Cademar-Günstling der Magie
glaube, der Staub in den Tunneln ist schuld.«
Zahru nickte. Er stand auf und ging zu einem der Regale an der Wand. Nach kurzem Suchen nahm er eine Phiole und reichte sie Purko. »Lass das deine Schwester trinken – aber langsam. Danach wird sie stark husten und Schleim spucken. Dann muss sie viel Wasser trinken. Bleib die ganze Zeit bei ihr und benachrichtige mich, wenn es nicht besser wird.«
Purko nickte. »Danke.« Er warf Cademar einen Blick zu, doch als der sich nicht von der Stelle rührte, beeilte er sich, den Raum zu verlassen.
Zahru trat wieder an den Schreibtisch, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schaute zu dem jungen Mann. »Und was möchtest du noch, Cademar?«
Der Angesprochene schluckte, doch sein Kehlkopf war wie ausgetrocknet. »Mit Viller reden«, brachte er hervor.
»Worüber?«
»Ich möchte wissen, was er noch mit uns vorhat. Wir haben tagelang diesen Tunnel in den Felsen geschlagen … und ich will wissen, ob wir morgen in den nächsten geschickt werden.«
»Und das willst du nicht?«
»Nein«, gab er zu. Der durchdringende Blick ruhte auf Cademar, der hilflos anfügte: »Ich habe von der Zuflucht etwas anderes erwartet.«
Langsam ließ sich Zahru auf den Stuhl sinken und legte seine linke Hand auf den Tisch. Die Finger spielten mit der Feder.
»Du hast geglaubt, du würdest in der Zuflucht umsorgt und zu einem großen Magier ausgebildet werden? Du würdest hier eine Stätte der Weisheit und der Ruhe vorfinden, in der du an die Magie herangeführt wirst, ohne danach ein Gesandter der Magier oder General der Garden zu werden?«
»Ich weiß nicht, was ich erwartet habe … aber nicht das, was wir tun müssen.«
»Die Lichtfeste war einmal ein Ort, an dem sich die Magiebegabten versammelten, gemeinsam lernten, die Magie zu beherrschen. Doch so blieb es nicht. Die Lichtfeste wurde zu einem Ort des Schreckens … einem Ort, an dem Macht und Einflussnahme die einzigen Ziele sind. Die Magier wurden gierig, als sie sich ihrer Macht bewusst wurden. Alle Menschen in Asugol sind ihre Sklaven, Cademar, und je entrückter die Lichtfeste ist, desto weniger wird sich Widerstand regen.« Er hielt nachdenklich inne. Sein Blick wanderte zur magischen Flamme, die an der Decke flackerte. »Die erste Zuflucht gab es inmitten der Lichtfeste. Ein Dozent und seine drei Famuli taten nicht, was der damalige Bewahrer ihnen auftrug, sondern versuchten, das Wesen der Magie eigenmächtig zu erforschen. Sie versuchten, etwas zu verändern und die Magie wieder den Menschen dienstbar zu machen. Als der Bewahrer ihnen auf die Schliche kam, mussten sie zum Festland fliehen. Sie zogen nach Norden, fanden diese verlassenen Minen und schützten sie mit aller Magie, die sie hatten. Und sie blieben in den folgenden Jahren nicht allein.« Nun blickte er Cademar wieder in die Augen, und der sah die Erschöpfung darin. »Auch die Zuflucht ist nicht mehr, was sie einmal war«, fuhr der Mann fort. »Wir kämpfen nur noch ums Überleben. Die Versorgung hier in den Bergen ist schwer. Wir können nicht jagen, nichts anpflanzen – und wir können nicht riskieren, immerzu von den Bergen in die Siedlungen hinabzusteigen, weil uns die Gesandten dann schnell ausfindig machen würden. Einige von euch glauben sicher, eure Arbeit im Tunnel wäre sinnlos und nur dazu gedacht, euch Gehorsam einzubläuen?«
Cademar nickte.
»So ist es aber nicht. Wir kämpfen ums Überleben. Die Zuflucht selbst ist in Gefahr. Du wirst in der Versammlung morgen früh mehr darüber erfahren.«
»Versammlung?«
»In der Kathedrale. Ihr werdet gerufen. Und nun lass mich in Ruhe.« Er nahm den Federkiel.
Cademar wendete sich zum Gehen, schaute noch einmal über die Schulter. »Wo ist Viller?«
Zahru lächelte. »Er ruht sich aus. Du triffst ihn morgen früh.«
Als Cademar wieder in den Schlafraum kam, hatte Purko schon Flana den Trunk gegeben und sie schlief. Malkom fragte Cademar nach Viller, doch kurz angebunden erzählte Cademar nur, dass Zahru ihm von einem Treffen am nächsten Morgen berichtet hatte. Danach verbrachte er eine unruhige Nacht.
Aus allen Tunneln strömten am Morgen die Magiebegabten in die Kathedrale. Flana hatte noch tief geschlafen, alles war eingetreten wie von Zahru beschrieben und die Hitze schien aus ihrem Körper gewichen zu sein, also hatten sich Cademar, Malkom und Purko auf den Weg gemacht. Als sie die Kathedrale betraten, waren die Bänke schon alle besetzt, sodass sie sich nur noch dazu quetschen konnten. In
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