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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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einen eigenen Hafen in Konstantinopel versprochen hatte.
    Der Alte war nicht nur gut informiert, er las zudem in seinem Herzen wie in einem offenen Buch! Dass es dem alten Notaras gelingen würde, diese Aussage aus seinem Waffenmeister herauszuprügeln, daran zweifelte Alexios nicht. Auch nicht daran, dass es ihm im Gegenzug glücken würde, diese Anschuldigung zu entkräften. Die Gefahr lag ganz woanders: Das Gerücht würde Misstrauen bei Manuel, aber auch bei Johannes wecken, und seine Bewegungsfreiheit wäre eingeschränkt. Denn wo Rauch war, da war auch Feuer – jedes Gerücht hatte einen wahren Kern. Mochte das Komplott auch erlogen sein, so stimmte es ja tatsächlich, dass er nach der Krone strebte! Alexios konnte kein Misstrauen, nicht einmal ein Zögern seines Gönners gebrauchen, in dessen Hinterkopf sich dieser Gedanke festsetzen würde. Fast fühlte er schon den prüfenden Blick des Mitkaisers auf sich ruhen, in dem die Frage lauerte, ob es möglich war, dass Alexios Angelos ihn eines Tages verraten würde. Angesichts dieser Situation fasste der Fürst einen Entschluss: Diese Ehe sollte eigentlich Wege öffnen und sie nicht verschließen. Er würde Eirene freigeben, sich aber eines Tages für diese Demütigung rächen.
    Alexios stand auf, nahm aus einem Stehpult Papier, Tinte, eine Gänsefeder und begann, den Text des Briefes abzuschreiben. »Ihr wisst, dass die Anschuldigungen von Jacques le Lame nicht der Wahrheit entsprechen. Ich wollte Euch nur darauf aufmerksam machen, weil ich nicht möchte, dass ein so ehrbarer Mann wie Ihr sich auf seine alten Tage der üblen Nachrede und der Verleumdung schuldig macht«, sagte er.
    »Denken wir lieber gemeinsam darüber nach, warum Euer Waffenmeister meinen Sohn töten wollte und was mit Jacques le Lame geschehen soll.«
    »Da ich ihn schon vor Tagen entlassen habe, weil sich sein Geist verwirrt hatte, verfahrt mit ihm, wie es Euch beliebt. Die Franken trinken einfach zu viel, dazu die ungewohnte Sonne …«, entgegnete Alexios. Er beendete den Brief, ließ ihn auf den Tisch fallen und verließ grußlos das Kontor. Während er die Treppenstufen nahm, ging er in Gedanken die Töchter der Palaiologen durch – vielleicht ließe sich ja doch noch eine kaiserliche Braut finden, die jünger, unerfahrener, biegsamer als die störrische Eirene war. Als er die Tür zu seinem Schlafgemach aufstieß, spürte er, wie sich seine ganze Wut in seinem Unterleib versammelt hatte …

18
    Kaiserpalast, Konstantinopel
    Zu jener Abendstunde lief Eirene pochenden Herzens zu den Gemächern ihrer Großmutter. Helena empfing ihre Enkelin im Handarbeitsraum. Wenn sie sich nicht um den Garten und den Park kümmerte, liebte es die Kaiserin, Seidenstickereien anzufertigen. Sie fand ihre Mitte in körperlicher Arbeit, sei es im Pflanzen oder Sticken. Anders als bei der Beschäftigung mit Politik. Sie hatte dann im Gegensatz zur Politik das Gefühl, dass sie etwas Nützliches und hier und da auch etwas Bleibendes schuf.
    Eirene kniete vor ihr nieder. Helena legte den Stickrahmen aus der Hand und bot ihrer Enkelin den Platz neben sich an. Ihr volles schwarzes Haar durchzogen erst wenige Silberfäden.
    »Du kommst wegen Alexios?« Eirene nickte. »Ich habe deinen Großvater zum ersten Mal kurz vor unserer Hochzeit getroffen. Und unter uns gesagt, der Traum meiner Träume war er nicht gerade. Aber mit den Jahren und mit viel Geduld haben wir zueinandergefunden.«
    Eirene erinnerten ihre Worte daran, dass Manuel II. nicht nur eheliche Kinder hatte. »Alexios ist ein stattlicher Mann«, sagte die Kaiserin und sah ihre Enkelin forschend an. »Welche Frau wäre nicht höchst erfreut, ihn zum Manne zu bekommen?«
    »Soll ich diplomatisch antworten, oder wollen wir Zeit sparen?«, fragte Eirene.
    »Sicher hat er Seiten, die abstoßend sind. Aber – glaub einer alten Frau, die so manches im Leben gesehen oder gehört hat – welcher Mann hat die nicht? Männer sind eigentlich keine Menschen. Bestenfalls sind sie Tiere, schlimmstenfalls Bestien, fast immer aber Schweine. Wir müssen sie erziehen! Erst zu Menschen machen. Schau, der Mann mag ja das Haupt der Familie sein, aber dann ist die Frau der Hals – und letztlich kann der Kopf nur dahin, wohin ihn der Hals lässt.«
    »Ihr sprecht vom Erziehen, ich vom Krieg!«
    Helena lachte auf, als hätte sie einen guten Scherz gehört. »Ach, Kind, du übertreibst! Der Mann ist die Aufgabe der Frau, daran führt kein Weg vorbei. Und es ist eine

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