Cachalot
Es würde nicht schwimmen. Sie ließ es also im Behälter und band ihn neben den zwei anderen an der Silikatspitze fest.
Den nächsten Tag verbrachten Sie damit, den Rest des Treibguts zu untersuchen, das inzwischen von Wind und Wellen verstreut war. Mataroreva schwamm immer weiter auf See hinaus, verzichtete auf den relativen Schutz des Riffs. Er gab vor, nach Waffen und zusätzlichen Lebensmitteln zu suchen.
Cora wußte, daß das nicht stimmte. Sie hielt ihr Funkgerät auf seine Frequenz geschaltet und hörte seine klagenden Rufe. Er suchte immer noch nach dem Paar verschwundener Orcas. Wie der Tag so ohne Antwort aus der See verstrich, wurde er immer niedergeschlagener. Er hatte jetzt kaum noch Zeit für seine Begleiter, für das Essen, für nichts, was nicht mit seinen Schwimmexkursionen zusammenhing. Cora glaubte langsam, daß die Zuneigung, die er für die beiden Wale empfand, krankhaft war. Oder kam das nur daher, daß er sie ignorierte, indem er soviel Zeit mit der Suche verbrachte?
Aber das Krankhafte schloß alle ein. Er ignorierte Dawn ebenso. Und Cora begann, ohne es zu wollen, immer mehr Sympathie für das Mädchen zu empfinden. Sie war zu jung, um den Tod so vieler Bekannter so rasch zu verwinden.
Sie fuhren fort, nach Leichen zu suchen. Irgendwann mußte doch einmal ein ertrunkener Mensch an die Oberfläche aufsteigen, wenn sein Körper sich infolge der Verwesung mit Gas füllte. Aber sie fanden keinen Arm, kein Bein und auch sonst nichts, was darauf hindeutete, daß einmal Hunderte menschlicher Wesen diese Meeresregion bewohnt hatten. Für Cora war ihr Fehlen ein ebenso großes Geheimnis wie der immer noch unerklärliche Angriff der Bartenwale.
Die Lebensmittel aus den Rationspackungen boten eine willkommene Abwechslung von den faden flüssigen Nährstoffen, die ihnen ihre Anzüge lieferten. Cora beendete ihre Mahlzeit und glitt ins Wasser zurück. Ihr vierter Tag im Meer begann.
Eine solche Existenz zwang sie, über die Denkweise der Catodonten nachzugrübeln. Vier Tage des Lebens, Essens und Schlafens auf dem fast freien Ozean reichten aus, um jedermanns Ausblick auf das Leben zu beeinträchtigen. Einmal hatte sie vierzehn Stunden hintereinander im Wasser verbracht, aber verglichen mit vier Tagen war das nichts. Eine sanfte Strömung wiegte einen in den Schlaf. Dann wachte man unter der Meeresoberfläche auf und sah ein glasgesichtiges menschliches Wesen, das über einem im Wasser trieb und besorgte Fragen murmelte. Ein oder zweimal täglich war es Zeit, außerhalb des Gelanzuges zu baden. Mit der Zeit kam es einem albern vor, sich immer wieder anziehen zu müssen, um ins Wasser zu steigen.
Das Riff wurde ebenso ein Zuhause wie ein Ort der Zuflucht. Gewisse Hexalatformationen wurden ebenso vertraut wie Möbelstücke. Einige hier beheimatete Teleosten begrüßten die schwimmenden Menschen als Kollegen, wenn nicht als Freunde. Cora ertappte sich eines Morgens dabei, daß sie sich Sorgen machte, als ein blau-rosa gefärbter Fisch, der ihr lieb geworden war, nicht rechtzeitig erschien, und war dann erleichtert, als er schließlich doch auftauchte.
Des Nachts glühten und leuchteten sie rings um ihren schützenden Korallenfelsen, und während die anderen schliefen, blieb einer auf Wache. Tausende nächtlicher Riffbewohner begannen, ihre Hälfte des täglichen Lebenszyklus zu erfüllen. Sie war nahe daran zu vergessen, wie es eigentlich war, ein landbewohnendes Geschöpf zu sein. Ihre Beine hatten sich daran gewöhnt, in gleichmäßigen, einander abwechselnden Schwimmstößen zu funktionieren. Wieviel leichter, wieviel eleganter war das doch als das Gehen.
Wenn sie Kiemen besäße, anstatt des sie einengenden Gelanzuges, so hätte sie sich bestimmt leicht an eine Existenz im Ozean anpassen können, dachte sie. Sie stellte fest, daß ihr das feste Land überhaupt nicht fehlte. Tatsächlich hatte sie das Gefühl, wenn sie nur über reichlich Nahrung und frisches Trinkwasser verfügte, monatelang so leben zu können.
Ihre Gefährten teilten ihre Begeisterung nicht. Von den vieren schien nur Mataroreva im Wasser zu Hause zu sein. Dort wurde seine Leibesfülle neutralisiert, und er vermochte sich so elegant wie ein Seehund zu bewegen. Aber je mehr Tage verstrichen, desto mehr verwandelte sich seine mürrische Stimmung in Bitterkeit. Wenn er mit Cora oder den anderen redete, so wurde das zunehmend schroffer, geradezu unnatürlich und ganz und gar nicht seiner Art entsprechend.
Inzwischen hatte die
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