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Cachalot

Cachalot

Titel: Cachalot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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verfluchte die Lumineszenz ihrer Gelanzüge. Der Anblick erinnerte sie an nichts so sehr, wie an einen Hai auf der Jagd, und sie schauderte, fühlte sich plötzlich trotz des wärmenden Anzugs eisig kalt.
    Die Silhouette verblaßte in der Schwärze, aus der sie hervorgekommen war, aber sie blieben zusammengedrängt und stumm stehen. Ihre Anzüge unterstützten automatisch ihre Atemvorgänge, und so hätten sie ohne weiteres in Schicht schlafen können, wobei die Wachen die Regulatoren ihrer Schlafgefährten hätten betätigen können. Das versuchten sie jetzt, aber niemand konnte einschlafen. Die Gelanzüge konnten Luft und Wärme regeln, aber wenn es um Angst ging, konnten sie nichts bewirken.
    Langsam, eine schiere Ewigkeit später, begann das sie umgebende Wasser heller zu werden. Der Sturm war schon lange weitergezogen, und jetzt strahlte wieder die grelle Sonne auf das Wasser herunter, verwandelte es in Glas, spiegelte sich in den grellen Riffauswüchsen. Die Tagesschwimmer erschienen und stocherten in Spalten des Hexalates herum, um dort Nahrung und Vergnügen zu finden. Lange, vielfarbige Blätter entfalteten sich zögernd in ihren Verstecken und begannen, das Wasser nach mikroskopischen Lebewesen abzuseihen.
    Alles war ganz normal, sah man davon ab, daß Tausende anorganischer Objekte an der Oberfläche trieben. Einige davon sanken langsam an den fünf müden Schwimmern vorbei, die sich vorsichtig zum Licht nach oben arbeiteten. Rings um sie trieben die Überreste der Stadt Vai’oire, zerschmettert und zerfetzt. Stücke von Häusern, Kisten, Kleiderfetzen und persönliche Habseligkeiten trieben gespenstisch in der schwachen Strömung. Quadratmetergroße Brocken des Polymerfloßes beherrschten das Treibgut wie Miniatureisberge. Das superstarke Polymer hatte einen Zerreißpunkt von einigen Tonnen pro Quadratmeter, einen Punkt, den die wütenden Cetacea spielend übertroffen hatten.
    Wie ein fremder Kontrapunkt des Menschlichen in dem Meer technischer Leichen trieb eine Puppe vorbei. Sie war bereits halb abgesunken, mit Wasser vollgesogen. Ihr Kopf war zur Seite gebogen und hing unter die Wasserfläche. Cora zuckte davon zurück, als könnte die Puppe sie durch das Wasser vergiften.
    Sie hielten sich in der Nähe des Hexalatpfeilers, klammerten sich daran fest, während sie in benommenem Schweigen die Meeresfläche studierten, wo einst die Stadt vor Anker gelegen hatte.
    Wenn man bedachte, daß all ihre Freunde und Kollegen, vielleicht auch Verwandten, den Tod gefunden hatten, hielt sich Dawn überraschend gut.
    »Ich mache mich jetzt auf die Suche nach Überlebenden«, verkündete Mataroreva.
    »Und wenn noch Cetacea da sind?«
    Er schwamm ein paar Meter und sah sich nach Cora um. »Das glaube ich nicht. Ich sehe keine Wassersäulen oder Rücken. Nirgends eine Flosse zu sehen. Die haben ihr Werk letzte Nacht beendet.«
    Flosse… Flosse… Die Art, wie er es sagte, ließ Cora an etwas anderes denken. Und dann wußte sie, was es war. Nirgends war eine Spur von Latehoht und Wenkoseemansa zu sehen, und doch hatte man ihr erklärt, daß die Cetacea nicht untereinander kämpften. Die gemeinsame Aktion der verschiedenen Wale in der vergangenen Nacht bewies das. Aber das, was geschehen war, der planmäßige, bewußte Angriff der Cetacea hier war für sich betrachtet so unerhört, daß es sie nicht überrascht hätte, hätte sie erfahren, daß die Bartenwale die zwei Orca getötet hatten, weil sie mit Menschen zusammenarbeiteten.
    Jetzt, wo sie daran dachte, wurde ihr bewußt, daß die Orca in der vergangenen Nacht auf Streife gewesen waren, aber keine Warnung gegeben hatten. Waren sie nun tot oder mit den Bartenwalen im Bunde? Die Planktonesser hatten keine Zähne, nichts, womit sie beißen oder kauen konnten. Aber ein Schwanz, der viele Tonnen wog, konnte den Schädel eines viel kleineren Orca ebenso leicht zerschmettern wie ein Polymerfloß.
    Welche Überlebenden waren es also, um die Sam wirklich besorgt war? Er suchte gute dreißig Minuten, ehe er sich ihnen wieder anschloß. Die Strömung hatte bereits begonnen, das zerbrochene Skelett der Stadt auseinanderzutreiben. Im hellen Licht der Morgensonne wirkten die verbleibenden Fragmente gleichsam surrealistisch. Es war, als hätte es die Stadt nie gegeben, als hätte irgend etwas Tonnen von Müll in die das Riff umgebenden Wasser gekippt.
    »Keine Spur von ihnen«, verkündete er. Als er Coras fragenden Blick bemerkte, bestätigte er, was sie gedacht hatte.

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