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C14-Crash

C14-Crash

Titel: C14-Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blöss / Niemitz
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in den vergangenen 1.000 Jahren um einige wenige
    Prozent geschwankt haben müsse (und nicht einmal gestiegen bzw. gefallen
    sei), in eine tiefe und langanhaltende Krise gestürzt werden. Man vergleiche
    dagegen die Nonchalance, mit der heutzutage »Schwankungen« bilanziert
    werden, die in der Größenordnung des Nominalwertes selber liegen (dazu
    Bild 2.17 ). Die Rettungsanstrengungen zielten darauf, diese wenigen Prozent
    Schwankungen zu beherrschen und sie gründeten darauf, daß damit die al-
    leroberste Grenze aller möglichen Veränderungen bekannt und am Lang-
    zeittrend somit keinerlei Zweifel möglich war. Diese Absicht wird in der in

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    C14-Crash
    2.17 »Schwankungen« oder Trend?
    In einem Artikel für RADIOCARBON versuchen H. Zbinden et al. [1989], den C14-
    Gehalt der Atmosphäre für die letzte Phase der Eiszeit zu rekonstruieren. Die
    Grundlage bilden 6 Bohrkerne aus Sedimenten schweizerischer Seen. Die Abso-
    lutdatierung einzelner charakteristischer Perioden geschieht über die Synchroni-
    sierung der Periodenübergänge, die mit deutlich dokumentierten Temperatur-
    sprüngen verbunden waren, zur schwedischen Warvenchronologie. Die Autoren
    merken an, daß die Warvenchronologie »mehr oder weniger subjektiv« durch
    Vergleich geomorphologischer Muster entstanden sei.
    Es wird festgestel t, daß ein »dramatischer Anstieg« des C14-Gehaltes von
    10% während des Al erØd – also binnen ca. 800 C14-Jahren – stattgefunden ha-
    ben muß [Zbinden et al. 1989, 800]. Eine unbefangene Sichtung der Daten wird
    für den gesamten betrachteten Zeitraum einen Konzentrationsanstieg konstatie-
    ren, dessen Größenordnung durch das Maß des Koordinatenkreuzes gegeben ist:
    20% in 4.000 Jahren – ohne die Absolutdatieung an dieser Stel e diskutieren zu
    wol en. Dieser Anstieg ist – auch nach konventionel en Gesichtspunkten – mit
    einer Erhöhung der stationären Produktionsrate von rund 40% verbunden. Al en
    Grund also, hier von einem Trend zu sprechen und nicht etwa von »Schwankun-
    gen«.
    2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
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    Bild 9.12 wiedergegebenen suggestiven Darstellung der gemessenen Abwei-
    chungen als reine Schwankungen deutlich.
    Es ist von besonderer Ironie, daß die Protagonisten dieser jahrzehntewäh-
    renden, nahezu permanenten Rettungsaktion mit lokalen – teilweise nur hand-
    gezeichneten – Kurvenformen operierten, deren mathematische Analyse um-
    gehend zur Sprengung ihres aktualistischen Leitgedankens geführt hätte. Je-
    der mit »kosmischem Schwung« [Suess 1970a, 310; Suess 1990, 8] gezeichnete
    »wiggle« bedeutete eine lokale Kleinkatastrophe mit Produktionsexzessen
    und Diffusionsströmen, die für ein Vielfaches des für wahr gehaltenen statio-
    nären Umsatzes an C14 standen. Daß niemand jemals auch nur eine einzige
    quantitative Analyse dieser lokalen Approximation der vorliegenden Meß-
    werte vorgenommen hatte, kann nur mit dem tiefen Glauben an die Gleichför-
    migkeit der Naturprozesse erklärt werden.
    Die Entwicklung der Natur- und der Geistesgeschichte ist heute über die
    Idee, daß Naturprozesse seit langem in grundlegend stationäre Verhältnisse
    gemündet sein müßten, weit hinausgegangen und hat die Vorstellung von per-
    manenten chaotischen Übergängen zwischen dynamisch stabilen Zuständen
    geprägt: Naturgeschichte ist eine Abfolge von Umwälzungen lokalen bis hin
    zu globalen Ausmaßes. Ein stationärer Zustand ist nicht mehr das Sinnbild ei-
    ner zum Frieden immerwährender Prosperität gelangten Natur, sondern das
    Synonym einer allzeit gefährdeten Ruhe vor dem Sturm, die durch kleinste
    Veränderungen in den Randbedingungen beendet und in Form einer Katastro-
    phe innerhalb eines kurzen Zeitraumes in einen völlig anderen Zustand über-
    gehen kann.
    Würde die C14-Methode erst heute erfunden werden, käme niemand mehr
    auf die Idee, diese zur globalen Absolutdatierung aufbauen zu wollen. Die
    vielfältigen Erfahrungen mit Fluktuationen und Umschwüngen ließen realisti-
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    scherweise lediglich die Idee entstehen, nach einheitlichen und – vor allem –
    signifikanten Veränderungen in der C14-Konzentration als überregionale zeit-
    liche Klammer zu suchen. Man würde auf C14-Konzentrationsprünge zeitlich
    eng benachbarter Proben achten, ohne streng zu verlangen, daß die absolute
    Konzentration dabei in allen in Frage kommenden Orten bzw. Proben unbe-
    dingt gleich sein müsse. Von dieser Warte aus würde eine moderne

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