Cachalot
vollen Wassersäcken. Sie kehrten zur Lagune zurück, strichen flach über dem Boden dahin und suchten einen Ort, um sich niederzulassen.
Während Cora sie beobachtete, fiel eines der geflügelten Wesen plötzlich aus der Formation und klatschte ins Wasser.
»Koolyanif«, erklärte Mataroreva. »Er schwimmt dicht unter der Oberfläche und wechselt seine Farbe, um sich der Farbe des Sandes oder des tiefen Wassers darunter anzupassen. Er verfügt über ein Arsenal von Stacheln, die er wie Pfeile durch ein inneres Luftdrucksystem abschießen kann. Damit hat er den Ichthyornithen heruntergeholt.«
Selbst in der Luft ist das Leben auf Cachalot also nicht sicher, sagte sich Cora. Dies ist nicht der freundliche, vertraute Ozean der Erde. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich nach etwas sehnte, dessen Verhalten so leicht vorherzusagen war wie das eines Hais.
Rings um sie fächelten die Pflanzen träge in der schwachen Brise. Alles schien friedlich und still. Aber sie befanden sich erst seit kurzer Zeit auf dieser Welt und hatten Togluts und Koolyanif s gesehen. Die See und dieser Frieden waren trügerisch.
Wie sich wohl die ersten Siedler von Cachalot mit den Bewohnern dieses Weltozeans auseinandergesetzt haben mochten, fragte sie sich. Da sie keine Menschen waren, hatten sie andere Vorteile besessen. Sie war ungeheuer gespannt darauf, aus eigener Kenntnis zu erfahren, ob es ihnen wirklich so gut ergangen war, wie man es all den geschichtlichen Darstellungen und den seltenen Berichten hatte entnehmen können.
Aber wahrscheinlich würde das warten müssen, bis sie diesem Hwoshien begegnet waren. Es war nicht das erste Mal, daß sie mit Bürokraten zu tun hatte. Sie würde schon mit ihm zurechtkommen, selbst wenn er es zuwege brachte, eine so eindrucksvolle Person wie Sam Mataroreva einzuschüchtern.
Sie musterte den großen Polynesier, der sie inzwischen über den Abhang hinunter zu einem weiteren Pier geführt hatte. Vielleicht überschätzte sie ihn. Er wirkte so entspannt, so gelockert. Vielleicht hatte Hwoshien ihn gar nicht so sehr eingeschüchtert, und er empfand einfach natürlichen Respekt vor Behörden. Jedenfalls war er ungemein sanftmütig zu allen, wie ein etwas überdimensionierter Teddybär.
Sie wandte ihre Gedanken von solchen Trivialitäten ab. Viel wichtiger war jetzt ihr bis jetzt immer noch nicht näher definierter Auftrag und die Wut, die sie darüber empfand, daß man sie praktisch seit ihrer Landung auf diesem Planeten wie einen Dienstboten herumgeschubst hatte. Aber sobald sie Hwoshien gegenüberstanden, würde sie das schon ins Lot bringen.
Am Pier lag eine Anzahl Fahrzeuge vor Anker. Mataroreva wies sie zu einem kleinen Gleiter. Sie gingen an Bord, und er betätigte einige Schalter. Das Fahrzeug hob sich sofort einen Meter über die Wasserfläche. Es konnte noch beträchtlich höher steigen, aber es war nicht nötig, dafür Energie zu vergeuden. Er berührte einen weiteren Schalter, und sie fegten über die weite Lagune auf deren Südspitze zu.
Cora lehnte sich zurück und bewunderte die mannigfaltigen Hexalatformationen, die unter dem schnell dahinjagenden Fahrzeug vorbeifegten. Sie konnte es kaum erwarten, hier ins Wasser zu kommen und aus erster Hand die Meereswunder zu betrachten, die sie studiert hatte. Riffe von tausend und mehr Meter Höhe waren nicht unbekannt, denn die Hexalate hatten ihre Bauten seit Millionen von Jahren auf Cachalot errichtet, lange bevor das Land ganz abgetragen war oder seinen Kampf aufgegeben hatte.
Mataroreva, der am Steuer stand, wandte sich um und beobachtete sie eine Weile. »Sie mögen das Meer, nicht wahr, Cora?«
»Mein ganzes Leben lang habe ich es geliebt«, sagte sie mit leiser Stimme. »Immer, seit ich alt genug war, um den Unterschied zwischen dem Ozean und einer Badewanne zu erkennen.«
»Ich weiß, was Sie empfinden«, versicherte er. »Für mich ist Cachalot ein einziger riesiger, perfekter Ozmidin, von der Hand Gottes geschnitten und poliert. Wenn ich könnte«, sagte er mit der gleichen Stimme, »würde ich ein Armband daraus machen, damit Sie ihn am Handgelenk tragen können.«
»Das haben Sie schön gesagt, Sam. Aber ich habe schon oft ähnliche Geschenke und Versprechungen bekommen. Die Armbänder waren unecht, und die Versprechungen wurden nicht gehalten.«
»Ich verstehe.« Mataroreva wandte sich wieder seinen Instrumenten zu, fuhr aber fort zu reden: »Armbänder und Geschmeide können manchmal so sein; bunt und glänzend, anstatt
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