C14-Crash
ender Menge an C14 auszugehen.
Diese ursprüngliche Annahme Libbys sollte der Eleganz (und der Praktikabilität)
der C14-Methode dienen, ist aber durch Messungen am neuseeländischen Kauri-
Baum sowie an der amerikanischen Sequoia Sempervivens einerseits und durch die
Tatsache des Konzentrationsungleichgewichts zwischen Atmosphäre und Ozean
andererseits fast von Beginn an in Frage gestellt gewesen.
1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch
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deutet. Was an C14 in der Atmosphäre erzeugt wird, landet zu über 90% in
dem gegenüber der Atmosphäre ungesättigten Tiefenwasser der Ozeane, dem
ein Mehrfaches des kompletten C14-Inhalts der Atmosphäre »fehlt«. Die Exi-
stenz dieses Konzentrationsgefälles muß die Frage aufwerfen, ob und um wie-
viel die C14-Produktion höher als die globale Zerfallsmenge liegen wird und
ob nicht die C14-Konzentration der Atmosphäre noch im Steigen begriffen
ist?
Jeder »wiggle« in einer Baumringsequenz signalisiert, daß die Atmosphä-
re einmal einen deutlichen Anstieg und dann wieder einen deutlichen Abfall
der C14-Konzentration durchgemacht hat. Diese Zu- und Abnahmen können
bis zu mehreren Prozent in einem Jahrzehnt betragen. Als Grund des Konzen-
trationsanstiegs kommt ein Anstieg der Produktion in Frage, genauso aber
auch die »Sperrung« des Übergangs – der Diffusion – des weiterhin mit nor-
maler Rate produzierten C14 in die Ozeane, so daß es sich rasch in der Atmo-
sphäre anreicherte. Von einer nachhaltigen Sperre kann aber nur ausgegangen
werden, wenn die Zirkulation in den Ozeanen zusammenbricht (und auf diese
Weise rasch eine Sättigung des Oberflächenwassers einträte), was aber nur
mit sehr seltenen und spektakulären Vorgängen in Verbindung gebracht wird
(Einspeisen gigantischer Mengen an Süßwasser infolge von Schmelzvorgän-
gen etc.). Ist die Diffusion nicht gesperrt, muß zur Erklärung des gemessenen
Konzentrationsanstiegs von einer zeitweisen Vervielfachung der Produktions-
rate (Faktor 10 und höher) ausgegangen werden. Vermutlich liegt ein Misch-
effekt aus Produktionssteigerung und Diffusionssperre vor.
Umgekehrt kann ein »wigglemäßiger« Konzentrationsabfall nicht etwa
1.8
durch eine Produktionsminderung, sondern nur durch starke Diffusion von al-
tem (C14-freiem bzw. armem) Kohlendioxid aus den Ozeanen in die Atmo-
sphäre erklärt werden, wodurch sich die C14-Konzentration entsprechend ab-
senken würde. Ein »wiggle« signalisiert also neben starken Produktions-
schwankungen vor allem zeitlich veränderliche Diffusionseffekte. Diese be-
treffen insbesondere den Übergang zwischen der Atmosphäre und den Ozea-
nen, wobei – zumal lokal – auch die anderen Reservoire eine Rolle spielen
können.
Das Strömungssystem der Ozeane ist so komplex, daß primär von räum-
lich unterschiedlichen Diffusionsvorgängen und nicht etwa von global gleich-
förmigen Phänomenen ausgegangen werden muß. Das wird zusätzlich unter-
stützt durch sonstige Reservoireffekte, die jeweils für eine lokale Absenkung
der C14-Konzentration sorgen. In Bild 1.9 ist das mit den unterschiedlichen
»Einstülpungen« am Übergang zwischen Atmosphäre und zum Oberflächen-
wasser angedeutet.
40
C14-Crash
1.9 Überproduktion und Diffusion
Das Bild gibt schematisch die drei Hauptursachen für eine C14-Konzentra-
tionsänderung in der Atmosphäre wieder. C14 reichert sich in der Atmosphäre
(A) an, wenn mehr produziert als an die angrenzenden Reservoire abgegeben
wird (linkes »+«). Die Anreicherung fällt umso stärker aus, je mehr das Oberflä-
chenwasser (OFW) bereits mit C14 gesättigt ist bzw. je geringer die Aufnahme-
bereitschaft gegenüber C14 ausfäl t (unteres »+«). Je geringer die Sättigung des
Oberflächenwassers mit C14 ist, desto mehr C12 gibt dieses an die Atmosphäre
zurück (rechtes »-«). Der Verlust durch radioaktiven Zerfall spielt dabei so gut
wie keine Rolle.
1. Grundsätzliches – eine Einführung zum Gebrauch
41
Wegen der eben erläuterten Gründe ist »wiggle-matching« eine nicht ver-
1.10 Ein einfaches
Rechenexempel
tretbare Vorgehensweise. In den 70er und 80er Jahren wurden auf diese Wei-
zeigt, daß sich die
C14-Konzentration
se aber alle wesentlichen europäischen Baumringchronologien durch C14-
in den Ozeanen
nur um 2 Promille
in 1.000 Jahren
Mustervergleich mit der kalifornischen Bristlecone-Pine-Chronologie vorda-
ändern muß, um
die
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