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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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trat. »Ich kann nicht bleiben. Die Soldaten werden Euer Haus vor Plünderung schützen, denn es ist offiziell mein Haus. Unsere Welt liegt in Trümmern, Loukas.« Der Wesir nickte ihm zu und ritt fort.
    »Wieso seine Welt? Er hat doch gesiegt?«, fragte Eirene verwundert.
    »Mehmed hat gesiegt, nicht er.«
    Drei Tage lang wurde die Stadt geplündert, Menschen wurden getötet, vergewaltigt, in die Sklaverei verkauft, Familien auseinandergerissen, bevor Mehmed dem Treiben Einhalt gebot. Die Zerstörung der Hagia Sophia hatte er unterbunden, weil er sie in eine Moschee umzuwandeln trachtete. Drei Tage lang versuchte Loukas vergeblich, eine Mannschaft zusammenzustellen, um mit einem Schiff aus der Stadt zu fliehen. Am vierten Tag befahl der Sultan den Großadmiral zu sich. Er sprach von seinem Plan, Konstantinopel zur Hauptstadt seines Reiches zu machen, und deutete an, dass er Loukas Notaras zum Verwalter der Stadt zu machen gedächte. Dann entließ er ihn huldvoll. Halil Pascha, der bei der Audienz zugegen war, verhielt sich auffallend zurückhaltend.
    Loukas hatte seiner Frau kaum von dem Gespräch mit dem Sultan berichtet, als dieser einen Reitertrupp schickte, der Loukas, Jakub und Demetrios in den Palast bringen sollte.
    Mehmed saß inmitten seiner Würdenträger auf teuren Teppichen, die sie im Audienzsaal ausgelegt hatten. Vor ihm standen Schälchen mit verschiedenen Speisen und Karaffen mit Wein. »Man hat mir gesagt, du hast einen hübschen Sohn, Loukas Notaras. Ich will ihn sehen.« Der Großadmiral erschrak. Mehmed erhob sich, kam auf die drei zu und fasste Jakub unters Kinn, wie man das mit jungen Mädchen macht.
    »Wirklich hübsch. Ich will ihn für meinen Harem.« Loukas’ Augen funkelten vor Zorn. »Niemals, du Schwein!«, brüllte er den Sultan an. Die Vorstellung, dass Mehmed seinen Sohn missbrauchen würde, kappte alle Taue der Selbstbeherrschung. Mehmed wich einen Schritt zurück und rang um Fassung. »So, du willst also nicht. Du spuckst in meine geöffneten Hände, du weist hochmütig meine Gaben zurück. Ich will dich zum Verwalter der Stadt machen, und deinem Sohn soll die Ehre zuteilwerden, in meinem Harem zu leben. Und du willst das alles nicht? Dann nimm, was dir zusteht. Enthauptet sie!« Die Wachen des Sultans fesselten Loukas, seinem Sohn Jakub und seinem Schwiegersohn die Hände auf den Rücken.
    »Ich konnte dich nicht besser schützen«, sagte Loukas.
    »Es ist nicht so schlimm, Papa. Im Himmel, da sehen wir uns gleich wieder, bei Nikolaos und Mitri, und Großvater und Großmutter bereiten sicher schon einen kleinen Empfang für uns vor«, sagte Jakub mit fester Stimme. Ein halb nackter Kerl mit schwarzen Pluderhosen und einer großen Schärpe zwang Demetrios in die Knie und schlug ihm mit dem Säbel den Kopf ab. Es hörte sich an, wie wenn ein Kürbis fällt.
    »Herr im Himmel …«, begann Loukas leise zu beten. Als Nächsten zwang der Halbnackte Jakub, den vierzehnjährigen Jungen mit dem dichten schwarzen Wuschelhaar und den dunklen Mandelaugen, die er von seiner Mutter hatte, in die Knie.
    »Steh mir bei in der Stunde meiner höchsten Not«, betete Loukas.
    Dann sauste der scharfe Stahl auf den Hals des Jünglings. Als der Kopf fiel und zur Seite rollte, applaudierte der Sultan. Loukas war aschfahl geworden. Er ging in die Knie, senkte den Kopf und spürte noch den leichten Luftzug und die Kühle des Stahls.
    Eirene und Theodora wollte man nach Edirne bringen, um sie dort in die Sklaverei zu verkaufen. Auf halbem Weg, bei einer Rast in einem kleinen türkischen Dorf, blieb Eirenes Herz stehen. So starb Eirene Palaiologina entfernt von ihrem Mann. Im Leben waren sie vereint, nicht aber im Tod. So weit reichte Gottes Gnade nicht.
    Alviso Diedo brachte Ioanna und Zoë zu dem Despoten von Epiros, Thomas Palaiologos. Nachdem Ioanna einer Grippe zum Opfer gefallen war, nahm er Zoé an Kindes statt an. Keine sechs Jahre später mussten auch sie vor den Türken nach Italien fliehen. Zoé heiratete 1472 den Großfürsten von Moskau, Iwan III. Als Ehemann einer Palaiologina betrachtete er sich als Erbe des Kaisers der Rhomäer, nannte sich fortan Zar und wählte als Wappen den byzantinischen Doppeladler. Seit dieser Hochzeit galt Moskau als Drittes Rom, nach der Tiberstadt und nach Konstantinopel. So erfüllte sich die Prophezeiung, dass Alexios Angelos Kaiser werden und sein Kind das Kaisertum der Rhomäer retten, erhalten und übertragen würde.

EPILOG
    Mehmed II. ließ Halil Pascha

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