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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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eine von ihren Klingen fallen. Aber hinter dem Leinen war kein Laut zu hören. Er wechselte lediglich das verbliebene Messer von der rechten in die linke Hand, schüttelte den Kopf, als wollte er sein Singen beenden, und kam hastig wieder auf sie zu. Sie hatte kaum Zeit, die Pfanne zu ihrer Verteidigung zu heben. Die Klinge glitt daran ab und in ihre Hand. Einen Augenblick kamen weder Schmerzen noch Blut. Dann aber beides im Überfluß, und die Pfanne fiel ihr aus den Händen und vor die Füße. Jetzt gab er einen Laut von sich, einen gurrenden Laut, und die Haltung seines Kopfes zeigte, daß er das Blut betrachtete, das aus der Wunde rann, die er ihr beigebracht hatte.
    Sie sah zur Tür und schätzte die Zeit, die sie brauchen würde, um vor ihm dorthin zu kommen. Doch bevor sie handeln konnte, begann die Maske ihre letzte Annähe-112

    rung, Das Messer war nicht erhoben. Und auch seine Stimme nicht, als er sprach.
    »Lori«, sagte er. »Wir müssen miteinander reden.«
    »Bleiben Sie mir verdammt vom Leibe.«
    Zu ihrem Erstaunen gehorchte er ihrem Befehl. Sie nutzte die wenige Zeit, um sein anderes Messer vom Boden aufzuheben. Sie war mit der unverletzten Hand weniger geübt, aber er war ein großes Ziel. Nun könnte sie zustechen, am besten mitten ins Herz.
    »Damit habe ich Sheryl getötet«, sagte er. »Ich an Ihrer Stelle würde das weglegen.«
    Der Stahl lag glitschig in ihrer Handfläche.
    »Ja, das hat die kleine Sheryl aufgeschlitzt, von einem Ohr zum anderen«, fuhr er fort. »Und jetzt sind Ihre Fingerabdrücke überall darauf. Sie hätten Handschuhe anziehen sollen, so wie ich.«
    Der Gedanke, was das Messer angerichtet hatte, ekelte sie, aber sie wollte es nicht fallen lassen und unbewaffnet dastehen.
    »Sie könnten natürlich immer noch Boone die Schuld geben«, sagte die Maske. »Der Polizei sagen, daß er es getan hat.«
    »Woher wissen Sie von Boone?« sagte sie. Hatte Sheryl nicht geschworen, sie hätte ihrem Schwärm nichts gesagt?
    »Wissen Sie, wo er ist?« fragte die Maske.
    »Er ist tot«, antwortete sie.
    Das verneinte das Nähkästchengesicht mit einem Kopfschütteln.
    »Nein, ich fürchte nicht. Er stand auf und wandelte.
    Gott allein weiß, wie. Aber er stand auf und wandelte.
    Können Sie sich das vorstellen? Der Mann war mit Kugeln vollgepumpt. Sie haben das Blut gesehen, das er vergossen hat...«
    Er hat uns die ganze Zeit beobachtet, dachte sie. Er ist uns 113

    gleich am ersten Tag nach Midian gefolgt. Aber warum?
    Den Sinn dessen begriff sie nicht; warum?
    »...das viele Blut, die vielen Kugeln, und trotzdem wollte er nicht tot liegenbleiben.«
    »Jemand hat den Leichnam gestohlen«, sagte sie.
    »Nein«, lautete die Antwort. »So war es nicht.«
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Gute Frage. Kein Grund, warum Sie keine Antwort darauf bekommen sollten.«
    Seine Hand griff zum Gesicht und zog die Maske ab.
    Darunter befand sich Deckers lächelndes und schwitzendes Gesicht.
    »Ich hätte meine Kamera mitbringen sollen«, sagte er.
    »Ihr Gesichtsausdruck.«
    Sie konnte sich nicht verstellen, obwohl es ihr mißfiel, ihn zu erheitern. Sie sperrte schockiert den Mund auf, wie ein Fisch. Decker war Curtis, Sheryls Mister Right.
    »Warum?« wollte sie wissen.
    »Warum was?«
    »Warum haben Sie Sheryl getötet?«
    »Aus demselben Grund, weshalb ich alle anderen getö-
    tet habe«, sagte er leichthin, als hätte ihn die Frage nicht weiter bedrückt. Dann todernst: »Aus Spaß natürlich. Aus Vergnügen. Wir haben uns viel über das Warum unterhalten, Boone und ich. Haben tief gegraben, wissen Sie; haben versucht zu verstehen. Aber wenn man der Sache wirklich auf den Grund geht, mache ich es einfach, weil es mir Spaß macht.«
    »Boone war unschuldig.«
    »Ist unschuldig, wo immer er sich versteckt. Und das ist ein Problem, weil er den wahren Sachverhalt kennt, und er könnte eines Tages jemanden finden und von der Wahrheit überzeugen.«
    »Sie möchten ihn also aufhalten?«

    114

    »Würden Sie das nicht tun? Nach all der Mühe, die ich mir gemacht habe, damit er als Schuldiger stirbt. Ich habe ihm sogar selbst eine Kugel verpaßt, und trotzdem steht er auf und wandelt.«
    »Sie haben mir gesagt, er sei tot. Sie waren sicher.«
    »Die Leichenhalle wurde von innen aufgeschlossen.
    Haben sie Ihnen das nicht gesagt? Seine Fingerabdrücke waren auf der Klinke, seine Fußabdrücke auf dem Boden: Haben sie Ihnen das gesagt? Nein, natürlich nicht. Aber ich sage es Ihnen. Ich weiß es. Boone

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