Byzanz
sie auf seine Oberschenkel legte. »Angenommen, der Wunsch der beiden Liebenden würde sich erfüllen und sie würden den Bund der Ehe eingehen, dann wäre jeder Verdacht gegen den Fürsten ausgeräumt, und wir könnten uns für den Waffenmeister ein apartes Motiv ausdenken. Was wissen wir schon von den widernatürlichen Leidenschaften der Franken?«
»Dennoch bliebe die Schande beim Fürsten«, wandte Manuel ein.
»Nicht, wenn der Fürst zuvor eine andere Frau heiratet. Dann wäre es sogar Eure Pflicht, Eirene einen anderen Mann zu suchen, um ihre Ehre zu schützen.«
Manuel fragte sich, ob er empört oder erfreut sein sollte, aber selbst wenn Empörung siegte, würde sie die Freude über den intelligenten Schachzug kaum dämpfen.
»Bliebe nur der Standesunterschied zwischen den Palaiologen und der Notaras-Familie.«
»Gewiss, das ist der heikle Punkt. Aber würde eine verstoßene Braut nicht zwangsläufig den Notaras näherstehen als den Palaiologen? Und vergesst nicht, wir reden nur über eine Frau, über eine Eurer vielen Enkelinnen. Wir würden natürlich Verzicht leisten. Niemand, der aus dieser Verbindung hervorgeht, darf Anspruch auf den Namen Palaiologos oder auf den Kaiserthron erheben.«
»So könnte es gehen …«, sagte der Kaiser bedächtig und legte die Hand an die Wange.
»Ihr habt mich gebeten, auch Eurem Sohn treu zu dienen. Darf ich nun so zu Euch sprechen, als wäre ich der Berater des Mitkaisers?«
Manuel fiel ein, dass Alexios ja der Günstling seines Sohnes war, wodurch auch Johannes mit dieser Angelegenheit zu tun hatte. Nikephoros hatte in der Tat nichts übersehen. »Nur zu«, ermunterte ihn der Kaiser.
»Es ist nur der Rat eines einfachen Mannes. Aus Sicht des Mitkaisers wäre eine Ehe zwischen Eurer Enkelin und Loukas Notaras sogar besser als eine Vermählung mit Alexios Angelos.«
»Aus welchem Grund?« Manuel zog gespannt die Augenbrauen hoch, denn nun spielte sein Dolmetscher va banque. Würde Nikephoros es wagen, Manuel II. und seinen Sohn und Mitkaiser für seine eigenen Interessen zu benutzen? Diese Missachtung würde ihm nie vergeben werden. Aber Nikephoros wusste, dass ein Aphorismus mehr bewirkte als tausend Ratschläge. »Mächtige noch mächtiger zu machen bedeutet für den Herrscher Gefahr, wo es doch so viel sinnvoller ist, die Macht der anderen zu teilen und zu streuen. Divide et impera , wie die alten Cäsaren sagten.«
»Teile und herrsche«, wiederholte der Kaiser auf Griechisch. »Du weißt, mein alter Freund, dass ich dir und deinem Hause gewogen bin. Wenn Alexios Angelos freiwillig auf die Hochzeit mit meiner Enkelin verzichtet – damit es kein böses Blut gibt, versteht sich –, werde ich der Verbindung mit deinem Sohn nicht im Wege stehen.«
Mehr hatte Nikephoros nicht erwarten dürfen. Dennoch stöhnte er innerlich auf, während er sich überschwänglich bei dem Kaiser für seine Großmut und sein Wohlwollen bedankte. Im Stillen haderte er damit, weshalb es im Leben nicht auch einmal leicht sein konnte. Nichts lief von allein, selbst das Geringste musste hart erkämpft werden. Er würde mit dem Fürsten reden müssen.
17
Palast des Alexios Angelos, Konstantinopel
Und Alexios Angelos? Fluchte darüber, dass sein Waffenmeister, jetzt, wo er ihn benötigen würde, wie vom Erdboden verschwunden blieb. Eirene hatte dunkle Andeutungen gemacht, aber was zum Teufel hatte sie gemeint? Ihm fehlte die Zeit, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen. Morgen schon würde er nach Rumelien reisen, um ein diplomatisches Netz für Johannes, vor allem aber für sich zu knüpfen, ein Netz, in dem er die Spinne war. Die Bitte, nach Ungarn, in die Walachei, nach Serbien und Albanien zu reisen, kam wie gerufen. Allerdings hatte ihm Johannes nicht verraten, dass auch andere geheime Missionen starteten.
Nach seiner Rückkehr würde endlich geheiratet werden. Johannes hatte versprochen, sich in seiner Abwesenheit um die leidige Angelegenheit zu kümmern. Arme Eirene, was sollte, was konnte sie dagegen schon unternehmen? Doch heute mochte er nicht mehr an diese anstrengende Frau denken, sondern sich vergnügen. Deshalb begab er sich in seinen kleinen Stadtpalast.
In seinem Schlafzimmer ließ sich Alexios gebratenes Huhn und Wein auftischen und schickte nach zwei erfahrenen Hetären, die Phantasie und Geschicklichkeit besaßen und keine Grenzen kannten. Er würde ihnen zuschauen, bis ihn die Lust ankam, mitzumachen. Auf die dürftige Tafel seiner künftigen Frau war er
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