C14-Crash
periodischer Muster kann aber den gemeinsamen zeitlichen »Nullpunkt«
nicht auffinden und muß in dieser Hinsicht eine »Scheinsynchronität«
bleiben.
Die resultierende Mittelkurve wird den globalen Trend demnach umso
stärker widerspiegeln, je individueller die zusammengefaßten Hölzer in ihrem
Wachstum gewesen sind. Das mag ein Hinweis sein, daß der inflationär ein-
setzende Abgleich der europäischen Eichenchronologien zu Beginn der acht-
ziger Jahre sich auf solche globalen Muster konzentrierte, die durch vorange-
gangenen exzessiven Gebrauch statistischer Vergleichskriterien in die Mittel-
kurven Einzug gehalten hatten. Solche Vergleiche sind per se wertlos und et-
waige Aussagen über »jahrgenaue Übereinstimmungen« trügerisch, weil peri-
odische Muster naturgemäß beliebig viele Synchronitäten erzeugen.
Zu Beginn des Jahrhunderts wollte der Begriff »Teleconnection« eine in-
formelle Kopplung aller Bäume im Hinblick auf ihr Wachstum umschreiben.
Er kann in abgewandeltem Sinne zur Bezeichnung der »kosmischen Trigge-
rung« des Baumwachstums herangezogen werden. Die Dendrochronologie ist
aus der Idee heraus geboren, den zeitlichen Verlauf der Sonnenaktivität aus
dem Wachstumsverlauf eines einzelnen Baumes ablesen zu können [Niemitz
1995, 292]. Es besteht die Gefahr, daß die modernen statistischen Verfahren
der Dendrochronologie nicht ausreichend zwischen global auftretenden peri-
odischen und regional typischen zufälligen Mustern trennen können und auf
diesem Wege falsche Synchronitäten erzeugt haben.
Nicht nur wegen dieser Gefahr von Fehlsynchronisationen, sondern auch
wegen der Möglichkeit zur radikalen Reduzierung des Arbeitsaufwandes, er-
scheint es nur zu verständlich, daß Vordatierungen gefragt sind. Diese sollen
ohne viele Umwege dazu führen, nur einige aussichtsreiche und deswegen
auch möglichst wenig irreführende zusätzliche Kandidaten für die Synchron-
lage zu erhalten. Letzten Endes sei immer die »einschlägige Erfahrung (rele-
vant experience)« [Baillie 1995, 21] des Dendrochronologen für eine »visuell si-
chere Altersbestimmung« [Eckstein/Bauch 1969, 248; Leuschner 1994, 127; Schweingru-
ber 1983, 86] ausschlaggebend. Diese kann sich aber erst wirklich sicher zur
Geltung bringen, wenn der zu beurteilende Zeitraum zuvor stark genug einge-
grenzt wurde. Darin liegt eines der stärksten Motive für den Einsatz der C14-
Methode in der Dendrochronologie, in der die immanenten Methoden allein
nicht zum Erfolg führen können.
In diesem Zusammenhang geben die mehrfach offengelegten Synchroni-
sierungsfehler in der Größenordnung von einigen Jahrzehnten – um 10 bis 30
Jahre verschobene Neuplazierungen anläßlich der Veröffentlichung der Mit-
teleuropäischen Eichenchronologie [Hollstein 1980], rund 40 Jahre Diskrepanz
3. Methodisches – C14 auf dem Prüfstand
131
zwischen Hohenheimer und Göttinger Eichenchronologie vor 5.241
3.13 Weil die
BC [Kro-
dendrochronologi-
sche Synchronisie-
mer et al. 1996, 607], rund 70 Jahre für den »Kirnsulzbachfehler« [Schmidt/Freund-
rung ohne Hilfsda-
tierung durch C14
lich 1984, 234] – einigen Aufschluß über die Möglichkeit, mit Fehlern leben zu
nicht gelingen
konnte, ist die
können, ohne daß es methodisch auffällig wird. Warum umfassen diese Kor-
Dendrochronologie
zur Aufdeckung
rekturen in aller Regel Jahrzehnte und nicht wenige Jahre einerseits oder so-
disparater Trends
des in den Baum-
gar Jahrhunderte andererseits? Liegt es grundsätzlich daran, daß der Grad der
ringen gespeicher-
ten C14 nicht vor-
Autokorrelation in den Baumringchronologien im Mittel alle paar Jahrzehnte
gestoßen.
eine aussichtsreiche Synchronlage vorspiegelt?
Es gibt keinen dendrochronologischen Indikator, der einen Irrtum um
Jahrhunderte deutlicher anzeigt, als einen um ein einziges Jahr. Ein Fehler
wiegt hier so schwer wie der Andere. Da besagte Synchronisierungsfehler
meistens beim Vergleich mit Baumringchronologien aus zwangsläufig ande-
ren Wuchsgebieten entdeckt werden, kommen offenbar Vergleichskriterien
zur Anwendung, die einen jahrgenauen Abgleich im Einzelfall ohnehin nicht
erlauben. Auf der anderen Seite ist völlig klar, warum die Korrektur nie in die
Jahrhunderte gehen muß: Die vormaligen C14-Vordatierungen über das
»wiggle-matching« mit der Bristlecone-Pine-Chronologie haben sämtliche eu-
ropäischen Eichenchronologien in einen »chronologischen Korridor«
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