BZRK Reloaded (German Edition)
Zehnern. Wenn wir uns ihm zu viert entgegenstellen, braucht er nur einen von uns auszuschalten.« Er hob einen manikürten Finger. »Ein Treffer, und wir sind erledigt. Das ist unsere Schwäche. Alle vier von uns auf einmal? Damit würden wir Bug Man nur eine Gelegenheit verschaffen, unsre gesamte Zelle auf einen Streich auszulöschen.«
»Selbst wenn ich Vincent irgendwie helfen könnte«, sagte Plath, »warum glaubst du, dass Vincent Bug Man dieses Mal besiegen kann?«
»Weil er dann auch den neuen Biot haben wird, der schneller, stärker und besser bewaffnet sein wird«, sagte Anya. »Wir werden einen für ihn züchten.«
»Außerdem haben wir keine andere Wahl«, sagte Nijinsky. »Entweder Vincent oder wir verlieren.«
Charles Armstrong hatte sich schon einmal mit Benjamin gestritten.
Im Alter von zwölf Jahren. Als sie in der düsteren Villa ihres Großvaters gelebt hatten. Oben in der Puppenstube.
Die Schaufensterpuppen hatten alle moderne Kleidung getragen, die aktuelle Mode. Alle hatten Augen und Münder – denn die eher abstrakten Puppen mit lediglich angedeuteten Gesichtszügen waren nichts für Charles und Benjamin. Nein, ihre Schaufensterpuppen waren richtige Persönlichkeiten mit eigener Meinung. Und Haaren.
Ludmilla, eines der Dienstmädchen des Großvaters, zog die Puppen an. Die Kleider kamen von Leuten, die bei Bloomingdale’s und Macy’s einkauften. Die Puppen selbst kamen von Schaufensterpuppenfirmen.
Anlässlich ihres zwölften Geburtstags schenkte man ihnen ein besonders attraktives Puppenpärchen, zwei weibliche Puppen, die eine mit einer Perücke aus langem, steifem, honigfarbenem Haar. Die andere sah genauso aus, bis auf die Perücke, deren schwarze Haare kurz und keck geschnitten waren.
Die Jungen tauften die beiden neuen Geschöpfe in ihrer Puppenstube Jessie und Betty.
Jessie und Betty wurden ein Teil des Klassenzimmertableaus, zusammen mit der Lehrerin, Mrs Munson, und den vier Schülern an ihren Tischen, Tim, Tony, Terrell und Ty.
Jessie und Betty sollten die Schulkrankenschwester und die Musiklehrerin werden.
Betty, die Dunkelhaarige, war die Musiklehrerin. Über ihrer Schulter hing ein Saxophon. Ihre Augen waren blau und sahen einen nie an, sondern, weil es ein Künstler so gewollt hatte oder aufgrund eines Fehlers, immer an einem vorbei.
Benjamin kam als Erster mit der Idee an, dass man aus den beiden Schaufensterpuppen das Äquivalent von Charles und Benjamin machen könnte.
»Wir bräuchten nur eine Säge«, hatte er gesagt. »Eine Säge, etwas Klebstoff und ein paar Klammern.«
Der Streit war nicht dadurch ausgelöst worden. Er war aufgekommen, weil Charles gemeint hatte, Sie sollten das gleiche Haar haben. Benjamin hingegen gefiel die Tatsache, dass sie diesen kleinen Unterschied aufwiesen.
Sie hatten gerade umständlich an dem harten Kunststoff herumgesägt, als der Streit eskaliert war. Charles hatte seinen Bruder mit der Säge bedroht und wild mit ihr herumgefuchtelt, als die Zwillinge sich vor einem gewölbten Standspiegel in einem ovalen Rahmen miteinander gestritten hatten.
Benjamin hatte angefangen zu schreien. »Nimm die Säge! Nimm doch die Säge und schneide uns auseinander! Säge uns auseinander!«
Dann hatte Benjamin Jessie einen Arm ausgerissen und Charles damit verprügelt.
Nicht ihr erster Streit, und auch nicht ihr letzter.
Aber die beiden hatten stets einen Weg gefunden, damit umzugehen. Sie liebten einander. Was wäre die Alternative gewesen? Sie waren aneinandergekettet.
»Wir werden dieses Mädchen nicht verstümmeln, bloß weil sie dich an Sadie McLure erinnert«, sagte Charles.
»Sieh sie dir an«, höhnte Benjamin. »Sie glaubt, sie sei schön. Ob sie mich wohl auch für schön hält?« Er starrte Minako an. Sie war an Handgelenken und Knöcheln mit Handschellen an eine fahrbare Krankentrage gekettet. Er wollte sein Gesicht zu ihrem hinunter neigen, doch Charles hielt dagegen. Fast wären sie umgefallen. KimKim, den man ihnen als Diener zugestellt hatte, fing sie auf, indem er geistesgegenwärtig nach Charles’ Arm griff. So schnell es ging, ließ er wieder los. Ling, die gegenüber stand, sah ihn giftig an.
»Bruder, wir können uns nicht schön machen, indem wir andere verschandeln«, drängte Charles. »Du weißt, dass es so nicht geht. Wir sind hier bei unserem Volk. Sie lieben uns.«
»Sie haben keine andere Wahl!«, tobte Benjamin.
»Genauso, wie die Leute keine andere Wahl haben, als uns zu fürchten«, stellte Charles
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