BZRK Reloaded (German Edition)
fest.
»Ich habe genug davon. Ich habe von all dem genug. Mir reicht’s. Mein ganzes Leben lang … will ich …«
»Was willst du, Ben?« Charles spürte, wie sich ihm Herz und Brust zusammenzogen, bedrückt von den Gefühlen seines Bruders.
»Nicht mehr länger das hier sein müssen«, rief Benjamin aus. »Ein Mann sein und kein Monster. Ein Mädchen anlächeln, ohne dass es schreiend davonläuft. Das ist doch krankhaft, oder? Ich sollte mein Leben akzeptieren. Wie armselig.«
»Wir akzeptieren es nicht«, blaffte Charles. »Und bitte hör auf damit, wir hyperventilieren, ich bekomme kaum Luft! Wir akzeptieren nichts. Wir verändern die Welt! Wir erschaffen die menschliche Rasse neu! Auf diesem Schiff haben wir damit begonnen. Mein Gott, hast du den Jubel und die Schreie gehört? Das war Liebe, Bruder. Es war Liebe zu uns.«
Benjamin sagte nichts, sondern stierte nur das völlig verängstigte Mädchen mit den paar Sommersprossen an. Endlich sagte er mit verträumter Stimme: »Ich habe schon daran gedacht, mich von Burnofsky verdrahten zu lassen.«
»Was?«
»Aber es würde nicht funktionieren, stimmt’s? Das weißt du doch, Charles? Denn wenn man ein Gehirn verdrahtet, kann man nur die Dinge verbinden, die auch da sind. Und die Erinnerungen in meinem Kopf, wie soll man aus ihnen Glück zapfen können? Freude? Als dieses bösartige Mädchen, Grey McLures Brut, in meinem Gehirn war, was hat sie da verdrahtet? Alten Hass mit neuem. Alten Schmerz mit neuem. Leere, Bruder, du weißt, dass es so ist, Leere. Das ist es, was sie mich sehen ließ. Das ist es, was ich nicht überspielen kann. Wo immer sie mit dem Haken hineinstach, traf sie auf Trauer und Wut und Schmerz. Und nirgends auf Glück.«
»Wir hatten gute Zeiten«, sagte Charles müde.
Benjamin lachte kurz. »Weißt du, welche Erinnerung sie angezapft hat? Bestimmt nicht die, die sie sich erhofft hat, aber da war sie, die Erinnerung an den Tag, den Morgen, als Sylvie und Sophie Morgenstein erwachten.«
Charles biss sich auf die Lippe und schloss die Augen, da er sich nun auch daran erinnerte.
»Wie sie geschrien haben«, sagte Benjamin. »Nicht, weil sie uns gesehen haben, sondern weil wir sie zu uns gemacht haben. Hübsche Zwillinge, zusammengenäht. Sie haben den Schrecken ihres künftigen Lebens gesehen. Sie haben gesehen, welchen Schrecken es bedeutet, wir zu sein.«
»Sie hatten Schmerzen«, sagte Charles. »Sie waren furchtbar erschrocken.«
»Ich war nie wieder so glücklich wie in jenem Augenblick«, sagte Benjamin.
Charles schwieg. Was sollte er dagegen vorbringen? Die Erinnerung stand ihm auch klar vor Augen. Das Gefühl von … was? Ja, Rache. Nicht nur an den Morgenstein-Zwillingen, sondern an allen, die jemals die Nase gerümpft, gespottet oder gekreischt hatten.
Rache.
Das Wort musste bis in Benjamins Gehirn gedrungen sein, denn er griff es auf. »Rache an ihnen allen. An unserem Vater, an unserer Mutter. Am Leben. An Gott.«
Dann schluckte Charles trocken. »Diese Maßnahmen sind nicht länger nötig. Wir haben jetzt eine Technologie. Dieses Mädchen, wir wollen nicht, dass es schreit, wir wollen, dass es singt wie alle anderen auf diesem Schiff. Außerdem wäre es nicht dasselbe. Sie ist kein Zwilling.«
»Sie ist kein Zwilling«, räumte Benjamin ein. Dann leuchteten seine Augen auf. »Es gibt keinen Twitcher. Aber wir haben die Ausrüstung an Bord. Es gibt Nanobots.«
»Wir haben nie …«, begann Charles, aber der Gedanke faszinierte ihn.
»Wir haben so oft dabei zugesehen«, sagte Benjamin. Er streichelte Minakos Schläfe, und sie versuchte, sich wegzudrehen, als wäre seine Berührung verseucht und giftig. »Sie darf nicht ungestraft bleiben. Das lasse ich nicht zu. Nicht nach dem, was die McLure-Göre mir angetan hat. Nein, das war das letzte Mal, dass ich erniedrigt und zum Narren gemacht wurde.«
Charles war nicht ganz wohl bei der Sache, aber das war besser als die Alternative. Und es passte zu den Überzeugungen, die sie inzwischen hatten, zu dem aufgeklärten Verständnis, das Hand in Hand mit der Möglichkeit des Verdrahtens gekommen war. Terrorisieren und Schmerzen zufügen, ja, aber nur, wenn es nötig war. Das Mädchen auf der Nanoebene zu bezwingen, würde Benjamin das Gefühl von Macht geben, und zwar hoffentlich, ohne dabei seinem aufkeimenden Wahnsinn Nahrung zu geben.
»Dann lass uns gehen, mein Bruder und Freund«, sagte Charles. »Lass uns gehen ins … Wie sagen die Twitcher gleich noch mal?«
»Tief
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