Byzanz
nicht angewiesen.
Im gleichen Augenblick, in dem er in die eine der beiden Hetären eindrang, während die andere von hinten sein Gemächt massierte, riss ihn Gebrüll und der Lärm, den Schwerter verursachen, aus dem seligen Gefühl kosmischen Verströmens. Er kam zu früh, stieß unwillig die Frau weg, die ihn gestreichelt hatte, zog eine weiße Tunika über, die er mit einer roten Kordel verschloss. Dann griff er nach seinem Schwert und lief fluchend die Treppe hinunter.
Im Vestibül stand Nikephoros Notaras. Seine Leute hatten die Diener des Fürsten unter vorgehaltenen Schwertern zu Boden gezwungen. Alexios zog blank.
»Ich bin gekommen, um zu reden, nicht um zu kämpfen«, brummte Nikephoros.
»Ihr seid hier eingedrungen. Dafür werdet Ihr gevierteilt!«
»Bin ich in die Wohnung der Angeloi im Blachernenviertel eingebrochen? Nein! Konnte ich wissen, dass dieses Meuchelmördernest Euch gehört? Nein! Mir hat Jacques le Lame nur gesagt, dass ich hier den Auftraggeber für den Anschlag auf das Leben meines Sohnes finde. Also was wollt Ihr?«
»Ihr werdet gevierteilt, schon weil Ihr mich bei einer dringenden Angelegenheit gestört habt!«
»Übers Vierteilen können wir später immer noch reden. Jetzt aber legt erst einmal das Schwert weg. Dann unterhalten wir uns wie verantwortungsvolle Männer und drohen einander nicht wie dumme Kinder. Oder ich gehe und weiß nichts von der grauenvollen Bluttat, die hier geschieht. Ihr wäret so oder so verloren.«
»Und Ihr auch!«, schäumte Alexios vor Wut.
»Wir sind alle in Gottes Hand.«
Selbst wenn er die Oberhand behielte, dachte Alexios, gäbe es einen Skandal, bei dem vieles zur Sprache kommen würde, das er in der Öffentlichkeit lieber unerwähnt ließe. Also schritt er unwillig die Treppe hinunter.
Einer von den Leuten des alten Seeräubers nahm ihm grinsend das Schwert aus der Hand. Alexios führte seinen ungebetenen Gast in einen kleinen Raum, eine Art Kontor, der vom Vestibül abging. Er zündete einen Leuchter an, der auf einem kleinen runden Tisch stand. Die beiden Männer setzten sich gegenüber.
»Wo ist mein Waffenmeister?«, blaffte Alexios.
Nikephoros ließ sich nicht beirren und entnahm einer Ledertasche ein Schriftstück, das er auf den Tisch legte.
»Was ist das?«
»Ein Brief an Eirene Palaiologina, in dem Ihr Euer Bedauern äußert, dass Ihr Euch anderweitig verliebt habt und sie deshalb weder heiraten könnt noch wollt.«
Fassungslos las der Fürst den Brief, den er abschreiben sollte. Wütend zerriss er das Blatt. »Wie könnt Ihr es wagen, gemeine Krämerseele!«
»Euer Waffenmeister befindet sich in meiner Obhut, wo, spielt keine Rolle«, sagte Nikephoros ruhig.
»Er kann behaupten, was er will. Sein Wort hat gegen meines keinen Bestand.« Alexios lachte lauthals auf. »Und jetzt könnt Ihr gehen, armer alter Narr.«
Doch Nikephoros machte keine Anstalten, sich zu erheben. Seelenruhig legte er ein neues Exemplar des Briefes auf den Tisch. »Es fällt doch auf, dass Euer erster Waffenmeister ein Katalane war und Euer zweiter ein Franke, beides also keine Griechen.«
»Weil die Griechen nicht kämpfen können.«
»Weil die Griechen nicht gegen ihren Kaiser kämpfen werden?«
Empört sprang Alexios auf. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Jacques le Lame belastet Euch schwer. Er behauptet, Xavier del Mar habe die Verbindung zu den Katalanen, besonders zu den katalanischen Seeräubern in der Ägäis hergestellt und er selbst in Eurem Auftrag die zu den Franken auf der Peloponnes und den Inseln. Der Franke schwört, dass Ihr mit den Lateinern ein Bündnis schmieden wollt, um den Kaiser zu stürzen und Euch selbst die Krone aufs Haupt zu setzen.«
Wenn auch das Bündnis erfunden war, so fuhr Nikephoros doch schweres Geschütz auf. Allerdings ahnte er nicht im Geringsten, dass seine phantastische Konstruktion ins Schwarze traf. Alexios unterdrückte einen Fluch und fragte sich, woher der Kaufmann von dem erfahren hatte, was nur er allein wusste. War Magie im Spiel, konnte er hellsehen? Alexios nahm sich vor, vor diesem Mann auf der Hut zu sein.
»Euer Waffenmeister wusste auch zu berichten, dass der Papst Euer geheimes Lustschloss finanziert, damit Ihr unsere heilige Kirche unter das römische Joch zwingt«, fuhr Nikephoros ungerührt fort. Auch das war gelogen, doch der Fürst würde diesen Punkt nicht entkräften können, denn das Geld für seinen Stadtpalast stammte zwar nicht vom Papst, dafür aber von den Venezianern, denen er
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