Cademar-Günstling der Magie
der Reihe vor sich erkannte Cademar Viller, der zwischen den anderen Magiebegabten saß, und kurz entschlossen stand er auf und drängte sich auf den Platz neben dem alten Mann, der ihn warm anlächelte.
»Ihr seid nicht mehr der Anführer der Zuflucht, nicht wahr?«, fragte Cademar.
Der Mann nickte. »So ist es. Ich muss dem Alter seinen Tribut zollen.«
»Also ist es Zahru, der …«
»Ja. Er ist der Kopf der Zuflucht. Erst vor wenigen Jahren ist er hergekommen. Zahru war ein Gesandter, der durch ganz Asugol gestreift ist. Er hat viel gesehen, viel Leid, das die Lichtfeste erzeugt. Irgendwann hat er sich von ihr abgewendet und uns aufgesucht.«
»Es heißt immer noch, Ihr wärt es, der mit seiner Magie die Zuflucht beherrscht.«
»Eine Legende, die wir aufrechterhalten. Meine Mentalmagie war nie so stark, wie wir behauptet haben. Es ist die Magie aller, die die Zuflucht schützt, nicht meine. Sieh, Senro …« Viller deutete zu dem glatzköpfigen Magier, der vorne rechts saß. »Seine Magie ist stärker als meine jemals war. Sicher – ich schmücke mich mit fremden Federn. Doch es ist zum Schutz der Zuflucht. Nur wenn diese Legende weiter in Asugol geflüstert wird, hat die Zuflucht eine Zukunft.«
Zahru war nach vorne gekommen und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Das Gemurmel erstarb.
»Freunde«, hob er an, »dieses Jahr haben es vier Günstlinge hierher geschafft. Wir glauben, dass keine weiteren kommen werden.«
Einige Köpfe wendeten sich herum, und Cademar fühlte unzählige Blicke auf sich. Er schluckte trocken.
»Es werden immer weniger Günstlinge, Jahr für Jahr. Nicht nur bei uns – wir glauben, dass auch auf der Lichtfeste immer weniger Günstlinge eintreffen. Die Magie scheint in Asugol immer schwächer zu werden. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kräfte zum Schutze der Zuflucht bündeln.« Er schloss die Augen und senkte sein Haupt. Das Rascheln von Kleidung war zu hören, als es alle anderen ihm gleich taten.
Senro erhob sich, ging nach vorne auf das Steinpodest hinter Zahru und hob die Hand mit dem Manuskristall zu den sitzenden Magiebegabten.
Stille breitete sich in der Felsenkathedrale aus. Schon nach wenigen Augenblicken fühlte Cademar, wie es in dem Raum kälter wurde – als entzöge die Magie, die die Anwesenden beschworen, der Luft die Wärme. Cademar wusste nicht genau, was gerade geschah. Die Magiebegabten in der Kathedrale schienen ihre magischen Kräfte zu vereinigen, doch er selbst wusste nicht, wie er sich beteiligen konnte, also beschränkte er sich auf das Beobachten.
Er blickte zur Decke und sah einen Lichtschimmer, der sich über ihren Köpfen ausbreitete. Senros Manuskristall war dessen Quelle. Cademar legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf. Der aufsteigende Schimmer wurde heller, Cademar fröstelte und zog seine Jacke zu. Kurz sah er um sich, niemand anders schien die Kälte zu fühlen, alle waren wie in Trance; Atem wurde zu weißen Wölkchen vor den Mündern der Magiebegabten. Er wandte seinen Blick wieder nach oben und bekam gerade noch mit, wie der Schimmer durch die Decke aufzusteigen schien und mit einem Mal verschwand.
Als erwachten sie aus Schlaf, hoben die Magiebegabten die Köpfe. »Was war gerade los?«, fragte Malkom flüsternd, aber Cademar konnte nur abwesend den Kopf schütteln.
Alle Magiebegabten erhoben sich und verließen schweigend den Saal. Nur Cademar blieb sitzen. Malkom stand neben ihm und räusperte sich, doch dann schien er zu bemerken, dass Zahru von vorne den Blick auf Cademar geheftet hatte, und er ging schnell mit den anderen hinaus.
Als die Schritte verklungen waren, trat Zahru zu Cademar und blieb in dem Mittelgang der Bänke stehen. Er hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und sein Blick war erwartungsvoll.
»Ich konnte keine Magie beitragen«, sagte Cademar.
»Das habe ich auch nicht erwartet«, erwiderte Zahru. »Du hast noch keinerlei Ausbildung genossen.«
»Ich verstehe das Wesen der Magie nicht«, gab Cademar zu.
»Nun – was hast du als Kind gedacht, was Magie ist?«
»Ich bin auf dem Hof meiner Eltern aufgewachsen. Wir hatten nichts mit Magiern zu tun. Als ich zum ersten Mal nach Halburg kam und die Lichtfeste sah, hat mir mein Vater von den Magiern erzählt … die dort auf der Insel geheimnisvolle Rituale durchführen. Von den anderen Kindern hörte ich, dass die Magier im Westen gegen die Verdunkelten kämpften und uns vor ihnen beschützten. Doch dann …« Cademars
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