Byzanz
rief Loukas hilflos aus.
»Als alte Handelsherrin. Du weißt es, Papa, dass ich die Einzige bin, die eines Tages in der Lage sein wird, die Firma so erfolgreich zu führen wie du. Warum zögerst du noch, mich weiter auszubilden? Lass mich nicht nur im Kontor, nimm mich mit zu den Verhandlungen, lehre mich das Handwerk, lehre mich die Kunst!«
Nachdenklich sah der Admiral zu seiner Frau, dann stand er auf und ging zum Fenster. Mit den Fingern trommelte er auf das Fensterbrett, dass es fast wie Regen klang. Ein leichter Nieselregen. Schon als er seine Tochter als Neugeborenes im Arm gehalten hatte, war ihm bewusst geworden, dass sie ihm ähnelte und dass daraus ihre Konflikte entstehen würden. Und nun fragte er sich plötzlich, sollte er sie unglücklich machen, wo ihr Glück dem Handelshaus, der Familie zu großem Vorteil gereichen konnte? Als Kaufmann gab er mehr auf eine Kalkulation als auf die Konvention. Wenn er sie zu Besprechungen und vielleicht auch auf Geschäftsreisen mitnehmen würde, hätte er tatkräftige Unterstützung, wäre mit seiner Tochter zusammen, und vielleicht, ausgeschlossen war es nicht, lernte sie dabei auch einen Mann kennen, den sie aus freien Stücken heiraten wollte. Hinzu kam, dass seine geschäftlichen Aktivitäten eine Dimension erreicht hatten, wo er dringend Unterstützung benötigte. Er brauchte jemanden an seiner Seite, mit dem er sich beraten konnte und dem er vertrauen können musste wie sich selbst. Abgesehen von dem geschäftlichen Vorteil dämmerte Loukas, dass, wenn überhaupt, nur dieser Weg dazu führen würde, Anna zu verheiraten. Die Kosten-Nutzen-Rechnung fiel also eindeutig aus.
Er nickte ihr zu. »Wie du es willst, Anna, so soll es geschehen. Du bist ab jetzt mein Sozius. Ich nehme dich überallhin mit, du wirst alle Bereiche des Familiengeschäfts kennenlernen. Beklage dich aber später nicht darüber! Vergiss nie, dass du es so gewählt hast, nicht wir!« Während Anna jubelnd aufsprang, hielt sich Eirene die Hände vors Gesicht. »In dir stecken die Fehler deiner Urgroßmutter, der Kaiserin Helena, leider auch meine Fehler und die Tugenden deines Vaters, was konnte da schon anderes herauskommen?«, seufzte sie mit einem Lächeln, in dem sich Resignation und Stolz mischten. Ihre Tochter würde das erreichen, was sie sich als junges Mädchen erträumt hatte!
Es war spät geworden, sie hatten gerade die Musiker verabschiedet und standen im Begriff, sich wieder ins Schlafzimmer zurückzuziehen, als der Diener einen Besucher meldete, dessen ungewöhnlicher Name ihm so gar nicht im Gedächtnis haften bleiben wollte. »Ein Herr wie Ihr, der unsere Sprache nicht spricht, ich glaube ein Oitou.« Oitou? Was für ein Oitou, dachte Alexios und zog unwillig die Augenbrauen hoch. Dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Otto vielleicht? Otto von Weißenburg?« Der Diener schnitt ein unglückliches Gesicht.
»Führe ihn ins Speisezimmer.« In ihm kämpfte die Hoffnung, dass ihn wirklich sein Waffenbruder besuchte, mit der Furcht, dass er es tat, denn wenn er es wäre, käme er zur Unzeit. Auf dem Weg zum Speisezimmer klärte der Fürst seine Frau darüber auf, wer dieser Otto von Weißenburg war.
Sie standen vor der langen Tafel und schauten zur Tür. Ein Hüne in schwarzem Mantel, Kürass und Kettenhemd betrat klappernd den Raum.
»Otto!«, strahlte der Fürst und umarmte den Gast. Der bückte sich leicht, um die Umarmung zu erwidern. Alexios besaß eine große und stattliche Figur, doch gegen diesen Deutschen wirkte er zart und zerbrechlich. Ioanna empfand Furcht vor dem Hünen.
»Ioanna, das ist mein Waffengefährte Otto von Weißenburg, Drachenritter wie ich. Und das, Otto, ist meine Frau Ioanna.« Galant und mit einer Leichtigkeit, wie man es diesem großen Mann nicht zugetraut hätte, küsste er ihre Hand. Alexios rief derweil nach dem Diener und befahl ihm, Essen und Wein aufzutragen. »Du wirst hungrig sein, komm, setze dich und erzähle.«
Sie nahmen an der Spitze der Tafel über Eck Platz. Während der Diener Brot, kalten Braten, kaltes Geflügel und Obst herbeischaffte, dazu noch einen Krug Wein auf den Tisch stellte, berichtete Otto, dass König Wladislaw von Ungarn das Kreuz genommen habe. Kardinal Cesarini befände sich als päpstlicher Legat bei den Truppen, und Johann Hunyadi befehlige unter dem König die Streitmacht. Venedig, der Papst, Genua und die Burgunder steuerten eine Flotte bei, die im Schwarzen Meer und im Bosporus kreuzen
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