C14-Crash
die Zuarbeit der C14-Methode stellen, dann entpuppten sich die Da-
tierungsschwierigkeiten, die in 50 Jahren Praxis zu einer bedenklichen Nor-
malität geronnen sind, als unannehmbare Widersprüche. Es wird seit Jahr-
zehnten nur darum gerungen, die Voraussetzungen der Anwendbarkeit der
C14-Methode den bekannten Tatsachen so anzupassen, daß ihr globaler Gül-
tigkeitsanspruch nicht gänzlich verloren geht. Dieses Ziel ist jedoch uner-
reichbar.
Die Geschichtswissenschaft würde demnach unmittelbar zu chronologi-
scher Eigenständigkeit zurückkehren, wenn sie von der C14-Methode nur
konsequent das einforderte, was diese selber einmal offiziell als Grundlage
ihrer universellen Anwendbarkeit formuliert hat. Diese Eigenständigkeit war
in Ansehung des Allheilmittels C14 voreilig aufgegeben worden und schien –
auch während jahrzehntelanger Bedrückung durch Ergebnisse, die ihren eige-
nen diametral entgegenstanden – nicht zurückeroberbar zu sein.
4. Autopsie – Todesursachen einer Methode
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In historischen Abhandlungen werden C14-Daten diskutiert, um sich kei-
4.2 Die Dendro-
chronologen ha-
ne Unterlassungssünde nachsagen lassen zu müssen. Auf Gebieten, in denen
ben sich auf die
C14-Methode ein-
die eigenen Methoden zu substantiellen Ergebnissen führen, werden immer
gelassen, weil ih-
nen das der einzig
noch verbliebene
wieder inkonsistente C14-Daten »gesundinterpretiert«, ohne sie dann für den
Weg erschien, mit
einer Baumring-
Aufbau oder die Stärkung einer Argumentation nutzen zu können. Viele Ge-
chronologie in den
Bereich »unge-
schichtswissenschaftler sehen sich wahrlich nicht in der Rolle eines Nutznie-
schriebener Ge-
schichte« vorzu-
ßers der C14-Methode, sondern in der ihres widerwillig-duldenden Pflegers.
stoßen.
Die größte chronologische Wunde hat sich die Geschichtswissenschaft
freilich eigenhändig geschlagen, und zwar durch die Ausstellung eines Persil-
scheins namens »Kalibrierkurve«. Die Geschichtswissenschaft trägt in diesem
Fall selber die Verantwortung, denn es war die Dendrochronologie als eine
historische Teildisziplin, die 1969 zur Rettung der C14-Methode in letzter
Minute eine Baumringsequenz präsentiert hatte, die eine »Korrigierbarkeit«
von C14-Daten sicherstellen sollte. Insbesondere den Archäologen und Histo-
rikern waren diese aufgrund allfälliger Diskrepanzen zu allgemein anerkann-
ten Daten zunehmend suspekt geworden.
Es ist bis auf den heutigen Tag unerkannt geblieben oder einfach übergan-
gen worden, daß die Konstruktion dieser Kalibrierkurve fundamental auf al-
len zweifelhaften C14-Prämissen beruhte, die es seinerzeit eigentlich drin-
gendst zu überprüfen gegolten hätte. Es ist eine Illusion, von einer »unabhän-
gig gewonnenen Baumringchronologie« zu sprechen. Diese Baumring-
sequenz, die damals rund 7.000 Jahre umfaßte, wäre allein mit den Methoden
der Dendrochronologie niemals zustande gekommen und so erlagen ihre Ak-
teure der Versuchung, sich mit der C14-Methode ans Ziel bringen zu lassen.
Mit der Dendrochronologie hatte die C14-Methode eine Bundesgenossin
gewonnen, die sich die längste Zeit schützend vor sie stellen sollte, da ein
Fallenlassen von C14 andererseits ein für allemal die Chance zunichte ge-
macht hätte, auch für Europa eine vollständige Baumringsequenz für das
Postglazial abliefern zu können. Die Dendrochronologie stand zumindestens
in Deutschland unter hohem Erfolgsdruck, diese in sie gesetzte Erwartung –
nicht zuletzt wegen der Abhängigkeit von öffentlicher finanzieller Förderung
– zu erfüllen.
Die Wunde, die sich die Dendrochronologie mit der fundamentalen Ab-
stützung auf C14 selbst – und damit zugleich auch der gesamten Geschichts-
wissenschaft – zugefügt hatte, sollte im Laufe der nächsten 15 Jahre weit-
gehend unbemerkt von der wissenschaftlichen Öffentlichkeit immer stärker
klaffen, stand doch die C14-Methode auch allen europäischen Baumringchro-
nologien vom Anfang bis zum Ende ihrer Entstehung als einzige Geburtshel-
ferin zur Seite (Bild 4.2 ). Das unverzichtbare Vorplazieren »schwimmender«
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C14-Crash
4.2 Geständnisse in Edinburgh
Das Bild zeigt das Cover des 1983 von B.S. Ottaway herausgegebenen Tagungs-
bandes »Archäologie, Dendrochronologie und die Kalibrierkurve für Radiokar-
bon« [Ottaway 1983]. Mit diesem Cover sol te die zeitlose Verbundenheit zwi-
schen der C14-Methode und der Dendrochronologie
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