BZRK Reloaded (German Edition)
ihm das zur Gewohnheit.
Das Handy klingelte.
Der Mann lachte, weil er dachte, die Pistole wäre ein Spielzeug.
»Komm her und …«
Das Mündungsfeuer erleuchtete die Brücke über ihren Köpfen. Die Kugel, die das Gesicht des Mannes wie beabsichtigt nur knapp verfehlte, landete im Wasser des vom Regen angeschwollenen Bachs.
»Verdammte Scheiße!«, kreischte der Mann.
»Ich habe gestern schon einen Haufen Typen umgelegt«, sagte Billy. »Dich kann ich genauso erschießen.«
Als Billy die SMS las, war er allein.
Halt dich versteckt. Hilfe unterwegs. Lear.
Ein paar hundert Meilen nördlich, in New York, betrachtete Burnofsky die Daten, die über seinen Monitor flirrten.
Vier Hydren hatten jeweils eine Kopie von sich selbst erschaffen.
Acht Hydren hatten jeweils eine Kopie von sich selbst erschaffen.
Sechzehn Hydren hatten jeweils eine Kopie von sich selbst erschaffen.
Zweiunddreißig …
Vierundsechzig …
Einhundertachtundzwanzig …
Jede Runde dauerte sieben Minuten. In einer guten halben Stunde waren aus den vier Hydren über einhundert geworden.
256, 512,1024 , 2048 , 4096 , 8192 , 16384.
So sah die Zahl nach einem Dutzend Zyklen aus, nach vierundachtzig Minuten.
32768, 65536, 131072, 262144, 524288, 1048576.
Es hatte achtzehn Zyklen, zwei Stunden und sechs Minuten gedauert, bis aus vier Hydren mehr als eine Million geworden waren. Und das bedeutete natürlich mindestens zwanzig Millionen MiniMilben.
Er hatte eine Maus als Baumaterial genommen. Burnofsky ließ sich das Video von der Maus zeigen, erst unbeteiligt, dann aufgeregt, dann vollkommen aufgewühlt, als Schwanz und Beine von den Hydren und ihren MiniMilben abgenagt wurden.
Wenn er das Video schneller laufen ließ, konnte er in einer einzigen Sequenz beobachten, wie der Rücken der Maus zusammenfiel, wie sie kleiner und kleiner wurde, bis nur noch ein paar Knochen und Fleischfetzen übrig blieben, die schließlich auch verschwanden, ersetzt durch einer schäumenden Masse blau getönter Nanobots. Sie sahen aus wie rohes Eiweiß, dachte er, oder wie das Zeug, das aus einem angebohrten Augapfel rinnt.
»Schleim« musste man in Ermangelung eines besseren Wortes wohl sagen.
Die Welt würde qualvoll und verzweifelt untergehen. Und Burnofsky würde natürlich ebenfalls sterben, aber, wie er hoffte, als Letzter. Als Letzter und Bester und auf einer Opiumwolke schwebend.
Aber jetzt noch nicht.
NEUN
In der realen Welt hatte Farid noch nie jemanden von Anonymous getroffen. Schon allein die Tatsache, dass er um ein Treffen gebeten worden war, war außergewöhnlich und versetzte ihn in Panik.
Er war schreckhaft, seit er in das System von AFGC eingedrungen war. Dank diplomatischer Immunität war seine Familie zwar vor Verfolgung gefeit, aber diese Immunität würde nicht viel wert sein, wenn es amerikanische Geheimdienstleute auf ihn abgesehen hätten. Die würden ihn zwar nicht auf offener Straße entführen – dafür gaben sich die Amerikaner viel zu gern der Illusion von Recht und Ordnung hin –, aber in der Stadt wimmelte es von Verbündeten der Amerikaner, die keine solchen Skrupel hegten. Die Saudis womöglich, oder die Israelis.
Und jetzt diese Bitte um ein persönliches Treffen mit d0wnb1anki3. Blankies Name hatte einiges Gewicht. Dennoch schwitzte Farid heftig als er im Starbucks in der Connecticut Avenue saß. Er versuchte, nicht allzu auffällig nach der »farbigen Frau mit einem Rucksack, auf dem ein Bild von Bob Marley drauf ist« Ausschau zu halten.
Er wartete bis zum vereinbarten Zeitpunkt. Er wartete, bis nach dem vereinbarten Zeitpunkt zehn Minuten verstrichen waren. Nervös von zu viel Koffein und zu wenig Schlaf erhob er sich und ging nach draußen, um eine zu rauchen.
Und da war sie, wie beschrieben. Eine Afroamerikanerin mit einem Bob-Marley-Rucksack. Sie eilte über die Straße und wirkte ganz wie jemand, der zu spät zu einer Verabredung kommt.
Farid zog kräftig an seiner Zigarette, da er sie in wenigen Sekunden wahrscheinlich wieder ausmachen musste. Doch die Frau ging direkt auf ihn zu, sah ihn fragend an, machte mit den Fingern ein Peace-Zeichen und dann eine »Gib-her«-Geste. Farid rückte eine Marlboro für sie heraus.
Er zündete ihre Zigarette mit seinem Marilyn-Monroe-Feuerzeug an, und sie sagte: »Gehen wir ein Stück.«
Sie nannte ihm ihren Namen nicht, und er fragte auch nicht danach. Sie ging voraus, nach Süden Richtung Dupont Circle. Der Gehweg wimmelte von Leuten – wie immer –, aber sie
Weitere Kostenlose Bücher