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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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laufen müßte. Aber das Auto hatte die Entfernung zwischen ihnen bereits halbiert. Sie wußte, sie konnte ihm nicht entkommen, und sie lief trotzdem, während der Motor hinter ihr immer lauter wurde. Sie hörte die Reifen am Bordstein quietschen. Dann tauchte das Auto neben ihr auf und hielt Meter für Meter mit ihr Schritt.
    Die Tür ging auf. Sie lief weiter. Das Auto blieb an ihrer Seite, die Tür streifte über den Asphalt.

    201

    Dann eine Einladung aus dem Inneren.
    »Steigen Sie ein.«
    Dreckskerl, so ruhig zu sein.
    »Würden Sie bitte einsteigen, bevor wir verhaftet werden?«
    Das war nicht Decker. Die Erkenntnis war kein langsames Einsinken, sondern ein plötzliches Verstehen: Es war nicht Decker, der aus dem Auto sprach. Sie hörte auf zu laufen, ihr ganzer Körper bebte unter der Last des Atem-holens.
    Das Auto hielt ebenfalls an.
    »Steigen Sie ein«, sagte der Fahrer.
    »Wer...?« versuchte sie zu sagen, aber ihre Lungen hüteten die Luft eifersüchtig, sie mit Worten zu vergeu-den.
    Sie erhielt trotzdem Antwort.
    »Ein Freund von Boone.«
    Sie näherte sich aber der offenen Tür immer noch nicht.
    »Babette hat mir gesagt, wo ich Sie finden kann«, fuhr der Mann fort.
    »Babette?«
    »Würden Sie jetzt endlich einsteigen? Wir haben viel zu tun.«
    Sie trat zur Tür. Während sie das tat, sagte der Mann:
    »Nicht schreien.«
    Sie hatte nicht genügend Luft zu schreien, aber sie hatte eindeutig die Absicht, als sie das Gesicht im Halbdunkel des Autos sah. Dies war zweifellos ein Geschöpf Midians, aber kein Bruder der sagenhaften Wesen, die sie in den Tunnels gesehen hatte. Das Aussehen des Mannes war gräßlich, sein Gesicht war roh und rot, wie rohe Leber.
    Wäre es anders gewesen, hätte sie ihm mißtraut, da sie inzwischen über Masken Bescheid wußte. Aber dieses 202

    Geschöpf konnte nichts vorgeben: Seine Verletzung war auf teuflische Weise ehrlich.
    »Mein Name ist Narcisse«, sagte er. »Machen Sie bitte die Tür zu? Sie hält das Licht ab. Und die Fliegen.«
    2
    Er brauchte zweieinhalb Blocks, um seine Geschichte wenigstens im Wesentlichen zu erzählen. Wie er Boone im Krankenhaus kennengelernt hatte; wie er später nach Midian gegangen war und Boone wiedergesehen hatte; wie sie gemeinsam Midians Gesetze übertreten hatten und nach oben gegangen waren. Er hatte ein Andenken an dieses Abenteuer, sagte er; eine Verletzung am Bauch, wie sie eine Dame niemals erblicken sollte.
    »Also haben sie Sie verbannt, wie Boone?« sagte sie.
    »Sie haben es versucht«, sagte er. »Aber ich bin einfach geblieben und hoffte, ich könnte Vergebung erlangen.
    Und als dann die Polizisten kamen, dachte ich mir: Nun, wir haben das über sie gebracht. Ich sollte versuchen, Boone zu finden. Einen Versuch unternehmen, das zu verhindern, was wir ausgelöst haben.«
    »Die Sonne bringt Sie nicht um?«
    »Vielleicht bin ich noch nicht lange genug tot – nein, ich kann sie ertragen.«
    »Wissen Sie, daß Boone im Gefängnis ist?«
    »Ja, ich weiß. Darum habe ich das Kind gebeten, mir zu helfen, sie zu finden. Ich glaube, gemeinsam können wir ihn herausholen.«
    »Wie, in Gottes Namen, wollen wir das machen?«
    »Ich weiß nicht«, gestand Narcisse. »Aber wir sollten es 203

    verdammt noch mal lieber versuchen. Und zwar schnell.
    Inzwischen werden sie Midian auf den Kopf stellen und die Leute heraustreiben.«
    »Mir ist nicht klar, was Boone tun kann, selbst wenn wir ihn befreien können.«
    »Er war in der Kammer des Täufers«, antwortete Narcisse, der den Finger auf Lippen und Herz drückte. »Er hat mit Baphomet gesprochen. Soweit ich weiß, hat das außer Lylesburg bisher noch keiner gemacht und überlebt. Ich könnte mir denken, daß ihm der Täufer ein paar Tricks verraten konnte. Etwas, das uns helfen kann, die Zerstö-
    rung aufzuhalten.«
    Lori dachte an Boones entsetztes Gesicht, als er aus der Kammer gestolpert war.
    »Ich glaube nicht, daß ihm Baphomet etwas gesagt hat«, sagte Lori. »Er ist kaum lebend herausgekommen.«
    »Er ist herausgekommen, oder nicht? Glauben Sie, der Täufer hätte das zugelassen, wenn er nicht einen Grund dafür gehabt hätte?«
    »Also gut... und wie kommen wir zu ihm? Sie haben ihn bis ans Leben bewacht.«
    Narcisse lächelte.
    »Was ist daran so komisch?«
    »Sie vergessen, was er jetzt ist«, sagte Narcisse. »Er besitzt Kräfte.«
    »Das vergesse ich nicht«, sagte Lori. »Ich weiß es einfach nicht.«
    »Hat er Ihnen nichts gesagt?«
    »Nein.«
    »Er ging nach Midian,

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