Cabal - Clive Barker.doc
haben Sachen gesehen, die sie sich nicht erklären können, nicht? Besonders Doktoren, richtig? Sie hatten Patienten, die in Zungen redeten...«
»Kann ich nicht sagen«, antwortete Decker.
»Ist das richtig? Es ist doch vollkommen wissenschaftlich, oder nicht?«
»Würde ich sagen.«
»Würden Sie sagen. Und was würden Sie über Boone sagen?« drängte Eigerman. »Ist es auch wissenschaftlich, ein verdammter Zombie zu sein?«
»Ich weiß nicht«, murmelte Decker.
»Kann man sich das vorstellen? Ich habe einen Priester, der nicht an den Teufel glaubt, und einen Doktor, der Wissenschaft nicht von seinem Arschloch unterscheiden kann. Ich fühle mich echt wohl, wenn ich daran denke.«
Decker antwortete nicht. Ashberry schon.
»Sie glauben wirklich, daß dort etwas ist, was?« sagte er. »Sie schwitzen wahre Sturzbäche.«
»Treiben Sie's nicht zu weit, Süßer«, sagte Eigerman.
»Beherzigen Sie nur Ihr kleines Büchlein des Exorzismus.
Ich möchte, daß diese Wichser dorthin zurückgeschickt 208
werden, woher sie gekommen sind. Sie sollen doch an-geblich wissen, wie das geht.«
»Heutzutage gibt es andere Erklärungen, Eigerman«, antwortete Ashberry. »Dies ist nicht Salem. Wir gehen nicht zu einer Hexenverbrennung.«
Eigerman wandte seine Aufmerksamkeit wieder Decker zu und stellte seine nächste Frage leichthin.
»Was meinen Sie, Doc? Sollten wir vielleicht versuchen, den Zombie auf die Couch zu bringen? Ihn fragen, ob er je mit seiner Schwester ficken wollte?« Eigerman warf Ashberry einen Blick zu. »Oder ihre Unterwäsche anziehen?«
»Ich glaube, wir gehen nach Salem«, antwortete Decker.
In seiner Stimme war ein Unterton, den Eigerman bisher nicht gehört hatte. »Und ich glaube auch, daß es Ihnen scheißegal ist, was ich glaube oder nicht. Sie werden sie so oder so ausbrennen.«
»Stimmt genau«, sagte Eigerman mit einem kehligen Lachen.
»Und ich denke, Ashberry hat recht. Sie haben eine Sterbensangst.«
Das brachte das Lachen zum Schweigen.
»Arschloch«, sagte Eigerman leise.
Den Rest des Weges legten sie schweigend zur ück.
Eigerman legte ein neues Tempo für den Konvoi vor, Decker beobachtete, wie das Licht mit jedem Augenblick düsterer wurde, Ashberry blätterte nach ein paar Minuten des Nachdenkens sein Gebetbuch durch; er schlug die zwiebelschalenartigen Seiten hastig um und suchte nach dem Ritual der Teufelsaustreibung.
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2
Pettine erwartete sie fünfzig Meter vom Friedhofstor entfernt, sein Gesicht war schmutzig vom Rauch der Autos, die immer noch brannten.
»Wie ist die Lage?« wollte Eigerman wissen.
Pettine sah zum Friedhof zurück.
»Seit dem Fluchtversuch keinerlei Anzeichen von Bewegung mehr. Aber wir haben viel gehört.«
»Zum Beispiel?«
»Als würden wir auf einem Termitenbau sitzen«, sagte Pettine. »Unter der Erde schleichen Leute herum.
Kein Zweifel. Das spürt man so sehr, wie man es hören kann.«
Decker, der etwas zurückgeblieben war, kam herüber und griff in die Unterhaltung ein, wobei er Pettine mitten im Satz unterbrach und sich an Eigerman wandte.
»Wir haben noch eine Stunde und zwanzig Minuten bis Sonnenuntergang.«
»Ich kann selbst zählen«, antwortete Eigerman.
»Also, werden wir anfangen zu graben?«
»Wenn ich den Befehl gebe, Decker.«
»Decker hat recht, Chef«, sagte Pettine. »Diese Dreckskerle haben Angst vor der Sonne. Ich sage Ihnen, ich glaube nicht, daß wir bei Nacht noch hier sein sollten. Da unten sind eine ganze Menge.«
»Wir bleiben so lange hier, wie wir brauchen, um diese Scheiße aufzuklären«, sagte Eigerman. »Wie viele Tore gibt es hier?«
»Zwei. Das große hier und ein kleines an der Nordost-seite.«
»Gut. Sollte also nicht schwer sein, sie zurückzuhalten.
Fahren Sie einen der Lastwagen vor das Haupttor, und 210
dann stellen wir rings um die Mauer herum in Abständen Leute auf, damit niemand hinaus kann. Und wenn wir sie umzingelt haben, rücken wir vor.«
»Wie ich sehe, haben Sie eine Rückversicherung mitge-bracht«, bemerkte Pettine, der Ashberry sah.
»Verdammt richtig.«
Eigerman wandte sich an den Priester.
»Sie können doch Wasser weihen, richtig? Es heilig machen?«
»Ja.«
»Dann tun Sie das. Soviel Wasser, wie wir finden können. Segnen Sie es. Verteilen Sie es unter die Männer. Es könnte etwas nützen, wenn Kugeln versagen. Und Sie, Decker, bleiben verflucht noch mal aus dem Weg. Dies ist jetzt Sache der Polizei.«
Nachdem er seine Befehle gegeben hatte, ging Eigerman
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