C14-Crash
Synchronlage als falsch zu verwerfen. Diese Unterschiede lassen
sich direkt aus den verschiedenen Ansätzen zur Interpretation des vorliegen-
den Meßmaterials ableiten. Nehmen wir an, einem C14-Wissenschaftler und
einem Dendrochronologen werden je zwei Proben mit der Aufgabe ausgehän-
digt, ihre Gleichzeitigkeit zu beurteilen:
! Dem C14-Wissenschaftler stehen zur Lösung der Aufgabe grundsätzlich
nur zwei Meßwerte zur Verfügung. Für ihn gelten die Proben solange als
gleichaltrig, wie die statistische Wahrscheinlichkeit dafür noch größer 1
bis 5% ist. Ein Argument für diese »Toleranz« mag darin bestehen, daß in
Anbetracht eines grundsätzlich möglichen Altersunterschiedes in der Grö-
ßenordnung von rund 100.000 Jahren eine Differenz von womöglich nur
wenigen hundert C14-Jahren nicht ins Gewicht fallen könne. Man kann
auch sagen, daß er so wenig Meßmaterial zur Verfügung hat, daß er es be-
dauern würde, eine tatsächlich vorliegende Gleichzeitigkeit irrtümlicher-
weise nicht erkannt zu haben.
! Dem Dendrochronologen müssen zur Lösung der Aufgabe ungleich mehr
Meßwerte zur Verfügung stehen. Wenn nicht eine der beiden Proben Jahr-
ringe für den ganzen in Frage kommenden Zeitraum aufweist, kann er
auch kein Urteil abgeben. Alle möglichen Synchronlagen zwischen den
3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand
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beiden gemessenen Folgen von Baumringwuchswerten können nach be-
3.12 Von den iri-
schen Dendrochro-
stimmten Kriterien untersucht und bewertet werden, ob ein besserer oder
nologen wurde
1977 zwar die Ille-
schlechterer Kandidat dafür vorliegt. Natürlich wählt er aus allen nur den
gitimität des
»wiggle-matching«
erkannt und indi-
sichersten Kandidaten aus. Schließlich hat er – im Gegensatz zu seinem
rekt angeprangert,
die damit verbun-
Kollegen von der Radiometrie – genug zur Auswahl und er kann es sich
dene allgemeine
Problematik im
deshalb leisten, nur wirklich aussichtsreiche Konstellationen in Betracht
Hinblick auf die ei-
gene Ausnutzung
zu ziehen.
des Simultani-
tätsprinzips jedoch
nicht thematisiert.
Nicht nur die Informationsbasis ist völlig verschieden, auch das sich daraus
ergebende Dilemma der Dendrochronologie ist ein völlig anderes als das der
C14-Methode. Die dendrochronologische Methode läßt in der Regel nicht nur
einen, sondern sogar mehrere aussichtsreiche Kandidaten für die richtige Syn-
chronlage zu [Eckstein/Bauch 1969, 246]. Während der C14-Wissenschaftler um
ein Minimum an Vertrauenswürdigkeit seiner Meßwerte ringt, wäre es dem
Dendrochronologen lieber, er hätte am Ende noch viel mehr vertrauensun-
würdige Kandidaten, denn wonach soll er beurteilen, welcher von den Ver-
trauenswürdigen der Richtige ist? Je länger der abzugleichende Bereich ist,
desto größer wird die Gefahr, sich für den auserwählten Kandidaten irrtüm-
lich zu entscheiden, denn es ist bekannt, daß mit der »wahren« Synchronlage
rechnerisch noch nicht einmal die niedrigste Irrtumswahrscheinlichkeit ver-
bunden sein muß.
So deckte D.K. Yamaguchi [1986, 49] bei einem Versuch, nach allgemein
üblichen statistischen Verfahren eine Douglas-Fichte in den zugehörigen lo-
kalen Master einzubauen, eine inflationäre Anzahl von Synchronlagen auf,
die nach herkömmlichen Kriterien höchstes Vertrauen genießen würden. Ya-
maguchi kritisierte darauf hin insbesondere die zur Erstellung der Irischen Ei-
chenchronologie eingesetzten statistischen Verfahren, die die häufig gegebe-
nen Autokorrelationen zwischen Baumringsequenzen nicht ausreichend be-
rücksichtigen könnten und damit ihre Anwender der Gefahr von Fehlsynchro-
nisationen aussetzen würden [Yamaguchi 1986, 51; vgl. auch Newgrosh 1991/92, 66].
Eine Ursache für die »Selbstbezüglichkeit« von Baumringsequenzen liegt in
der Abhängigkeit der Ringdicken von der Sonnenaktivität. Ihre Periodizität –
Stichwort: Sonnenfleckenzyklus [Bäsemann 1992, 106ff.; Hanover 1980, 756ff; Glock
1937] – prägt sich auch in die Abfolge der Ringdicken der Bäume ein.
Je größer das Gebiet ist, aus dem die dendrochronologisch zusammenge-
faßten Bäume stammen, und je individueller diese ohnehin im Wuchsverlauf
sind, desto größer wird die Gefahr, daß die Sequenzen anhand dieses global
hervorgerufenen periodischen Musters und nicht auf der Grundlage regional
oder lokal typischen Wuchsverlaufs synchronisiert werden. Die Synchronisa-
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