BZRK Reloaded (German Edition)

Hand.
    »Officer! Officer! Sie müssen mir helfen, ich genieße diplomatische Immunität!« Er kramte in seiner Tasche und zog seinen Pass hervor, den segensreichen Diplomatenausweis, auf dem in großen, goldenen Lettern das liebliche Wort »Diplomat« geprägt war. Der Polizist hatte gewiss schon oft solche Ausweise gesehen.
    »Es gibt Zeugen!«, warnte Farid. »Es gibt Zeugen! Farid Berbera, libanesische Botschaft.« Es gab zwar Zeugen, aber sie waren nicht auf seiner Seite. Deshalb sagte er etwas, von dem er vorher nie geglaubt hatte, dass er es sagen würde: »Ich gehöre zu Anonymous. Sie wollen mich aufhalten, bevor ich sagen kann, was ich weiß.«
    Die Frau und ihre zwei Agenten setzten sich grimmig in Bewegung, doch der Polizist stellte seinen Kaffee und das Gebäck ab und sagte: »Moment mal, einen Augenblick. Das ist mein Revier, ich melde das.«
    »Sie melden hier gar nichts«, fuhr ihn die Frau an.
    »Wer sind Sie denn, das FBI? Lassen Sie mich Ihre Marke sehen«, sagte der Polizist, und einer der Caf é gäste sagte: »Genau!«
    Handys wurden gezückt, um Fotos zu machen.
    »Dieser Mann ist ein gefährlicher Krimineller«, sagte die Frau. »Wir sind vom FBI. Nehmen Sie die Kameras herunter und …«
    »Zeigen Sie uns Ihre Marke«, rief eine zweite Stimme.
    Der Polizist war nun eindeutig alarmiert, hin- und hergerissen zwischen dem instinktiven Bedürfnis, den Pöbel kleinzuhalten, und dem ungewohnten Gefühl, dass die Leute endlich einmal auf seiner Seite standen.
    »Zeigen Sie doch bitte einfach mal einen Ausweis, Ma’am. Wenn Sie vom FBI sind, gibt es bestimmt eine Lösung.« Er wollte den Fall melden, war sich aber nicht ganz sicher, welchen Code er angeben sollte. War das ein 10–31? Oder eher ein 10–34?
    »Wir gehören zur ETA«, sagte die Frau und klappte ihren Ausweis auf.
    Der Polizist runzelte die Stirn. »Entschuldigen Sie, ich kenne mich nicht mit allen …«
    »Emerging Technology Agency.«
    Der Polizist blinzelte. Starrte sie an. Lachte. »Sie wollen mich wohl verarschen.«
    »Die wollen verhindern, dass ich sage, was ich weiß. AFGC. Nanotechnologie. Ein Video von Falkenhym, wie sie ihren Mann ermordet. ›Gray goo‹-Szenario.« Farid wiederholte es immer wieder, in Schleife, panisch, während der Polizist die Agenten ausquetschte und die Caf é besucher die ganze Szene übers Internet verbreiteten. »Farid Berbera. Anonymous. Libanesische Botschaft.«
    »Gute Frau«, sagte der Polizist, »in dieser Stadt muss ich mich mit FBI, Geheimdienst und DEA herumschlagen, aber ich habe garantiert noch nichts von einer ETA gehört, und deshalb verhaften Sie niemanden …«
    PENG!
    Erst als der Schuss krachte, bemerkte Farid die Pistole in der Hand der Frau.Der Polizist trug eine kugelsichere Weste. Doch die schützte nicht sein Gesicht. Und verhinderte auch nicht, dass die Kugel beim Austreten im Nacken ein Loch riss und Rückenmark und Blut über den Verkaufstresen verspritzte.
    »Töten Sie alle«, sagte die Frau. »Es dürfen keine Zeugen zurückbleiben.«
    Drei Pistolen eröffneten das Feuer.
    Irgendwie, Farid war später nicht mehr in der Lage zu erklären, wie genau, fand er sich auf die Ellbogen gestützt hinter dem Tresen wieder, wimmernd und krabbelnd, während – PENG! PENG! PENG! PENGPENGPENG! – die gläserne Auslage voller Croissants und belegter Brötchen splitterte. Schreie. Leute schrien unsinniges Zeug wie: »Hey, was machen Sie da?« Tische wurden umgeworfen. Rauch stieg auf.
    »Hören Sie auf! Hören Sie auf!«
    Dampf zischte aus einem Einschussloch in der Espressomaschine.
    Die Frau, noch immer mit einer Zigarette im Mundwinkel, ging um den Tresen herum und – PENG! – erschoss die Barista, die sich gerade duckte. Und zielte – PENG! – auf Farid, doch der Schuss ging daneben, da Farid aufsprang und davonrannte. Schreiend lief er zu den Regalen, griff nach ein paar Büchern und schleuderte sie über die Schulter nach hinten.
    PENG! Und die Kugel schlug in ein dickes Buch über Politik ein, ließ es im Flug explodieren, machte Konfetti aus seinen Seiten.
    Die Schüsse und Schreie aus dem Caf é ebbten ab, und jetzt hörte man ein Martinshorn, zu spät, viel zu spät, denn Farid stolperte, fiel gegen einen mit Büchern beladenen Tisch, glitt zu Boden und blickte in den Lauf einer Pistole.
    Er sagte: »Nein!«
    PENG!
    Sein Kopf wurde herumgerissen, ein stechender Schmerz in seinem Mund.
    Rauch waberte.
    Die Agentin sah ihn geradewegs an, der Pistolenlauf war weniger als