderer Reiz ausgeht. Die ursprüngliche Höhe dürfte bei insgesamt etwa 50 m gelegen haben, von denen heute noch knapp
35 m übrig geblieben sind. Sie erhob sich einst auf einem rechteckigen Sockel aus Marmor, der wiederum auf einem fünfstufigen
Unterbau und einem dem Kaiser geweihtem Sanktuarium stand. Gekrönt war sie mit einem (wohl goldenen) Standbild des Kaisers,
der in Gestalt des Sonnengottes Helios den Platz von hoch oben weithin beherrschte. Der fünfstufige Unterbau gründet unter
dem heutigen Bodenniveau, das sich hier um etwa 2,35 m vom antiken unterscheidet.
Der aus neun Säulentrommeln bestehende Teil des Monuments erforderte im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Sicherungsmaßnahmen,
weswegen sich dem heutigen Betrachter die ehemalige Wirkung kaum mehr erschließt. So wurde es wegen des verwitternden Porphyrs
bereits unter Kaiser Theodosius II. im Jahre 418 notwendig, das Denkmal mit Eisenbändern und Manschetten zu stabilisieren,
nachdem |35| aus einer der unteren Trommeln ein Stück herausgebrochen war. Bei mehreren Stadtbränden wurden das Forum und seine Denkmäler
wiederholt in Mitleidenschaft gezogen. 480 kam es beim Kaiserstandbild zu Schäden, und bei einem Erdbeben 542 stürzten die
Attribute des Helios herunter. Bei einem Unwetter im Jahre 1105 kamen die ganze Statue des Kaisers und mit ihr das Kapitell
sowie drei der Säulentrommeln zu Fall, wobei mehrere Menschen, die sich in unmittelbarer Nähe der Säule aufhielten, durch
die herabstürzenden Teile erschlagen wurden. Doch war damit das Ende der gewaltigen Porphyrsäule längst nicht besiegelt. Unter
Manuel Komnenos (1143–1180) erhielt sie Mitte des 12. Jhs. ein neues, im korinthischen Stil gestaltetes Kapitell, das nun
anstelle der Kaiserstatue ein Kreuz trug. Noch einmal wurde das Denkmal 1515, dieses Mal durch einen Brand, stark beschädigt,
woraufhin es mit eiserne Reifen, die die ramponierten Säulentrommeln zusammenhalten sollten, gesichert wurde, wovon sich der
türkische Name
Çemberlitaş
(»umgürtete Säule«) ableitet. Wann diese Maßnahme erfolgte, ist zwar nicht sicher belegt, doch berichten Reisende bereits
Mitte des 16. Jhs. von dieser
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