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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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schlimmer, sie sah Gesichter auf sich zufliegen und lebende, Föten gleiche Kommata, die flüsterten, während sie vorbeitorkelten. Das Schauspiel beunruhigte sie nicht, ganz im Gegenteil. Es schien ein Szenario zu bestätigen, das ihr halluzinierender Verstand ausgearbeitet hatte: daß sie, wie Boone, ein auserwähltes Leben führte.
    Nichts konnte ihr ein Leid zufügen, heute nacht nicht.
    Die Hand mit der Schnittwunde war inzwischen so taub, daß sie das Lenkrad nicht mehr halten konnte, daher mußte Lori einhändig und mit überhöhter Geschwindigkeit auf der unbeleuchteten Straße fahren, aber das Schicksal hatte sie nicht Deckers Angriff überleben lassen, nur um sie auf dem Highway umzubringen.
    Wiedervereinigung lag in der Luft. Darum kamen die Visionen, rasten in die Scheinwerfer und hüpften über das Auto, wo sie zu weißem Lichterregen zerplatzten. Sie hießen sie willkommen.
    In Midian.

    118

    2
    Einmal sah sie in den Rückspiegel und glaubte, ein Auto mit ausgeschalteten Scheinwerfern hinter sich zu sehen, aber als sie noch einmal hinsah, war es verschwunden.
    Vielleicht war es nie dagewesen. Vor ihr lag die Stadt, deren Häuser von ihren Scheinwerfern geblendet wurden. Sie fuhr durch die Hauptstraße bis zur Friedhofs-pforte.
    Die vereinten Wirkungen von Blutverlust und Erschöp-fung hatten jegliche Furcht vor diesem Ort gedämpft.
    Wenn sie die Bosheit der Lebenden überstehen konnte, dann konnte sie sicher auch die Toten überleben, oder ihre Gefährten. Und Boone war dort; diese Hoffnung hatte sich zur Gewißheit erhärtet, während sie fuhr. Boone war dort, und sie würde ihn endlich in die Arme nehmen können.
    Sie stolperte aus dem Auto und wäre beinahe flach aufs Gesicht gefallen.
    »Steh auf«, sagte sie zu sich.
    Die Lichter kamen immer noch auf sie zu, obwohl sie sich nicht mehr bewegte, aber inzwischen waren alle Spuren von Einzelheiten verschwunden.
    Nur noch die Helligkeit war da, und ihre Heftigkeit drohte, die ganze Welt fortzuspülen. Da sie wußte, daß der völlige Zusammenbruch kurz bevorstand, schleppte sie sich zum Tor und rief Boones Namen. Sie bekam auf der Stelle eine Antwort, aber nicht die, die sie erhofft hatte.
    »Er ist hier?« sagte jemand. »Boone ist hier?«
    Sie klammerte sich an das Tor, drehte den bleischweren Kopf und sah Decker in der Gischt des Lichts wenige Meter von ihr entfernt stehen. Hinter ihm sein unbeleuch-119

    tetes Auto. Ihr wurde selbst in ihrem benommenen Zustand klar, wie sehr sie manipuliert worden war.
    Decker hatte sie entkommen lassen, weil er wußte, sie würde seinen Gegner aufsuchen.
    »Dummkopf!« sagte sie zu sich.
    »Nun, ja. Aber was sollten Sie schon tun? Sie haben zweifellos gedacht, Sie könnten ihn retten.«
    Sie hatte weder Kraft noch Denkvermögen, dem Mann Widerstand zu leisten. Sie ließ das stützende Tor los und taumelte in den Friedhof.
    »Boom!« rief sie. »Boone!«
    Decker verfolgte sie nicht hastig; er hatte keinen Grund dazu. Sie war ein verwundetes Tier, das nach einem anderen verwundeten Tier suchte. Sie schaute hinter sich und sah, wie er im Licht der Straßenlampe seine Pistole überprüfte. Dann stieß er das Tor weiter auf und machte sich an die Verfolgung.
    Durch die platzenden Lichter in ihrem Kopf konnte sie kaum die Wege sehen. Sie war wie eine Blinde, schluchzte und stolperte und war nicht einmal mehr sicher, ob Decker vor oder hinter ihr war.
    Er würde sie jeden Augenblick erledigen. Eine Kugel, und ihr auserwähltes Leben wäre vorbei.
    3
    Die Brut unter der Erde hörte ihre Ankunft, da ihre Sinne für Panik und Verzweiflung geschärft waren. Sie kannten auch den Gang des Jägers; sie hatten ihn schon zu oft hinter sich selbst gehört. Jetzt warteten sie, bedauerten die Frau in ihren letzten Augenblicken, waren aber zu 120

    sehr um ihre Zuflucht besorgt, um sie zu gefährden. Es gab wenig genug Verstecke, in denen die Monströsen ihren Frieden finden konnten. Sie würden ihr Erbe nicht für ein Menschenleben aufs Spiel setzen.
    Dennoch schmerzte es sie, ihr Flehen und ihre Rufe zu hö-
    ren. Und für einen in ihrer Mitte waren die Laute fast uner-träglich.
    »Laßt mich zu ihr gehen.«
    »Das kannst du nicht. Du weißt, daß du es nicht kannst.«
    »Ich kann ihn töten. Wer soll denn erfahren, daß er je hier war?«
    »Er wird nicht alleine hier sein. Andere werden vor der Mauer warten. Vergiß nicht, wie er zu dir gekommen ist.«
    »Ich kann sie nicht sterben lassen.«
    »Boone! Bitte, Gott...«
    Es war

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