C14-Crash
Musterver-
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5. Tagebuch einer Enthüllung
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5.7 Falsche Synchronismen?
Das obere Bild demonstriert den Versuch zur Absolutdatierung zweier
schwimmender Baumringsequenzen aus Auvernier am Neuenburger See
(Schweiz) durch »wiggle-matching« gegen die Bristlecone-Pine-Baumringchrono-
logie (durchgezogene Linie) [Suess/Strahm 1970, 94]. Die gestrichelte Linie –
»drawn by hand« – sol den unterstel ten Verlauf der europäischen Meßwerte
synchron zu der amerikanischen Kalibrierkurve demonstrieren, wobei H.E. Suess
und C. Strahm eine systematische Altersdifferenz konzedieren müssen.
Dieser in einer Zeitschrift für Altertumsgeschichte (Antiquity) veröffentlichte
Datierungsversuch ist sehr skeptisch aufgenommen worden. J. Collis argwöhnte,
daß die der verwendeten Methode zugrundeliegende Annahme weltweit gleicher
C14-Fluktuationen falsch sein müsse und klagte eine von der Bristlecone-Pine-
Chronologie unabhängige Baumringchronologie ein, um diesen fundamentalen
Verdacht aus der Welt zu schaffen [MacKie et al. 1971, 201]. Unser Eindruck
war, daß einigen Historikern ob dieses ziemlich dreisten Vorgehens gewisserma-
ßen die Hutschnur geplatzt war und sie hier – auch angesichts eingestandener
Unzulänglichkeiten – einen der wenigen günstigen Moment sahen, eine klare Zu-
rückweisung der C14-Methode formulieren zu können.
Wir stellten an dieser Stelle eine radikale Hypothese auf, deren Stoßrichtung
im unteren Bild zu erkennen ist. Wir hatten bei einer ersten Lektüre dieses Arti-
kels bereits am Rande notiert, daß die »Meßpunkte vorzugsweise (bzw. nahezu
ausschließlich) am aufsteigenden Ast« plaziert waren. Ohne die Details der Se-
quenz zu kennen, stel ten wir fest, daß die drei Meßwerthaufen wesentlich sau-
berer jeweils separat durch Geraden mit einer überhöhten (hier für alle drei
gleich angesetzten) Steigung zu approximieren waren. In der Approximation von
Suess und Strahm fallen drei Werte völlig aus der Kurve heraus, was deren Vor-
gehensweise ohnehin sehr problematisch macht. Dieser Ansatz bedeutete, daß
die dendrochronologische Synchronisierung nicht korrekt war, und daß zugleich
eine prinzipielle C14-Überproduktion von ca. 75% geherrscht hätte.
Der Datierungsversuch für die Proben aus Auvernier konnte als Fallbeispiel
für »Wiggeln durch Auseinanderreißen« (Bilder 5.4 , 5.5 und 2.16 ) interpretiert werden. Er machte deutlich, wie dringend die Historiker im al gemeinen und die
Dendrochronologen im speziellen auf Hilfe bei der Absolutdatierung angewiesen
waren. Auch wenn das Vorgehen in diesem Fall auf heftige Kritik stieß, so gab es
während der nächsten zehn Jahre eine Kontinuität in der Ausschlachtung solcher
»Synchronismen« für den Aufbau der europäischen Eichenchronologien, die oh-
ne »tentative« Absolutdaten aus Amerika bis heute noch keinen Erfolg hätten
vermelden können.
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gleichs in diesem ausgesprochen indifferenten Fall nur als Nachspiel oder Ne-
benschauplatz einer zuvor an weit geeigneteren Objekten entwickelten Me-
thodik zu interpretieren war. Doch an welchem Objekt sollte sich diese be-
reits »bewiesen« haben? Gab es dafür entsprechende Veröffentlichungen?
Zwei Dinge notierten wir an dieser Stelle:
1) Wenn diese Methode des C14-Mustervergleichs als Ersatz für dendro-
chronologische Methoden bei der Errichtung einer Masterchronologie
herangezogen worden war und die C14-Aktivität sich auch nur annähernd
so erratisch benähme, wie wir vermuten mußten, dann wäre eine solche
Baumringchronologie im nachhinein keinen Pfifferling wert.
2) Wir verstanden nicht, wieso die europäischen Baumringchronologien, de-
ren entscheidender Ausbau lange Zeit eingestandenermaßen stagniert hat-
te, später dann auf einmal doch komplett und ohne Lücken dastehen soll-
ten, wie es von Becker in dem erwähnten Artikel angegeben wurde. Wa-
ren sie etwa auch mit Hilfe dieser Mustervergleichsstrategie und womög-
lich in Abhängigkeit zur amerikanischen Bristlecone-Pine-Chronologie
anstatt nach der »reinen Lehre« der Dendrochronologie auf die Welt ge-
kommen?
5.9 Kaum zu glauben: Alles ist über C14-Mustervergleich vordatiert
Mit der zweiten Fragestellung hatten wir unserem damaligen Verständnis
nach die Situation eines klassischen »Experimentum crucis« erreicht. Die »of-
fizielle« Geschichte sprach immer von einer C14-Kalibrierung an methodisch
unabhängig gewonnenen
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