C14-Crash
als
2.14
falsch angesprochen werden muß, so muß sich zugleich die Dendrochronolo-
gie kritische Fragen gefallen lassen, etwa, ob sie es wirklich für einen Zufall
hält, daß sie ein korruptes C14-Ergebnis so genau getroffen hat?
Wissenschaft schreitet ausgehend von bewährten Prämissen voran. Wenn
sich Schlußfolgerungen als falsch erweisen, werden die Ableitungen aus den
Prämissen und am Ende auch die Prämissen selber kritisch untersucht und in
einer Weise angepaßt, daß sich die Schlußfolgerungen wieder als richtig er-
weisen. Die hier in Frage stehende und von der Dendrochronologie die läng-
ste Zeit weidlich ausgeschlachtete Prämisse ist die von der Quasikonstanz des
C14-Gehaltes der Atmosphäre einhergehend mit der globalen Synchronisier-
barkeit von C14-Mustern. Wenn diese Prämisse falsch ist – und wir müssen
diesen Schluß aus den vorliegenden Indizien ziehen –, dann sollte das auch
100
C14-Crash
2.15 Meßfehler oder »wiggle«?
In beiden Bildern
kommt die ungeheu-
re Anstrengung zum
Ausdruck, aus einem
an sich erratischen
Meßwertkorpus ein
systematisches Ver-
halten herauszu-
messen. Im Bild links
[Ralph, Klein 1979,
552] werden die un-
behandelten Daten
(unter Weglassung
von »Ausreißern«)
durch die ungefüllten
Punkte ($) darge-
stellt, die gefüllten
Punkte (%) sind be-
reits aus einer digita-
len Filterung entstanden und werden ansatzweise durch sinusoidale lokale Kur-
venzüge wiedergegeben. Die glatte Kurve rührt hingegen aus einem Polynom 6.
Ordnung. Im Bild unten setzt R.M. Clark [1979, 54] seine glatte Ausgleichskurve
gegen die geschwungene Kurve von H.E. Suess, um seiner Ansicht von der
Künstlichkeit von »wiggle« Nachdruck zu verleihen.
Diese Schwierigkeit, einen »wahren« Trend in die Meßwerte hineinlesen zu
können, bewirkten, daß u.a. Damon et al. [1978, 488] feststel ten, daß der gegen-
wärtige Stand der Dinge
kaum erlaube, die jüng-
sten aus Sonnenaktivitä-
ten rührenden C14-
Fluktuationen eindeutig
zu bestimmen. Nichts-
destotrotz verließen
sich die europäischen
Dendrochronologen auf
die Realität weltweit
identischer C14-Muster,
um sich via »wiggle-mat
ching« tentative Abso-
lutdaten für ihre
schwimmenden Baum
ringchronologien zu be
schaffen.
2. Geschichtliches – die Chronologie des Skandals
101
von Widersprüchen in den abgeleiteten Schlußfolgerungen reflektiert werden.
Mit der Versicherung, daß die Baumringchronologien absolut in Ordnung sei-
en, entsteht also die paradoxe Situation, daß die Prämisse wohl falsch sein
mag, die Schlußfolgerungen hingegen in jedem Fall unantastbar richtig
wären.
Die Dendrochronologie ist eine der ganz wenigen historischen Diszipli-
nen, die für sich in Anspruch nehmen kann, jahrgenaue Chronologie auch für
die vorgeschichtliche Epoche darstellen zu können. Die damit verbundene Hi-
storie bezieht sich dabei jedoch bis auf wenige Ausnahmen auf sehr spezifi-
sche Ereignisse:
! Regionale und baumtypische Ausbildung von Ringbreiten
! Indizien für die regionale Entwicklung des Klimas
! Lokales Abbild der atmosphärischen C14-Konzentration
! Historischer Bezug bei archäologischer Vergesellschaftung mit Hölzern
Aus diesen historischen Elementen läßt sich leicht ableiten, wie selten es syn-
chronistische Klammern zur menschlichen Früh- und Vorgeschichte geben
wird, die zu einer substantiellen gegenseitigen Überprüfung der Chronologien
verwendet werden könnten. Mit anderen Worten: Baumringchronologien ste-
hen relativ einsam auf chronologischer Flur9. Uns überrascht es daher nicht,
wenn es zu Widersprüchen mit anderen jahrgenauen Chronologien wie etwa
der Warvenchronologie kommt (Bild 2.14 ).
Wir müssen vermuten, daß in dem zurückliegenden, rund 2.500 Jahre um-
fassenden Zeitraum, in dem eine Synchronität zur Chronologie der Historiker
vorliegt, für die Europäischen Eichenchronologien letztlich nur die Baum-
ringsequenzen Berücksichtigung fanden, die mit ihren C14-Werten den An-
schluß an die zurückliegenden, über »wiggle-matching« angepaßten Bereiche
2.15
ermöglichten. Dabei wird es eine entscheidende Rolle spielen, welche Baum-
ringe letztlich beprobt wurden und welche radiometrische Altersstreuung die-
se tatsächlich aufweisen. Wir gehen davon aus, daß diese Streuung der C14-
Daten für dendrochronologisch tatsächlich synchronisierbare Ringfolgen au-
ßerordentlich hoch ist (vergleiche dazu Bild 2.15
Weitere Kostenlose Bücher